Die dunkle Seite des Mondes
vor ihnen schlug der Länge nach in den Mondstaub. »Ist an meiner Hygiene irgend etwas auszusetzen?« erkundigte sich Charity scherzhaft. Es gelang ihr, den Bagger zu einem weiteren Kurswechsel zu bewegen. »Das ist die richtige Richtung«, meldete sich Dubois hinter ihnen. »Die Schleusen liegen direkt vor uns.« Das mächtige, dreifach untergliederte Fahrzeug kam langsam zur Ruhe. Irgendwo fünfzehn Meter unter ihnen begann ein Motor metallisch klopfende Geräusche von sich zu geben. Charity runzelte besorgt die Stirn. »Eine der Raupenketten ist kaputt«, vermutete Harris. »Nun, macht nichts«, spottete Skudder. »Wir haben noch sieben andere, das reicht noch für ein paar Kilometer.« Der Bagger schob sich langsam weiter, und die intakten Raupenketten zermalmten Felsen zu Mondstaub und verpreßten Staub zu einer dichten, gipsartigen Masse, die ihren Weg markierte. Die Höchstgeschwindigkeit betrug imposante zehn Kilometer pro Stunde. Es war nicht nötig, den Kurs zu ändern, um Hindernissen auszuweichen. Fahrzeuge dieser Art kannten keine Hindernisse. Nach ein paar Minuten breitete sich stumme Langeweile aus. »In achtzig Stunden durch den Mond«, sagte Charity in das drückende Schweigen hinein. Anscheinend verstand niemand den Witz. Sie seufzte leise. Skudder starrte nachdenklich in die Dunkelheit hinaus und versuchte, die Ausmaße der Blase zu erkennen. »Wie haben die das bloß angefangen?« »Mit einer großen Bombe, denke ich«, antwortete sie geistesabwesend. »Gigatonne, ich weiß.« Skudder lachte, und sie fiel nach einer kurzen Verzögerung mit ein. »Ein Bohrloch von eintausend Kilometern Tiefe?« »Wohl kaum«, sagte sie. »Müßte ein ziemlich großes Bohrloch sein, für einen Transmitter wie den, durch den wir gekommen sind.« »Sie könnten das ganze Material auch mit einem Transmitter hier herausgeschafft haben«, fügte Skudder hinzu. Charity nickte. »Bleibt immer noch die Frage, wie der Transmitter hier heruntergekommen ist.« »Muß ein Transmitter eine Empfangsstation haben?« fragte Skudder nach einer Weile. »Davon gehe ich aus«, sagte Charity. »Wenn nicht …« Skudder nickte. »Die Möglichkeiten sind beachtlich, nicht wahr?« »Beängstigend«, sagte Charity. Harris räusperte sich. »Vielleicht, wenn man genug Energie hineinsteckt … könnte man das Übertragungsfeld in einiger Entfernung vom Ring erzeugen.« »Oder eine rosa Schleife hineinschlingen«, Charity schüttelte ungehalten den Kopf. »Vielleicht befinden wir uns in einer Art Tasche, die in den normalen Raum zurückfällt, wenn die hineingesteckte Energie verbraucht ist«, spekulierte der Soldat weiter, ohne auf ihren Tonfall zu achten. »Das ist alles dummes Zeug«, erwiderte Charity heftig. »Keiner von uns hat wirklich auch nur eine Ahnung, was die Moroni mit einem Transmitter alles anstellen können, wenn man sie läßt.« »Aber irgendwie haben sie es gemacht«, beharrte Harris. Charity spürte, wie die Wut in ihr aufstieg. »Harris, verdammt, ich bekomme einen Knoten im Hirn von diesem schwachsinnigen Gerede. Halten Sie endlich Ihren Mund.« Es war plötzlich sehr still in der Steuerzentrale. Harris stand auf und ging nach draußen auf die Plattform. Skudder nickte Dubois zu, und sie folgte Harris ohne Kommentar. Charity wartete, auf sich selbst nicht weniger wütend als auf ihre Begleiter. »Langsam begreife ich, warum du nicht mehr verheiratet bist«, sagte Skudder schließlich. Ihr Blick war Flußsäure pur auf Diamantsplittern. »Entschuldige«, sagte er langsam. »Das war eine dumme Bemerkung.« »Das war es allerdings«, sagte sie wütend. Er wartete. Sie brauchte einige Zeit. Er wußte das. Charity erinnerte sich daran, daß sie einander seit der Flucht aus der Orbitstadt auf seltsame Weise kannten. Es machte die Sache nicht leichter. »Tut mir leid«, brach sie endlich das unbehagliche Schweigen und zwang sich, ihn anzusehen. »Weißt du, ich komme mir unglaublich hilflos vor. Die Jared und die Moroni murksen an der Welt herum, wie es ihnen gerade einfällt, und wir stehen ohnmächtig daneben. Es macht mich einfach fertig.« Skudder streckte die Hand aus und berührte sie sanft an der Schulter. »Ich weiß«, sagte er ruhig. »Ich frage mich, was noch alles zu Bruch gehen wird, bevor jemand diese Irren aufhält.« Charity lehnte sich gegen ihn und versuchte, sich zu entspannen. »Wir werden sie aufhalten«, sagte er zuversichtlich. »Bist du sicher, daß das alles
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