Die dunkle Seite des Ruhms
übernahm Ballister so selbstverständlich, wie er auch bei ACF das höchste Gehalt aller Mitarbeiter kassierte. Bis auf einen. Und das war etwas, worüber man nicht bei ACF sprach, weil man kein journalistisches Denkmal ankratzen wollte.
»Seid ihr fertig mit eurem Gemecker?« fragte Ballister in die Runde. »Gut! Dann schlage ich vor, wir sollten darüber mal mit Felicitas sprechen!«
»Das mußte kommen!« stöhnte Hunters. Er zündete sich eine dicke Zigarre an, nachdem er die Spitze einfach abgebissen und zur Seite gespuckt hatte. »Jérome, Ihr Wunderkind Saunders kann zwar vieles, aber bei Khalif holt es sich 'ne wunde Zunge! Dieser Saud ist kein Sadat oder Fidel Castro, kein Khadafi oder Breschnew …«
»Aber Felicitas ist eine Frau!«
»Zugegeben, ein Prachtweib!« Hunters lachte feist. »Aber dieser Prinz aus der Wüste ist selbst mit schönen Frauen nicht mehr zu ködern! Auch da kann er genug anbieten aus eigener Kellerei! Jérome, die Saunders wird Ihnen etwas pfeifen, wenn Sie mit diesem Vorschlag kommen. Es wäre ihre erste Niederlage, und Felicitas ist keine Frau, die Niederlagen klaglos einsteckt.«
»Ich habe bereits mit ihr gesprochen!« sagte Ballister ruhig. »Sie will es versuchen.«
»Das soll sie mir selbst sagen!« rief Hunters. »Jérome, Sie bluffen!«
»Felicitas wartet in meinem Zimmer. Sie ist bereit, Ihnen das zu erklären. Allerdings kostet das 100.000 Dollar extra.«
»Abgeblasen!« sagte Hunters grob. »Nun spinnt auch die Saunders! Bekommt sie nicht jetzt schon mehr als drei US-Präsidenten zusammen? Ich ziehe die Bremse!«
»ACF wäre die einzige Gesellschaft der Welt, die ein Interview mit Prinz Khalif hat«, fuhr Ballister unbeeindruckt fort. »Und sie wird die einzige bleiben. Das bedeutet, daß wir das Interview in die ganze Welt verkaufen können. Das bedeutet, daß ACF bei den Zuschauern immer beliebter wird …«
»Hunderttausend!« knurrte Hunters bissig. »Die Saunders soll aufm Teppich bleiben!«
»Soll sie das Interview an ABC verkaufen?«
»Jérome, Sie erpressen Ihre eigene Firma!«
»Ich sage nur, was jeder von uns sowieso schon weiß: Felicitas wird Prinz Khalif interviewen, nur sie kann das, und sie wird dann einen Preis nennen, der allen die Hosen runterzieht. Besser ist demnach, sie von uns zu beauftragen mit 100.000 Dollar Spesen.«
»Es ist zum Kotzen mit diesen Journalisten!« sagte Hunters und nagte an seiner langen Zigarre, statt an ihr zu ziehen. »Sie nutzen schamlos aus, daß sie keine Hemmungen haben! Wofür man andere Sterbliche verachtet, bekommen sie goldene Berge nachgeschoben! Also gut, Jérome, lassen Sie Felicitas kommen! Aber ich verspreche Ihnen, mit der mache ich einen Spezialvertrag! Wenn sie Khalif nicht vor die Linse bekommt, zahlt sie mir 100.000 Dollar!«
Felicitas Saunders muß man kennen, um alles zu verstehen, was noch über sie zu sagen ist. Mit 37 Jahren war sie bereits eine Witwe mit einer 17jährigen Tochter, die Rosa hieß. Über den Tod ihres Mannes Bob sprach sie nicht gern – man wußte nur, daß er Captain der Army gewesen und in Vietnam geblieben war. Es mußte ein nachhaltiger Schock für sie gewesen sein. Obwohl sie als eine der wenigen weiblichen Schönheiten galt, die es nicht nötig hatten, die Kosmetikindustrie täglich zu bereichern, mit Ausnahme der Haare, die sie sich in einem Kastanienton färben ließ, ein Rotbraun, das nur in der Sonne wie Kupfer aufleuchtete und dann unvergeßlich blieb, obgleich sie vom Figürlichen her ein Ideal an Proportionen verkörperte und ihre ganze Ausstrahlung eigentlich nur eine Lockung war, gab es nach Bobs Tod keinen Mann, der sich rühmen konnte, mehr bei ihr erreicht zu haben als einen freundschaftlichen Kuß auf die Wange. Hunters nannte sie die ›erotischste Nonne‹ und fragte sich immer wieder, warum gerade Jérome Ballister mit der Saunders so gut auskam. Ballister war im Aussehen ein Durchschnittsmensch, durchaus nicht ein Mann mit markanten Zügen, eckigem Kinn und Superman-Manieren, er spielte Golf statt Football, trank Wein statt Whiskey und fuhr sonntags nicht zum Sportplatz, sondern ins Grüne, um zu angeln. Aber irgendwie mußte er die Frauen anziehen, das war das Rätsel. Vor neunzehn Jahren hatte er Lora geheiratet, den Chanson-Star der Konkurrenz ACI, Lora Buster, die sich jeden Mann aussuchen konnte, und es gab genug, die sich mit Scheckbüchern und Kontenauszügen vorstellten. Aber nein, sie heiratete Ballister, und was erstaunlich, ja geradezu
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