Die dunkle Seite des Mondes
entgeistert. »Dann hat er noch Glück gehabt«, mischte sich Harris ein. »Das wirklich heiße Zeug muß ganz unten in der Schmelze gewesen sein, und er hat nur ein wenig aus der Luft und vom geschmolzenen Deckengestein abbekommen.« »Vermutlich soll dieser Reaktor die Energie für den neuen Sternentransmitter liefern«, sagte Dubois. »Sie werden alle Leistungsreserven verbrauchen, um den Durchbruch zum Netz zu schaffen und die Störstelle zu überbrücken.« »Und das mürbe Zeug in den Basaltsäulen war irgendein Moderator. Graphit oder eine borhaltige Verbindung.« Charity nickte zögernd. »Auf verrückte Weise ergibt das einen Sinn.« »Deshalb hat sich die verdammte Säule plötzlich dreißig Meter abgesenkt«, warf Hartmann ein. »Ein Regelstab.« Er lachte erschöpft. »Und ich hatte schon die Befürchtung, die Moroni hätten mich mitsamt dem Ding in der Lava versenken wollen. Ich bin noch nie in meinem Leben so schnell geklettert.« »Ein Reaktor, der bei Schmelztemperatur betrieben wird«, sagte Harris ehrfürchtig. »Er wird Knochenmark innerhalb der nächsten zwei Wochen brauchen«, warf Dubois ernüchternd ein. »Im Bunker bekommen sie das hin«, sagte Hartmann tonlos. »Die Ausrüstung ist da, und die Jared können damit umgehen.« Net nahm wortlos seine Hand und drückte sie. »Es will mir nicht in den Kopf«, sagte Skudder. »Diese ganze Technologie da draußen, und dann Atomreaktoren?« Er verzog das Gesicht. »Klingt wie ausgemachter Blödsinn.« »Stell dir vor, du hast in deinem Gedächtnis alle Informationen darüber, wie du ein Flugzeug bauen kannst, und du sitzt mit leeren Händen mitten in der Steppe fest.« Charity lächelte. »Ich schätze, du würdest auch damit anfangen, ein kleines Feuer anzuzünden.« Skudder warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Schau nicht mich an«, sagte sie. »Du bist hier der Experte, was Lagerfeuer angeht.« Sie blickte wieder über das Geländer auf die riesige Halle hinunter, dann erneut zu Harris. »Du willst sagen, sie bauen diese Reaktoren, weil sie keine bessere Stromversorgung für ihren neuen Transmitter haben?« »Es ist einfacher, als einen Fusionsreaktor zu bauen.« Harris grinste unverschämt. »Wir Menschen haben immerhin achtzig Jahre von der ersten Bombe bis zum ersten Reaktor gebraucht, der mehr Energie erzeugt hat, als für seinen Bau und Betrieb verbraucht wurde.« »Das würde auch erklären, wozu sie die Tagebauanlagen gebraucht haben«, meinte Charity. »Der größte Teil radioaktiver Minerale sammelt sich im Inneren eines Planeten. Auf der Erde ist alles in Magma aufgelöst, aber der Mond ist vollkommen erstarrt. Hier unten konnten sie sich alles holen, was sie brauchten.« »Vielleicht sogar noch etwas anderes als Uran«, warf Harris nachdenklich ein. »Die Waffenlabors auf der Erde haben vor der Invasion viel mit exotischer Materie herumexperimentiert. Metastabile schwere Teilchen, die bei hohen Energien erzeugt wurden. Es hieß, daß sich eine Menge davon nach dem Urknall in den Gravitationsschächten der Planeten gesammelt haben könnte.« »Möglich«, sagte Charity zweifelnd. »Einen Uranreaktor kann man zur Not mit einfachem Werkzeug bauen. Vor ein paar Millionen Jahren hat es in Afrika sogar eine Handvoll natürlich entstandener Reaktoren gegeben. Man braucht nicht mehr als uranhaltiges Erzgestein, das vom Regenwasser ausgewaschen wird. Die radioaktiven Mineralien sammeln sich in geeigneten Senken aus wasserundurchlässigen Bodenschichten, bis eine kritische Masse erreicht ist, und das Wasser funktioniert als Moderator.« Sie zuckte mit den Achseln. »Jeder Idiot kann einen Kernreaktor bauen. Besonders, wenn man nicht darüber nachdenken muß, wie man ihn wieder abschalten kann.« »Klingt wie für Moroni gemacht«, versetzte Skudder. »Ich verstehe nur nicht, warum sie ihren Notausgang nicht von Anfang an mit einer vernünftigen Stromversorgung ausgestattet haben.« »Diese Anlage war nicht als Notausgang gedacht«, vermutete Dubois. »Es sollte vielleicht ursprünglich so etwas wie ein Altersruhesitz werden. Sie war zum Bleiben ausgelegt, und sie war noch lange nicht fertig. Wir haben den Shait zu wenig Zeit gelassen.« Charity musterte die Frau nachdenklich. »In Ordnung«, sagte sie. »Unser geflügelter Freund mußte das Schlafzimmer ohne Hosen verlassen, und jetzt fehlt ihm das Geld fürs Taxi.« Sie blickte über die Halle hinweg, die von den ungleichmäßig verteilten Schächten in geisterhaft
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