Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
wartet dort auf mich.«
»Was hast du vor?«
»Tu, was ich dir sage, Kind!«
Ceorl trat einen Schritt zurück. »Ich wollte doch nur helfen.«
»Tut mir leid, mein Junge. Halte dein Messer bereit. Ich versuche, sie aufzuhalten. Aber wenn sie durchkommen … benutz dein Messer für die jüngsten Kinder. Verstehst du?«
»Ich glaube, das kann ich nicht«, stammelte Ceorl.
»Dann tu, was dein Herz dir sagt. Viel Glück, Ceorl!«
»Ich … Ich will aber nicht sterben.«
»Ich weiß. Und jetzt geh hinauf und tröste sie.«
Pagan zog seine Axt aus dem Sattel und band Köcher und Bogen los. Der Bogen war aus vagrischem Horn, und nur ein sehr starker Mann konnte ihn spannen. Pagan setzte sich auf den Pfad und spähte nach Osten.
Es hieß, daß die Könige auf dem Opalthron immer wußten, wann ihr Tag gekommen war.
Pagan wußte es.
Er legte die Sehne auf den Bogen und zog seine Tunika aus, so daß der Nachtwind seinen Körper kühlen konnte.
Mit tiefer Stimme begann er, das Lied der Toten zu singen.
Am vereinbarten Treffpunkt saßen Ananais und seine Offiziere beisammen und besprachen die Aktionen des Tages. Nachdem sie vom ersten Bergring zurückgedrängt worden waren, hatte sich die Skoda-Armee in sieben Teile aufgespalten, die sich ins Hochland zurückzogen und die vorrückenden Truppen aus dem Hinterhalt überfielen, wenn sie ins Gelände ausschwärmten. Diese plötzlichen Überfälle waren eine Plage für Ceskas Armeen und verlangsamten ihr Vordringen, wobei die Verluste auf Seiten der Skoda-Truppen erstaunlich gering blieben – mit Ausnahme von Parsals Trupp, von dem nicht ein Mann überlebt hatte.
»Sie bewegen sich schneller als wir dachten«, sagte Katan. »Und sie haben Verstärkung aus Delnoch bekommen.«
»Ich würde sagen, es sind insgesamt fünfzigtausend«, sagte Thorn. »Wir können die Stellung nicht halten – mit Ausnahme von Tarsk und Magadon.«
»Wir werden den Feind auch weiterhin treffen«, sagte Ananais. »Wie lange kannst du die Macht dieser verdammten Templer noch in Schach halten, Katan?«
»Ich glaube, sie finden jetzt schon Wege, um durchzudringen.«
»Sobald sie es schaffen, werden unsere Überfälle zu Selbstmordkommandos.«
»Ich weiß, Schwarzmaske. Aber hier haben wir es nicht mit einer exakten Wissenschaft zu tun. Der Kampf in der Leere tobt unvermindert weiter, doch wir werden langsam zurückgedrängt.«
»Tut euer bestes, mein Junge«, sagte Ananais. »Also schön – wir greifen noch einen Tag an. Dann ziehen wir sämtliche Männer hinter die Mauern zurück.«
»Hast du allmählich auch das Gefühl, daß wir einem Wirbelsturm ins Auge spucken?« fragte Thorn.
Ananais grinste. »Vielleicht, aber noch haben wir nicht verloren! Katan, ist es sicher, wenn wir reiten?«
Der Priester schloß die Augen, und die Männer warteten ein paar Minuten. Dann zuckte Katan plötzlich zusammen, und er riß die Augen auf.
»Nach Norden«, sagte er. »Wir müssen sofort los!«
Der Priester sprang auf, stürzte beinahe, fing sich wieder und lief zu seinem Pferd. Ananais folgte ihm.
»Thorn!« rief er. »Bring deine Männer zurück zu den anderen. Die übrigen folgen mir!«
Katan ritt ihnen in halsbrecherischem Galopp nach Norden voran, gefolgt von Ananais mit zwanzig Kriegern. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und die Bergspitzen rechts von ihnen waren in tiefes Rot getaucht.
Der Priester gab seinem Pferd die Peitsche, und Ananais, der dicht hinter ihm war, schrie: »Du bringst es noch um, du Narr!« Doch Katan beachtete ihn nicht. Tief über den Hals des Tieres gebeugt, jagte er dahin. Vor ihnen war eine Felsnase; Katan zerrte an den Zügeln, sprang aus dem Sattel und rannte auf eine schmale Felsspalte zu.
Ananais zog sein Schwert und folgte ihm.
In der Spalte lagen zwei tote Bastarde, aus deren Kehlen schwarzgefiederte Pfeile ragten. Ananais stürmte weiter. Noch ein totes Ungeheuer, ins Herz getroffen. Er kam um eine Biegung und hörte das bestialische Grollen und das Klirren von Stahl auf Stahl. Er sprang über drei weitere tote Bastarde und bog mit erhobenem Schwert um die nächste Ecke. Zwei tote Bastarde lagen vor ihm. Ein drittes Untier attackierte Katan, und zwei weitere waren in einen wilden Kampf mit jemandem verwickelt, den Ananais nicht sehen konnte.
»Zu mir, Drachen!« brüllte Ananais. Einer der beiden Bastarde wandte sich ihm zu, doch er wehrte einen wütenden Hieb ab und stieß dem Ungeheuer sein Schwert tief in den Bauch. Die Bestie holte mit den Krallen
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