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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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genauso verrottet.
    Die Tür des Hauptgebäudes war mit Brettern vernagelt, ebenso die Fenster im Hochparterre. Viele Fensterscheiben im Obergeschoss waren eingeworfen und nur notdürftig von innen mit Pappe verklebt worden. Von den Holzfensterläden blätterte die Farbe und die meisten hingen nur noch schief in den Angeln. Ein Anblick, der mir in der Seele wehtat, aber dem entsprach, was man heute in vielen Dörfern nicht nur in der ehemaligen DDR sah.
    »Ganze Landstriche in der Provinz werden entvölkert«, hatte mir Marc mal erklärt. »Das ist die demografische Entwicklung. Für uns Architekten eine Herausforderung,denn kostbare historische Bausubstanz geht durch die Landflucht für immer verloren.«
    Nun ja, dies war offenbar so ein Fall unrettbaren Verlorengehens und er betraf nicht nur das Haupthaus. Die Seitenflügel waren offenbar noch weniger gepflegt worden.
    Oh, mein Gott!, dachte ich erschüttert. Meine Mutter hatte vollkommen recht. Um das zu renovieren, musste ein Lottogewinn in Millionenhöhe her. Mindestens.
    Marc bemerkte meinen Schock und meinte aufmunternd: »Muss halt ein bisschen was dran gemacht werden, aber dann ist es total schick. Ich habe da schon eine gewisse Vision. Was hältst du davon, wenn wir ein Wellnesshotel daraus machen?« Er grinste. »Bietet sich doch an … schon wegen dem See.«
    Er nun wieder. Aber warum nicht? War doch eigentlich eine ganz praktische Idee. »Da könnte ich ja sogar meine Mutter mit ins Boot kriegen. Sie als gelernte Hotelkauffrau …« Ich lachte. »Wirklich kein schlechter Gedanke.«
    Das machten ja viele zurzeit – Schlösser und Landsitze im Osten aufkaufen und zu Romantik- und Wellnesshotels umbauen. Aber natürlich brauchte man dafür etwas flüssiges Kleingeld oder einen potenten Geldgeber und beides hatte ich nun mal leider nicht. Schade, dann wurde das wohl nichts. Ich würde dem Anwalt wohl abschreiben müssen. War aber eine schöne Idee von Marc.
    Er schien es jedoch richtig ernst zu meinen, denn er sagte: »Vorher muss das Gut natürlich hinsichtlich der Bausubstanz auf Herz und Nieren geprüft werden.«
    Und so machte er sich auch gleich an die Arbeit. Nachdem er ein zerbrochenes Fenster gefunden hatte, überredete er mich, in das Haupthaus einzusteigen. Bald standen wir in einem großen, düsteren Treppenhaus, von dem einebreite, noch recht stabil wirkende Holztreppe in das Obergeschoss führte. Links und rechts neben der Treppe gingen Flure zu den Räumen im Erdgeschoss ab. Es roch modrig und an den Wänden und in den Fensternischen hatte sich schwarzer Schimmel ausgebreitet.
    Eklig, dachte ich und wagte in diesem ungesunden Mikroklima kaum zu atmen. Außerdem war es hier drin lausig kalt und bedrückend.
    »Warum hat man das denn alles so verkommen lassen?«, fragte ich leise, weil mir der Hall meiner eigenen Stimme in diesem Treppenhaus unheimlich war.
    Marc zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Nach der Wende hat man viele staatliche Einrichtungen geschlossen. Das Gut hat offenbar das gleiche Schicksal erlitten.«
    Vor dem Haus hatten wir zwei verrostete Schilder gesehen. Auf dem einen stand riesengroß »Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Roter Adler Blankensee« und ein kleineres trug die Aufschrift »Jugendwerkhof Ernst Thälmann«.
    »Viele DDR-Bürger sind nach der Wende in den Westen gegangen, da gab es attraktivere Arbeitsplätze«, meinte Marc.
    »Und das Jugendheim ist sicher sofort geschlossen worden«, sagte ich. »Ich habe darüber erst kürzlich im Spiegel gelesen, über den Jugendwerkhof Torgau, wo man haarsträubende Zustände aufgedeckt hat.«
    Marc nickte. »Das muss aber nicht heißen, dass es hier genauso war«, sagte er. »Diese Einrichtungen wurden einfach geschlossen, weil die dort vertretene Staatspädagogik sich durch die Auflösung der DDR schlicht und einfach erledigt hatte.«
    Sehr beruhigend.
    Wir gingen den rechten Flur entlang und stellten fest, dass dort die ehemaligen Wirtschaftsräume lagen. Eine riesige Küche, Vorratsräume, Toiletten und ein großer Speisesaal. Dort standen sogar noch ein paar lange Holztische und wackelige Stühle. Die eingebauten Geschirrschränke waren geplündert, auch aus der Küche war alles bewegliche Gut entfernt worden. Das wirkte nicht sehr einladend.
    Aber Marc sah das ganz anders. »Super! Perfekte Abmessungen für eine Hotelgastronomie!«
    »Langsam, langsam«, stoppte ich seinen Enthusiasmus, musste aber zugeben, dass er eigentlich recht hatte. »Viel Arbeit

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