Die drei Musketiere
das Papier, das ihm d'Artagnan so edelmütig überlassen hatte. »Ich bin verloren.« sagte d'Artagnan zu sich selbst. Er verneigte sich tief vor dem Kardinal, wie ein Mensch, der da sagt: »Gnädiger Herr, es geschehe Ihr Wille!«Der Kardinal trat an den Tisch und schrieb, ohne daß er sich setzte, ein paar Zeilen auf ein Pergament, das schon zu zwei Dritteln vollgeschrieben war, und drückte darunter sein Siegel. »Das ist meine Verdammnis,« dachte d'Artagnan, »er verschont mich mit den Martern der Bastille und einem langwierigen Gerichtsgang. Ich finde es von ihm noch recht edelmütig. »Nehmt hier,« sprach der Kardinal zu dem jungen Mann, »ich nahm Euch ein Blankett, und gebe Euch dafür ein anderes. Der Name fehlt. Ihr mögt ihn selbst darauf setzen.« D'Artagnan faßte das Papier zögernd an und blickte darauf. Es war ein Leutnantspatent bei den Musketieren. D'Artagnan stürzte dem Kardinal zu Füßen und stammelte: »Monseigneur, von nun an gehört mein Leben Ihnen; verfügen Sie darüber; allein ich bin dieser zugestandenen Gnade nicht wert – ich habe drei Freunde, die würdiger wären...«
»Ihr seid ein wackerer Junker, d'Artagnan,« fiel der Kardinal ein und klopfte ihm, entzückt, diese halsstarrige Natur überwunden zu haben, traulich auf die Schulter. »Macht mit dieser Vollmacht, was Euch beliebt, da der Name weiß ist; nur erinnert Euch, daß ich sie Euch erteile.«
»Ich will nie darauf vergessen, dessen darf sich Em. Eminenz versichert halten.« Der Kardinal wandte sich um und rief mit lauter Stimme: »Rochefort.« Der Chevalier verweilte wahrscheinlich vor der Tür, denn er trat sogleich ein. »Rochefort,« sprach der Kardinal, »Ihr seht hier Herrn d'Artagnan, ich versetze ihn unter die Zahl meiner Freunde. Man umarme sich somit, und sei vernünftig, wenn man sein Leben liebt.« Rochefort und d'Artagnan berührten sich mit den Spitzen ihrer Lippen, doch der Kardinal war hier, und faßte sie scharf ins Auge. Sie entfernten sich zugleich aus dem Zimmer. »Wir treffen uns wieder, nicht wahr, mein Herr?« sagten sie. »Wann es beliebig ist,« entgegnete d'Artagnan. »Die Gelegenheit wird kommen,« versetzte Rochefort. »He doch!« rief Richelieu, indem er die Tür öffnete. Die Männer lächelten sich zu, drückten sich die Hände und verneigten sich vor Seiner Eminenz.
Epilog
Nachdem La Rochelle der Unterstützung der englischen Flotte und der zugesagten Leitung Buckinghams beraubt war, hatte es sich nach einjähriger Belagerung ergeben; am 28. Oktober 1628 wurde die Kapitulation unterzeichnet. Der König hielt seinen Einzug in Paris den 23. Dezember desselben Jahres. Man feierte ihm einen Triumph, als hätte er nicht Franzosen, sondern auswärtige Feinde besiegt. Er hielt seinen Einzug unter Bogen von grünem Laubwerk durch die Vorstadt Saint-Jacques. D'Artagnan trat in seinen Rang ein. Porthos verließ den Dienst, und vermählte sich während des folgendenJahres mit Madame Coquenard. Die so sehr beanspruchte Kiste hatte 800.000 Livres enthalten. Mousqueton bekam eine prachtvolle Livree und erfuhr die Freude, wonach er sein lebelang gestrebt hatte, nämlich hinter einer vergoldeten Kutsche stehen zu dürfen. Aramis war auf einer Reise nach Lothringen plötzlich verschwunden, und hörte auch auf, seinen Freunden zu schreiben. Später erfuhr man von Frau von Chevreuse, daß er zu Nancy ins Kloster gegangen sei. Bazin ist Laienbruder geworden. Athos blieb Musketier unter d'Artagnans Kommando bis zum Jahre 1633, wonach er infolge einer Reise, und unter dem Vorwand, daß er eine kleine Erbschaft gemacht habe, in Roussillon gleichfalls quittierte. Grimaud war Athos gefolgt. D'Artagnan hat sich dreimal mit Rochefort geschlagen und ihn dreimal verwundet. »Das viertemal werde ich Euch wahrscheinlich töten, sprach er zu ihm, während er ihm die Hand reichte, um ihn aufzurichten, »Es wäre sonach für mich wie für Euch besser, daß wir hier blieben,« sagte der Verwundete. »Potz Wetter! ich bin weit mehr Euer Freund, als Ihr dafür haltet, denn ich brauchte bei unserm ersten Zusammentreffen nur ein Wort zum Kardinal zu sprechen, und der Hals wäre Euch abgeschnitten worden.« Sie fielen sich in die Arme, doch diesmal mit voller Herzlichkeit und ohne einen Hintergedanken. Planchet erhielt von Rochefort den Rang eines Sergeanten im Regiment Piemont. Herr Bonacieux lebte in vollkommener Ruhe, er wußte ganz und gar nicht, was seiner Gemahlin geschehen war, und kümmerte sich auch gar nicht darum.
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