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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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seinen Hals zu, doch Tenaka parierte den Hieb und sprang zurück.
    »Ananais, bist du das?« fragte er noch einmal.
    Der Riese blieb einen Moment schweigend stehen. »Ja«, sagte er schließlich. »Ich bin es. Und jetzt verteidige dich!«
    Tenaka steckte sein Schwert in die Scheide und ging auf den Riesen zu. »Ich kann nicht gegen dich kämpfen«, sagte er. »Und ich weiß nicht, warum du meinen Tod wünschen solltest.«
    Ananais machte einen Satz nach vorn, hämmerte seine Faust gegen Tenakas Kopf und stieß ihn in den Schnee.
    »Warum?« rief er. »Du weißt nicht warum
?
Sieh mich an!«
    Er zerrte die Ledermaske vom Gesicht, und in dem tanzenden Zwielicht sah Tenaka einen lebendig gewordenen Alptraum. Da war kein Gesicht mehr, nur die verzerrten, narbigen Überreste von einst menschlichen Zügen. Die Nase war nicht mehr, auch die Oberlippe nicht; gezackte weiße und rote Narben zogen sich kreuz und quer über die noch verbliebene Haut. Nur die blauen Augen und das dichtgelockte blonde Haar wirkten menschlich.
    »Gute Götter des Lichts!« flüsterte Tenaka. »Das wußte ich nicht … habe ich nie gewußt.«
    Ananais kam langsam näher und senkte die Spitze seines Schwerts, bis sie Tenakas Hals berührte.
    »Der Kieselstein, der einen Erdrutsch auslöste«, sagte der Riese rätselhaft. »Du weißt, was ich meine.«
    Tenaka hob die Hand und drückte langsam die Klinge zur Seite.
    »Du wirst es mir schon erzählen müssen, mein Freund«, sagte er und setzte sich auf.
    »Bei allen Göttern!« brüllte der Riese, ließ sein Schwert fallen und zog Tenaka auf die Füße, bis ihre Gesichter sich fast berührten. »Sieh mich an!«
    Tenaka schaute mit ruhigem Blick in die eisblauen Augen und spürte, daß dort der Abgrund des Wahnsinns lauerte. Sein Leben hing an einem seidenen Faden.
    »Erzähl mir, was geschehen ist«, sagte er leise. »Ich werde nicht fortlaufen. Wenn du mich töten willst, dann tu es. Aber erzähle es mir.«
    Ananais ließ ihn los, drehte sich um und suchte seine Maske, so daß er Tenaka seinen breiten Rücken zuwandte. Und in diesem Moment wußte Tenaka, was er von ihm erwartete. Trauer erfüllte ihn.
    »Ich kann dich nicht töten«, sagte er.
    Der Riese drehte sich wieder um; Tränen strömten aus seinen Augen.
    »Ach, Tani«, sagte er mit bebender Stimme, »sieh nur, was sie mir angetan haben!« Als er auf die Knie sank und mit den Händen sein verunstaltetes Gesicht bedeckte, ließ Tenaka sich neben ihm nieder und umarmte ihn. Der Riese begann zu weinen; seine Brust wogte, und sein Schluchzen war laut und voller Qualen. Tenaka tätschelte ihm den Rücken, wie einem Kind und als würde er seinen Schmerz spüren, als wäre es sein eigener.
    Ananais war nicht gekommen, um ihn zu töten, sondern um durch seine Hand zu sterben. Und Tenaka wußte, warum der Riese ihm die Schuld gab. An dem Tag, als der Befehl kam, den Drachen aufzulösen, hatte Ananais die Männer um sich geschart, um nach Drenan zu marschieren und Ceska abzusetzen. Tenaka und der Gan des Drachen, Baris, hatten sich geweigert und die Männer daran erinnert, daß sie für die Demokratie lebten und kämpften.
    So war die Revolution beendet gewesen, noch ehe sie begonnen hatte.
    Und jetzt war der Drache zerstört, das Land lag in Trümmern, und der Schrecken regierte die Drenai. Ananais hatte recht gehabt.
    Renya beobachtete die beiden schweigend, bis das Schluchzen verebbte; dann stand sie auf und ging zu ihnen. Sie legte Holz auf das ersterbende Feuer. Ananais blickte auf und suchte hastig nach seiner Maske, als er das Mädchen sah.
    Sie kam an seine Seite, kniete neben ihm nieder und berührte sanft die Hände, die die Maske hielten. Sie schloß ihre Finger um seine, löste die Maske daraus. Ihre dunklen Augen waren nur auf die des Riesen gerichtet.
    Als das zerstörte Gesicht sichtbar wurde, schloß Ananais die Augen und senkte den Kopf. Renya beugte sich vor und küßte ihn auf die Stirn, dann auf die vernarbte Wange. Er öffnete die Augen. »Warum?« flüsterte er.
    »Wir alle haben Narben«, sagte sie. »Und es ist weit besser, sie nicht zu verbergen.« Sie stand auf und ging zurück zu ihrem Bett.
    »Wer ist sie?« fragte Ananais.
    »Sie wird von Ceska gejagt«, erklärte Tenaka.
    »Werden wir das nicht alle?« meinte der Riese und setzte die Maske wieder auf.
    »Ja, aber wir werden ihn überraschen«, sagte Tenaka.
    »Das wäre schön.«
    »Vertrau mir, mein Freund. Ich habe vor, ihn zu stürzen.«
    »Allein?«
    Tenaka grinste.

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