Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
Israk. »Wir können nicht warten, bis deine kleine Beute anfängt zu reden.«
Er nickte einigen seiner Trolle zu, die daraufhin Deilavas Gefährten in den Raum schleiften. Dieser versuchte zu gehen, aber die Trolle hatten ihn links und rechts gepackt und hoben ihn mühelos hoch. In seinem Blick konnte Karn keine Emotionen erkennen, als er die versammelten Trolle sah. Ohne viel Federlesens wurde er in die Mitte des Raums gebracht und dort vor Israk gestellt.
»Sollte der Rest der Anführer nicht dabei sein?«, fragte Karn leise, doch Israk schüttelte den Kopf.
»Nein, nur ein paar Fragen, mehr nicht. Dafür müssen sie nicht extra kommen.«
Obwohl Karn das nicht gefiel, erwiderte er nichts.
Israk besah sich den Elfen ganz genau, zog die Augenbrauen zusammen, nahm sich alle Zeit der Welt. Karn konnte nicht sagen, ob der Elf tatsächlich keine Angst empfand oder ob er sie nur extrem gut verbergen konnte.
»Wie ist dein Name?«
»Narem«, erwiderte der Elf tonlos.
»Narem. Narem.« Israk ließ den Namen von seiner Zunge rollen, als sei es eine besondere Freude, ihn auszusprechen. »Narem, ich muss noch mehr von dir wissen. Warum seid ihr hier?«
Der Elf zögerte kurz, entschied sich dann aber zu antworten: »Euretwegen.«
Israk zog die Brauen hoch. »Gut. Du hast uns gefunden, Narem, was willst du nun von uns?«
Diesmal gab es keine Antwort, und Narem wich Israks lauerndem Blick nicht aus.
»Wie viele seid ihr? Woher kommt ihr?«
Zu Karns Sorge schwieg Narem. Einige von Israks Trollen murmelten leise, redeten miteinander, hier und da sah Karn geballte Fäuste und gebleckte Hauer.
»Du kannst mir alles sagen, Narem«, erklärte Israk freundlich. »Früher oder später tust du es doch.«
Karn musste an den Keibos denken und an die Schreie, die er gehört hatte. Mit einem Mal wünschte er sich weit weg von diesem Ort.
»Von mir erfährst du nichts, Troll.«
»Mein Name ist Israk. Ich werde von dir alles erfahren, was ich wissen muss. Und wenn nicht von dir, dann von den anderen Gefangenen.«
Für einen Moment schien es, als wolle Narem etwas sagen, doch dann presste er die Lippen zusammen. Nach einigen Herzschlägen besann er sich jedoch.
»Du bist ihr Anführer?«
Gnädig nickte Israk.
»Lass alle Elfen und Eleitam frei, und ich beantworte dir all deine Fragen wahrheitsgemäß.«
Wieder das bellende Lachen von Israk. »Du bist kaum in der Position, Forderungen zu stellen.«
»Es wäre für alle besser, wenn ihr Trolle wieder dahin zurückkehrt, wo ihr hergekommen seid.« Die Stimme des Elfen war ruhig, fast freundlich, als erkläre er einem Kind eine einfache Sache. »Viel Leid würde euch und uns erspart bleiben.«
Diesmal lachte Israk nicht. Im Gegenteil, seine Miene verfinsterte sich, und er beugte sich vor, richtete den Finger auf Narem. »Sag uns nicht, was wir tun sollen. Wir sind Trolle, niemand sagt uns, was wir tun.«
»Nicht einmal Zwerge?«
Die Frage überraschte Karn, und auch Israk schien erstaunt zu sein. Er zuckte zurück, kniff die Augen zusammen und fixierte Narem mit einem mordlüsternen Blick.
»Es ist nicht euer Krieg. Ich weiß nicht, was sie euch erzählt haben, aber es ist falsch. Sie haben verloren und …«
»Schafft ihn hier raus!«, brüllte Israk. »Zurück in die Zelle mit ihm!«
Sofort stürmten zwei Trolle auf Narem zu, packten ihn und trugen ihn wieder weg.
Israk indes war auf den Felsen zurückgesunken, das Antlitz verfinstert. Sein Mund arbeitete, formte stumm Worte, ohne sie jedoch auszusprechen.
Für einen Moment erwog Karn, ihn nach der Bedeutung dessen, was der Elf angedeutet hatte, zu fragen. Dann aber verging der Augenblick, ohne dass er die nötigen Worte gefunden hätte. Er fühlte sich in der Nähe Israks und seiner Trolle nicht wohl. Ganz im Gegenteil erkannte er, dass er sich nicht einmal sicher fühlte. Es war ein neues, unangenehmes Gefühl, das ihn schlucken ließ.
Sein ganzes Leben lang waren Trolle seine Heimat gewesen. Mehr noch als jeder Ort war es der Stamm, die Gemeinschaft, waren es die Trolle, die ihm und allen anderen Halt und Sicherheit gaben. Nun jedoch hatte er das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. So, als würde der Hang eines Berges nach starkem Regen einfach abrutschen und selbst die größten Felsen mit sich reißen.
Plötzlich war, was immer eine feste Größe in seinem Leben gewesen war, was ihn ebenso geformt wie geschützt hatte, verschwunden. An seiner Stelle gab es eine gähnende Leere, weitaus
Weitere Kostenlose Bücher