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Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)

Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)

Titel: Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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die Entscheidung leicht, und er setzte sich in Bewegung, den Hang hinunter, tiefer ins Tal.
    Der Schnee knirschte unter seinen Füßen. Die Oberfläche war hart gefroren, brach wie dünnes Eis, doch darunter war der Schnee weicher. Jeder Schritt kostete Kraft. Mehr als einmal glitt Karn aus, weil er unter der alles verdeckenden Schneeschicht kleine Hindernisse nicht entdeckte, bevor er auf sie trat. Sein Atem stand weiß vor seinem Mund. Doch solange er in der Sonne ging, fror er kaum.
    Jeder Schritt führte ihn tiefer hinab in die Welt, als er jemals zuvor gewesen war. Bislang war die Umgebung noch vertraut, aber als er die ersten Bäume erreichte, verschwand dieses Gefühl. Sie waren schlank und hochgewachsen und wirkten groß, selbst jetzt, da ihre Äste unter der Last des Schnees tief herabhingen. Solche Bäume hatte Karn noch nie gesehen.
    Für einen Moment vergaß er seinen Auftrag, griff, ohne nachzudenken, zwischen den Ästen hindurch, packte den Stamm mit beiden Pranken und gab ihm einen Stoß. Ein Zittern lief durch den Baum. Der ganze Schnee glitt von ihm ab und schloss Karn in einer Lawine ein.
    Der Troll musste lachen, als er feststellte, dass er bis zur Hüfte im Schnee steckte. Er befreite sich aus dem kalten Weiß, trat einige Schritte zurück, betrachtete die von grünen Nadeln bedeckten Äste, die so dunkel waren, dass sie fast schwarz wirkten. Dann schüttelte er sich, ehe er seinen Weg fortsetzte.
    Er ging zwischen diesen Bäumen hindurch, immer auf der Hut, aber ohne Sorge. Als Jäger hatte er gelernt, seinen Sinnen zu vertrauen, und er sah keine Bedrohung, hörte nichts, roch nichts. Trolle konnten am helllichten Tag ebenso gut sehen wie in dunkler Nacht, und sie konnten Beute auf große Entfernung riechen. Ihre Ohren waren ebenso scharf; Karn hatte schon in den dunkelsten Höhlen nur nach Gehör die kleinen, ledrigen Gerods gejagt. Keine würdige Beute für einen erfahrenen Jäger, aber ein beliebtes Spiel der jungen Trolle, die so ihr Geschick beweisen konnten.
    Hier jedoch war alles still, als schlafe die ganze Welt. Manchmal sah Karn Spuren im Schnee, doch keine war frisch. Es gab hier Tiere, und die meisten Fährten erkannte er auch, nur einige stammten von Wesen, die ihm noch nicht begegnet waren. Aber keine der Spuren deutete an, dass sie von einem gefährlichen Gegner stammten. Zu klein waren die Abdrücke, zu wenig tief.
    Die Sonne hatte fast ihren höchsten Stand erreicht, als Karn endlich an seinem Ziel ankam. Die Baumgruppen waren hier schon größer und standen dichter zusammen. Zwischen ihnen hätte sich eine ganze Horde Trolle verstecken können. So gelang es Karn, sich unbemerkt der Siedlung zu nähern. Dennoch hielt er ein ganzes Stück abseits inne und duckte sich in den Schatten eines der großen Bäume.
    Die Siedlung befand sich in einer Talsenke. Der Schnee am Rande der Senke war so eben, dass Karn davon ausging, dass dort ein kleiner See sein musste. Spuren führten dorthin, und der Schnee war aufgewühlt. Karn vermutete, dass die Bewohner der Siedlung Wasser aus dem See schöpften oder vielleicht auch in ihm fischten.
    Viel interessanter waren jedoch die lang gestreckten, niedrigen Gebäude, insgesamt drei an der Zahl, weit genug auseinanderstehend und so angeordnet, dass es einen großen Hof in ihrer Mitte gab. Obwohl ihre Dächer schräg und steil waren, schienen sie kaum höher als ein Troll. Zunächst glaubte Karn, dass die Bewohner winzig sein mussten, dann jedoch sah er an der schmalen Seite des nächstliegenden Gebäudes eine Tür, durch die ein Troll gepasst hätte, auch wenn er sich hätte bücken müssen.
    Die Gerüche waren verwirrend. Es roch nach Feuer, nach Holz. Dazu gesellte sich ein scharfer Geruch, den Karn mit Metall verband. Da war aber noch mehr. Lebendiges. Tiere und noch etwas. Eleitam?
    Lange betrachtete Karn die Gebäude. Trolle bauten keine Unterkünfte, sondern nutzten die zahlreichen Höhlen in den Bergen. Natürlich hatte er schon Geschichten gehört, aber bislang war das alles immer weit weg gewesen, Ergebnis wie Zeugnis des seltsamen Verhaltens fremder Wesen, kaum nachzuvollziehen. Jetzt, da er zum ersten Mal einen Blick auf Häuser warf, war plötzlich alles so echt.
    Zum Teil waren die Häuser aus Stein gebaut, zum Teil aus Holz. Dicke Balken schienen das Mauerwerk zu stützen, ihm Form und Halt zu geben. An einigen Stellen ragten sie aus dem Gebäude heraus, und der Troll bemerkte erstaunt, dass dort Schnitzereien angebracht waren.

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