Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
Stadt sei von Trollen überfallen worden. Wenn er ihren Worten Glauben schenkte, und er hatte keinen Grund, es nicht zu tun, dann mussten es Israks Trolle gewesen sein. Das erklärte, woher sie das Fleisch hatten, das sie unter den Stämmen verteilt hatten. Sie hatten es in Ke’leth erbeutet.
»Aber was hat das mit Zwergen zu tun?«
Ohne es zu wollen, hatte Karn den Satz leise ausgesprochen und hielt nun schuldbewusst inne und sah sich um. Natürlich war niemand in seiner Nähe, der ihm zuhören konnte, aber er fühlte sich dennoch beobachtet.
»Verschwindet!«, rief er laut. »Lasst mich in Ruhe! Sprecht mit irgendwelchen Elfen!«
Sofern es hier Geister gab, die ihn beobachteten, antworteten sie ihm nicht. Der kurze Zornausbruch fokussierte seine Gedanken wieder auf seine direkten Probleme, und er stellte alles Nachsinnen über Ke’leth hintan.
Die Nacht brach herein, aber Karn achtete kaum auf die herabsinkende Dunkelheit. Ohne ein genaues Ziel lief er vor sich hin. Schließlich fand er sich über der Stadt wieder. Das Gelände war hier schon bergiger, mit tiefen Spalten und großen Felsen, sodass er mehr als einmal seine Hände beim Klettern zu Hilfe nehmen musste.
Die momentane Heimat der vielen Trollstämme war durch mehrere Feuer erhellt, um die herum sich die Schatten der Gebäude abzeichneten. Trolle waren nicht zu erkennen, nur manchmal dunkle Flecken vor hellem Licht.
Karn blieb stehen und atmete tief durch. Dort unten war sein Stamm, seine Sippe. Vermutlich saßen sie zusammen, aßen gutes Fleisch und erzählten unglaubwürdige Geschichten. Fast konnte er ihre Stimmen hören, als würde der schwache Wind sie zu ihm hinauftragen, doch es war nur ein leises Echo in seinem Geist, ein Hauch von Erinnerungen an bessere Zeiten.
Dann drangen tatsächlich Stimmen an sein Ohr. So überrascht war er, dass er kurz glaubte, seine Einbildung würde ihm einen Streich spielen. Doch da erklang ein raues Lachen, unverkennbar das eines Trolls.
Andere Trolle waren also genau wie er in der Nacht unterwegs. Vielleicht waren es Jäger, die zurückkehrten oder das Umland ausspähten und nach Feinden Ausschau hielten. Es konnten aber auch Neuankömmlinge sein. Weitere Stämme, von Israk gerufen, noch bevor sie die Stadt eingenommen hatten, oder die ersten Nachzügler der Stämme, die sie zunächst zurückgelassen hatten.
Zuerst wollte Karn ihnen zurufen und sich zu erkennen geben, dann besann er sich eines Besseren. Noch immer verspürte er keine Lust auf Gesellschaft. Sollten sie doch in die Stadt gehen und dort auf Trolle treffen, mit denen sie reden konnten.
Also duckte er sich hinter eine kleine Felsformation und wartete ab. Erst da erkannte er, dass die Gruppe Trolle keineswegs in Richtung Stadt lief, sondern anscheinend von dort kam. Das regte seine Neugier ein wenig an, aber bei weitem nicht genug, um ihn aus seinem Versteck hervorzulocken.
Erst als er eine der Stimmen erkannte, änderte sich das. Unter den Trollen befand sich Israk, der einen kurzen Befehl knurrte. Seine Autorität, der Befehlston – das musste er sein.
Überrascht lugte Karn um die Kante des Felsens herum. Das Licht des großen Mondes war aufgrund einiger dünner Wolkenbänder nicht sonderlich hell, aber es reichte aus, um drei Trolle zu erkennen, die ein Stück unterhalb der Hügelkuppe marschierten. Israk führte sie an, dahinter gingen zwei seiner Jäger, beide größer als er.
Der Anblick wunderte Karn, denn er hätte nicht gedacht, dass Israk selbst auf Patrouille gehen würde. Oder jagen sie? Beides ergab wenig Sinn, da es genug Jäger in der Stadt gab, die nur allzu gern hinausgeschickt worden wären.
Da sah Karn eine Bewegung zwischen den beiden Jägern und erstarrte. Es waren nicht nur Trolle. Zwei kleinere Gestalten wurden von den Jägern mitgeschleift. Auch ohne Details erkennen zu können, war Karn sicher, dass es die elfischen Gefangenen waren.
Ohne zu zögern, schlich er geduckt aus seinem Versteck und folgte der kleinen Gruppe. Er wusste nicht genau, warum er nicht einfach einen Gruß rief und sich ihnen anschloss, aber eine Stimme tief in seinem Geist hieß ihn, sich zu verbergen und sich wie ihr Schatten an sie zu hängen.
Geschickt kreuzte er den Pfad, den sie genommen hatten, kam so in ihren Windschatten, lief dann parallel zu ihnen. Sie folgten dem Verlauf einer kleinen Senke, hielten direkt auf eine große Felswand zu. Karn näherte sich ihnen so weit, wie er sich traute, war dabei aber äußerst vorsichtig,
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