Die drei ??? und der Karpartenhund
auffällig«, entgegnete Charles Niedland. »Sie sagten, der Fernseher sei praktisch nichts wert. Es ist ja nur ein kleines tragbares Fernsehgerät. Und auf dem Plattenspieler und den Lautsprecherboxen der Stereoanlage hatte mein Bruder seine Sozialversicherungsnummer eingraviert. Das hätte einem Hehler den Wiederverkauf sehr erschwert. Und sonst gibt es hier nichts Wertvolles. Mein Bruder lebte sehr bescheiden.«
»Ein großer Künstler«, sagte Mr. Prentice. »Er lebte für seine Kunst.«
»Was ist denn ein Karpatenhund?« fragte Peter.
Charles Niedland lächelte. »Ein Hund eben. Ein Hund, den es vermutlich nie gegeben hat – außer in der Phantasie einiger abergläubischer Leute. Mein Bruder war ein Romantiker, und er wählte für seine Werke gern romantische Motive. Es gibt da eine Legende, daß vor zwei Jahrhunderten ein Gebirgsdorf in den Karpaten von einem Hundedämon heimgesucht wurde. Ich glaube, die Dorfbewohner in den Karpaten sind für ihren Hang zum Aberglauben bekannt.«
Justus nickte wissend. »Das Gebiet kennt man auch unter dem Namen Transsylvanien. Dort soll der Vampir Dracula gelebt haben.«
»Ja«, sagte Charles Niedland, »aber der Hundedämon war kein Vampir und auch kein Werwolf. Die Leute im Dorf glaubten, er sei der Geist eines Edelmannes – eines Mannes, der ein leidenschaftlicher Jäger gewesen war und eine Meute wilder Jagdhunde gezüchtet hatte, halb Wolfsblut, wie es hieß. Der Adlige wollte sie für die Jagd immer scharf halten und ließ sie deshalb fast verhungern. Nach der alten Sage brach eines Nachts einer der Hunde aus dem Zwinger aus und tötete ein Kind.«
»Schrecklich!« rief Bob.
»Ja. Eine Tragödie, wenn es tatsächlich geschah. Der Vater des Kindes forderte, die Hunde sollten getötet werden. Der Adlige weigerte sich, und man sagt, er habe dem Bauern ein paar Geldstücke hingeworfen, als Bezahlung für das tote Kind.
Der Vater, außer sich, warf in seiner Verzweiflung einen Stein nach dem anderen Mann. Tödlich getroffen, verfluchte der Graf das Dorf und alle seine Bewohner. Er schwor, er werde aus dem Jenseits zurückkehren und das Dorf heimsuchen.«
»Und ich vermute, das tat er in Gestalt eines Hundes?« fragte Peter.
»Eines riesenhaften Hundes«, sagte Charles Niedland. »Es war ein gewaltiger, halbverhungerter Hund, der Wolfsblut in sich haben mochte. Die Hundemeute des Adligen wurde bis auf das letzte Tier getötet, aber in dunklen Nächten strich ein hageres Untier durch die Straßen, winselnd und jaulend, und die Rippen stachen ihm unter dem Fell hervor. Die Leute hatten entsetzliche Angst. Manche stellten der Bestie Futter hin, aber sie konnte oder wollte nicht fressen. Wenn also dieser Hundedämon wirklich jener Edelmann war, dann war sein Fluch wahr geworden. Er suchte das Dorf heim. Allerdings waltete darin eine fürchterliche Gerechtigkeit, denn er war immer ausgehungert, wie es auch seine eigenen Hunde zuvor gewesen waren. Nach und nach zogen die Leute aus dem Dorf weg. Wenn der Hund noch dort spukt, dann in verlassenen Ruinen.«
»Hat Ihr Bruder den Hund gemalt?« fragte Justus.
»Mein Bruder war kein Maler«, erklärte Charles Niedland.
»Freilich skizzierte er, wenn er einen Entwurf ausarbeitete, aber er war Bildhauer. Er arbeitete mit Glas und Kristall – manchmal auch Kristall mit Metall kombiniert.«
»Der Karpatenhund war ein herrliches Stück«, sagte Fenton Prentice. »Edward Niedland hat ihn eigens für mich gemacht.
Er wurde vor einem Monat fertig, aber er war noch nicht übergeben. Edward plante eine Ausstellung einiger seiner neueren Werke in der Galerie Maller, und dabei wollte er auch den Hund zeigen. Natürlich war mir das eine Freude. Und nun ist der Hund weg!«
»Also ist es die Skulptur eines Hundes aus Glas«, sagte Bob.
»Kristall«, berichtigte Mr. Prentice. »Kristall und Gold.«
»Kristall ist Glas«, warf Charles Niedland ein, »aber von ganz besonderer Art. Es wird aus den allerfeinsten Silikaten hergestellt, mit einem hohen Anteil Bleioxid, und daher ist es schwerer und von weitaus stärkerem Glanz als gewöhnliches Glas.
Mein Bruder arbeitete mit Glas – und mit Kristall – von so hoher Temperatur, daß es fast noch flüssig war. Er bearbeitete es mit Werkzeugen, erhitzte es von neuem, wenn es abkühlte, verformte es weiter, erhitzte es wieder, arbeitete daran – und so weiter, bis er die gewünschte Form erzielt hatte. Dann kam noch die Schlußbearbeitung, das immer feinere Schleifen und das Polieren mit
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