Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
Vom Netzwerk:
bemüht war, die er bei vornehmen Herren auf ihrer Reise durch die Gascogne aufgehascht hatte, fuhr er mit der einen Hand nach seinem Degengriff und stemmte die andere an seine Hüfte. Zum Unglück verblendete ihn der Zorn immer mehr, je weiter er vorwärts schritt, und statt einer würdevollen und stolzen Rede, mit der er seine Herausforderung zu machen gesonnen war, fand er an seiner Zungenspitze nur mehr eine derbe Persönlichkeit, die er mit einer ungestümen Gebärde begleitete.
    »He, mein Herr,« rief er, »mein Herr, der Ihr Euch hinter jenem Ballen versteckt; ja, Ihr! sagt mir doch ein bißchen, worüber Ihr lacht, und wir werden dann mitsammen lachen.«
    Der Edelmann lenkte seine Augen langsam von dem Gaul auf den Ritter, als benötigte er eine gewisse Zeit, um zu begreifen, wie man doch so seltsame Worte an ihn richten könnte; und dann, als ihm kein Zweifel mehr übrig blieb, runzelte er leicht die Stirn und antwortete Herrn d'Artagnan, nach ziemlich langer Pause, mit einem Tone von Ironie und Kühnheit, der sich nicht beschreiben läßt: »Mit Euch rede ich nicht, mein Herr.«
    »Aber ich rede mit Euch, mein Herr!« rief der junge Mann, erbittert über dieses Gemisch von Keckheit und guten Manieren, von Anstand und Verachtung. Der Unbekannte maß ihn noch einen Augenblick mit seinem leichten Lächeln, zog sich vom Fenster zurück und verließ langsamen Schrittes das Wirtshaus, näherte sich d'Artagnan bis auf zwei Schritte und hielt vor dem Pferd an. Seine ruhige Haltung und höhnische Miene erhöhte die Heiterkeit der Männer, mit denen er am Fenster gesprochen, die aber zurückgeblieben waren. Als ihn d'Artagnan herankommen sah, zog er seinen Degen einen Fuß weit aus der Scheide. »Dieses Pferd ist entschieden oder war vielmehr in seiner Jugend ein Goldfuchs,« sagte der Unbekannte, während er seine angefangenen Untersuchungen fortsetzte; dann wandte er sich an seine Zuhörer am Fenster, ohne daß er aus die Erbitterung d'Artagnans zumerken schien, der sich zwischen sie und ihn stellte. »Diese Farbe«, sprach er, »ist wohl in der Botanik sehr bekannt, doch bisher höchst selten unter den Pferden.«
    »Wer es nicht wagen würde, über den Herrn zu lachen, der lacht über dessen Pferd!« rief der Nacheiferer Trévilles in Wut. »Ich lache nicht oft, mein Herr,« entgegnete der Unbekannte, »wie Ihr es selbst aus meinen Gesichtszügen entnehmen könnt, aber ich halte auf das Vorrecht, lachen zu können, wann es mir beliebt.«
    »Und ich,« rief d'Artagnan, »ich will nicht, daß man über mich lacht, wenn es mir mißfällt.«
    »Wirklich, mein Herr?« entgegnete der Unbekannte, ruhiger als zuvor, »nun, das ist doch ganz recht!« Dann drehte er sich auf seinen Fersen und schickte sich an, durch das große Tor in das Gasthaus zurückzukehren, unter dem d'Artagnan ein Pferd bemerkte, das ganz gesattelt war. Doch d'Artagnan hatte nicht den Charakter, auf solche Weise einen Mann von sich zu lassen, der so keck war, ihn zu verhöhnen. Er zog seinen Degen ganz aus der Scheide, folgte ihm nach und rief: »Wendet Euch, Herr Spötter, wendet Euch um, damit ich Euch nicht auf den Rücken zu klopfen brauche.«
    »Mich klopfen? mich!« sprach der andere, indem er sich auf den Fersen herumdrehte und den jungen Mann mit ebensoviel Verwunderung als Verachtung anstarrte. »Geht, mein Lieber, Ihr seid ein Narr!« Dann sagte er mit leiser Stimme, gleichsam zu sich selber sprechend: »Das ist verdrießlich; welch ein Fund wäre das für Seine Majestät, die nach allen Richtungen wackere Leute aufsucht, um sie für die Musketiere anzuwerben!«
    Kaum hatte er das gesprochen, so machte d'Artagnan mit der Degenspitze einen so wütenden Streich nach ihm, daß er, wäre er nicht rasch zurückgesprungen, wohl zum letztenmal gehöhnt hätte. Der Unbekannte sah nun ein, daß die Sache über allen Scherz hinausging, zog seinen Degen, verneigte sich vor seinem Gegner und nahm ernst seine Stellung. In diesem Moment aber fielen seine zwei Zuhörer samt dem Wirte mit Stöcken, Schaufeln und Zangen über d'Artagnan her. Das gab dem Angriff einen so raschen und vollständigen Vorschub, daß der Gegner des d'Artagnan, während sich dieser umwandte, um dem Hagel von Schlägen zu begegnen, seinen Degen mit seiner gewöhnlichen Gleichmütigkeit einsteckte und aus einer handelnden Person wieder ein Zuschauer des Kampfes wurde, aber dabei doch in den Bart murmelte: »Die Pest über die Gascogner! Setzt ihn wieder auf sein orangegelbes Pferd,

Weitere Kostenlose Bücher