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Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Da standen nun die zwei Männer, welche von den Menschen Narren geheißen wurden, manchmal in dem Garten beisammen; der eine in einem Strohhute und in einem grobleinenen Anzuge, daß ihm der Wind bei den Oeffnungen hinein ging und durch alle Glieder strich: der andere mit einer Filzkappe auf dem Haupte, die er bis über die Ohren herab zog, mit einem langen Roke, der fast die Erde kehrte, über die andern Kleider zusammen geknöpft war, und oben unter dem Kragen noch ein großes zusammengebauschtes Tuch sehen ließ, daß der Hals warm sei, und endlich mit großen weiten Stiefeln, in denen er doppelte Strümpfe an hatte, daß sich die Füsse nicht erkälten. Bei diesen Besuchen sagte der Doctor nichts mehr davon, daß er den Herrn Tiburius zu seinem Weibe hinein führen werde, und dieser verlangte es auch niemals.
    Weil also Herr Tiburius zu keinem Menschen kam, als zu dem Doctor, und weil er überhaupt nicht aus seinem Zimmer ging, als wenn er zu dem Doctor fuhr, so war es natürlich, daß die Leute glaubten, er werde von dem närrischen Doctor ärztlich behandelt, und beide hätten Mittel ausgesonnen, die sehr merkwürdig seien und geheim gehalten würden, weßhalb sie immer zu einander kämen und die Köpfe zusammen stekten.
    Dies war, wie wir wissen, allerdings nicht so: aber wie der Scharfsinn des Volkes immer in den ungegründeten Gerüchten, die in ihm empor tauchen, einige Kernchen Wahrheit und Veranlassung hat, so war es auch hier; denn von diesem Doctor ging wenigstens der erste Anstoß aus, der dann fortwirkte, und in Folge dessen sich Herr Tiburius ganz und gar verwandelte, wie die Raupe des Tagpfauenauges, die auch, nachdem sie auf dem Nesselkraute einförmig gelebt, sich dann gar aufgehängt hatte und eingeschrumpft war, eines Tages plözlich aufspringt, den garstigen schwarzen mit Dornen besezten Balg zurükstreift und die Hörner und Höker der schönen Puppe zeigt, in der gar schon die künftigen farbigen schimmernden und glänzenden Flügel eingewikelt liegen. Herr Tiburius fragte nehmlich den Doctor eines Tages plözlich um das, was er gewiß schon so lange auf dem Herzen getragen haben mußte; er sagte: »Wenn Sie mein hochverehrtester Herr Doctor, wie Sie ja selber gerade heute vor fünf Wochen zu mir gesagt haben, in ganz wenigen Fällen zuverlässige Mittel wissen, so wüßten Sie etwa zufällig auch eins in dem meinigen?«
    »Allerdings, mein verehrter Herr Tiburius,« antwortete der Doctor.
    »Nun also - um Gottes willen - so reden Sie.«
    »Sie müssen heirathen, aber zuvor müssen Sie in ein Bad gehen, wo Sie sogar ihr Weib finden werden.«
    Das war für Herrn Tiburius zu viel!!
    Er kniff seine Lippen zusammen und fragte mit ungläubigem spöttischem Lächeln: »Und in welches Bad soll ich denn gehen?«
    »Das ist in Ihrem Falle schier einerlei,« antwortete der Doctor, »nur irgend ein Gebirgsbad dürfte am vorzüglichsten sein, etwa das in unserm Oberlande, wohin jezt so viele Menschen ziehen. Oheime, Tanten, Väter, Mütter, Großmütter, Großväter sind mit sehr schönen Mädchen dort, und darunter wird auch die sein, welche Ihnen bestimmt ist.«
    »Und also endlich, weil Sie die Mittel so gut angeben, welches ist denn mein Fall?«
    »Das sage ich nicht,« erwiederte der Doctor, »denn wenn Sie ihn einmal wissen, dann hilft kein Mittel mehr, weil Sie keins nehmen - oder Sie bedürfen keins mehr, weil Sie bereits gesund sind.«
    Herr Tiburius fragte um nichts weiter, er sagte auf diese Unterredung kein Wort mehr, sondern er ging allmählich zu seinem Wagen und fuhr davon.
    »Der verrükte Doctor hat Recht,« sagte er zu sich in dem Wagen, »nicht in Beziehung des Heirathens hat er Recht, das ist eine Narrheit - - aber ein Bad - ein Bad! - das ist das einzige, auf das ich noch nicht verfallen bin - es ist unbegreiflich, wie ich denn nicht darauf denken konnte. Ich werde mir gleich alle Bücher zu Rathe ziehen, die von Bädern handeln, und auszumitteln suchen, welches Bad unseres Welttheiles für meine Zustände in Anbetracht kommen könnte.«
    Und auf dem ganzen Wege brütete er an dem Gedanken fort.
    Der Doctor hatte den Herrn Tiburius bedeutend aufgerührt. Auch an das Heirathen mußte er ein wenig gedacht haben; denn er schnitt sich mit einer Scheere den Bart, den er sich in dem ganzen Angesichte hatte wachsen lassen, bis auf eine gewisse Kürze weg, rasirte ihn dann über und über sehr fein ab, und stellte sich vor den Spiegel und betrachtete sich.
    »Nein, nein,« sagte er, »das

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