Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
nicht einmal ahnen, was sie in ihm sah, aber schließlich nickte sie, wobei ihr langes, unglaublich dünnes Haar erzitterte.
»Danke.«
Wie bei ihrem ersten Treffen hatte sich Karn nahe der Tür auf den Boden gekniet. Dennoch waren sie auf Augenhöhe; Elfen waren einfach klein.
»Hast du noch alles, was du brauchst? Soll ich mehr Essen besorgen?«
Deilava schnaubte belustigt, was Karn nicht verstand.
»Was ist?«
»Du bist ein guter Gastgeber, Troll, erkundigst dich nach meinen Wünschen … Aber ich bin kein Gast, ich bin eine Gefangene.«
Ihre Stimme klang wieder hart und abweisend. So sehr Karn sich auch bemühte, es gelang ihm nur selten, so weit zu ihr vorzudringen, dass sie ihre Lage vergessen konnte.
»Äh, es ist nur … Wir Trolle essen vieles von den Vorräten in der Stadt nicht. Es gibt mehr als genug.«
Tatsächlich hatte Karn einige der Nahrungsmittel der Eleitam probiert, aber die meisten schmeckten ihm einfach nicht. Käse kam seinem Gaumen noch am ehesten entgegen, dazu haltbar gemachtes Fleisch in Form von Würsten und Schinken, aber nachdem er in einen Laib Brot gebissen hatte, musste er einen Mundvoll der breiigen Pampe, die sich beim Kauen entwickelt hatte, wieder ausspucken. Die meisten Trolle machten sich nicht einmal die Mühe, von dem Essen zu kosten, solange es genug Fleisch gab.
»Ihr esst nur Fleisch?«
Karn schüttelte den Kopf. »Nein, Fleisch bedeutet eine gute Jagd, und nicht immer finden die Jäger ausreichend Beute. Wir essen auch Pflanzen, die wir sammeln, Beeren, Pilze. Wir machen daraus einen Brei, der lange hält. Aber wenn Fleisch da ist …«
Erst wenn die Fleischvorräte aufgebraucht waren, würden sie auch den Rest essen, da war Karn sich sicher. In der allergrößten Not auch das unappetitliche Brot. Sie waren schließlich vor allem eines: Überlebenskünstler, die zu allem bereit und fähig waren.
Bei der Erinnerung an das Brot erschauerte er und hoffte insgeheim, dass es nicht so weit kommen würde.
Er bemerkte den kühlen Blick der Elfe und fragte sich, was er nun schon wieder gesagt hatte, was ihr nicht gefiel. Die bevorzugte Nahrung der Trolle konnte es kaum sein. Wer mag denn kein Fleisch?
»Ihr habt das alles den Eleitam geraubt«, stellte Deilava mit mühsam kontrollierter Stimme fest. Er spürte den Zorn, der dahinter lag.
»Wir haben uns genommen, was wir brauchten«, stimmte er ihr halb zu. »Wir waren stärker als sie.«
»Ihr seid wie Zwerge!«
Der Vorwurf überraschte Karn. Er wusste nicht viel über das Kleine Volk und fühlte sich ihm ganz sicher nicht verwandt. »Wir sind schon ein wenig größer.«
Die Elfe schürzte die Lippen. »Ja, mach nur deine Witze, Troll. Die Zwerge kamen auch aus den Bergen, und sie haben sich genommen, was sie haben wollten. Sie haben jene getötet, von denen sie gestohlen haben, und es kümmerte sie nicht, was mit anderen geschah, denen sie ihre Heimat nahmen.«
Karn sammelte erst Worte in seinem Geist, bevor er antwortete. Ohne sich dessen bewusst zu sein, kratzte er sich an der Stirn. »Ich weiß nicht, was die Zwerge getan haben. Ich habe noch nie einen gesehen. Und wir sind nur aus Not aus den Bergen herabgestiegen. Diese Welt hier unten ist nicht unsere, aber es gab keine andere Wahl.«
Deilava blickte zur Seite. »Es gibt immer eine andere Wahl.«
»Die letzten Jahre waren hart«, begann Karn zögerlich. Er war nicht sicher, wie viel er der Elfe überhaupt anvertrauen sollte. Aber wenn ich den Anfang mache, vielleicht tut sie es mir dann nach. »Lange, kalte Winter. Wir haben viele Trolle verloren. Zuerst starben die Alten, die ganz Jungen, die Schwachen. Die Jäger mussten dabei zusehen und wussten stets, dass es ihre Aufgabe gewesen wäre, das zu verhindern. Den letzten Winter haben ganze Sippen nicht überstanden. Sie sind einfach gestorben. Verhungert oder erfroren, wer weiß das schon.«
Er konnte sehen, dass Deilavas Miene hart blieb, aber in ihren Augen glaubte er etwas anderes zu erkennen.
»Als Israk kam, waren wir verzweifelt. Da hat er uns einen Weg gezeigt, wie wir diesen Winter überleben können.«
»Und jetzt seid ihr hier in Op’ral und fresst euch an den Vorräten der Eleitam die Wänste fett«, zischte die Elfe. »Und wohin zieht ihr als Nächstes? Wen werdet ihr dann überfallen?«
Karn zuckte die Schultern. »Ich treffe diese Entscheidung nicht, aber ich werde mitgehen. Ich bin ein Jäger aus Akkens Stamm. Ich werde alles tun, damit mein Stamm überlebt. Würdest du das für
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