Die dunkle Seite der Dinge
hohe Preis für
etwas gewesen, dass diesen Preis in seinem Wert unendlich überstieg.
„ Ich wollte dir nicht zu
nahe treten!“ Franziska hob entschuldigend die Hände.
„Also, du rufst mich an, ja?“
Er nickte.
Im selben Moment stürmte
Thorsten in das kleine Büro. Er zögerte und starrte die
Ärztin an, dann endlich schien er sich auf den Grund seines
stürmischen Auftrittes zu besinnen. „Carsten komm!
Leichenfund am Rhein“, informierte er seinen Vorgesetzten,
während seine Augen weiter über Franziskas Körper
glitten.
Franziska, die Thorstens
aufdringlichen Blick zunächst gelassen erwidert hatte, fuhr zu
Wellinger herum. Aus ihrem Gesicht war jegliche Farbe gewichen.
Thorsten war so ein Idiot!
„Männlich oder weiblich?“, schnauzte Wellinger ihn
an.
„ Was?“.
„ Die Leiche! Herr Gott
nochmal. Ist sie männlich oder weiblich?“
„ Weiblich!“ Thorsten
riss seinen Blick von der Besucherin los und stürmte zur Tür
hinaus.
Franziska ließ die
Schultern sinken. Wie klein und verletzlich sie nun vor ihm stand. Es
versetzte dem Kommissar einen Stich.
„ Du musst dich wohl jetzt
erst einmal um diese schreckliche Sache kümmern?“, sagte
sie leise.
„ Ja, das muss ich wohl.“
„ Wirst du mich trotzdem
anrufen?“
„ Ja“, versicherte er.
Sie wandte sich zum Gehen.
„ Frau Doktor Stein?“
Langsam drehte sie sich um.
„ Was würden Sie
eigentlich machen, wenn Sie dem Papst begegnen würden?“
„ Wie meinst du das?“
„ Mich würde
interessieren, wie Sie den Papst anreden würden? Würden Sie
ihn auch duzen oder würden Sie bei ihm eine Ausnahme machen?“
„ Eine Ausnahme machen?
Nein! Warum sollte ich?“
„ Mmh“, murrte
Wellinger. „Und was ist mit der Bundeskanzlerin?“
„ Angela? Die habe ich schon
getroffen.“
„ Und Sie haben sie geduzt?“
„ Natürlich.“
Ihre Stimme hatte bereits wieder an Festigkeit gewonnen.
„ Aber die Königin von
England? Was ist mit der Königin von England? Die Queen würden
Sie doch nicht duzen? So mutig wären Sie nicht, oder?“
Triumphierend blitzte es in Wellingers Augen auf, als er Franziska
einen Moment innehalten sah. Das Lächeln in ihrem Gesicht
vertrieb für einen kurzen Moment die Sorgenfalten.
„ Nein!“, lachte sie
jetzt sogar leise. „Einen solchen Mut aufzubringen wäre
auch vollkommen unsinnig. Selbst du würdest die Königin von
England duzen.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
Wellinger schaute ihr hinterher.
Nein, sie irrte sich und schätzte ihn vollkommen falsch ein.
Dann begriff er. Mit der flachen Hand schlug er sich gegen die Stirn.
„Ich Hornochse!
Kapitel 3
Mehr als sechstausend Kilometer
von der Domstadt entfernt, machten sich die Mitarbeiter der
Hilfsorganisation Vision
for East Africa daran,
die größte Not zu lindern. Es war ein schier
aussichtsloser Kampf um Wasser, um Nahrung und um Würde.
Im östlichen Teil Afrikas
hatte das Elend unvorstellbare Ausmaße angenommen und ließ
sich kaum mehr bezwingen, denn das gebeutelte Land wurde nicht nur
von einer gnadenlosen Dürre heimgesucht, sondern auch von den
fanatischen Rebellen der Al-Schabaab-Miliz. Wie Heuschrecken fielen
sie über das Land her und riefen einen islamischen Gottesstaat
aus. Mit Maschinengewehrsalven, die sie in die Luft und manchmal auch
in die Menge abschossen, huldigten die Rebellen einem kriegerischen
Gott.
Die Arbeit der Hilfsorganisation
konnte nur unter dem mutigen Einsatz der Mitarbeiter durchgeführt
werden, die täglich ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten. Viele
der engagierten Helfer brachen unter der Last zusammen und fühlten
sich binnen kürzester Zeit ausgebrannt und leer. Nur noch wenige
hegten die Hoffnung, dass ihr Kampf wie die Schlacht zwischen David
und Goliath enden möge. Sie verschlossen die Augen vor der
Möglichkeit, dass es Goliath diesmal gelingen könnte, David
die Steinschleuder zu entreißen und sie zwischen seinen
riesigen Händen zu zermalmen.
Trotz der drückenden Hitze
im Flüchtlingslager schritt Jan Siebers eilig an den notdürftig
errichteten Zeltstätten entlang. Der junge Arzt schob eine Plane
auseinander und betrat eines der größeren Zelte, in denen
die Kranken einen Unterschlupf gefunden hatten. Aufmerksam schritt er
durch die Reihen, lächelte den Patienten aufmunternd zu und
machte sich Notizen in ein kleines schwarzes Buch.
Am Ende der letzten Reihe hielt
er inne, um eingehend die armselige Bettstatt einer seiner jüngsten
Patientinnen zu
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