Die dunkle Seite des Ruhms
Darkster verzieh nicht. Er wartete vom 10. bis zum 15. und als das Geld nicht auf dem Postscheckkonto war, betrachtete er das als den Beginn einer Weigerung. Um jedem Versuch eines Aussteigens vorzubeugen und in aller Schärfe zu erklären, daß man mit ihm nicht spielen könne, rief er bei Felicitas Saunders an.
Sehr verwundert war er deshalb, als sich eine Männerstimme meldete und fragte: »Was ist los?«
»Wer sind Sie?« fragte Darkster zurück.
»Das geht Sie einen Dreck an!« sagte Cummings nicht sehr höflich. »Sie haben angerufen und müssen Ihren Namen nennen.«
»Ich muß einen Scheiß!« rief Darkster erregt. »Holen Sie Mrs. Saunders.«
»Nein!«
»Es ist wichtig.«
»Nichts ist wichtig von einem, der seinen Namen nicht nennt!«
»Wie Sie meinen, Sie Clown!« Darkster kochte vor Wut. »Bestellen Sie Mrs. Saunders, Sie hätte etwas vergessen! Wenn das morgen nicht da ist, kommt die Stunde Null!«
»Ah, du bist es, du Sauhund!« sagte Cummings zufrieden. »Du Kassier! Nun hör einmal zu: Keinen Cent bekommst du mehr! Wenn du was haben willst, komm her und hol es dir.«
»Du weißt nicht, wovon du sprichst!« sagte Darkster heiser. »Wenn ich auspacke, dann …«
»Pack aus, du Sau!«
»Deine Mrs. Saunders ist erledigt!«
»Wer's glaubt, kann sich bepinkeln!« sagte Cummings fröhlich. »Halt die Schnauze, Junge, und such dir eine andere Kuh, die du melken kannst.«
Darkster legte mit zuckendem Gesicht auf. Auch Cummings warf den Hörer hin, weil Rosa gerade aus dem Garten kam vom Tennistraining. Sie übte Schläge gegen eine federnde Wand.
»Wer hat da angerufen?« rief sie. »Mami aus Moskau?«
»Nein«, sagte Cummings. »Ein Idiot, der sich Schauspieler nannte. Er wollte bei Felicitas Saunders vorsprechen. Den Mortimer aus Maria Stuart.«
»Bei Mami? Verrückt!«
»Sage ich ja. Ich habe ihn ans Studio, an Pemm, verwiesen.«
Sie lachten beide, breiteten die Arme aus und fielen sich um den Hals. Ihre Liebe war immerdar und unkompliziert.
Am Abend des dritten Tages ihres Moskauaufenthaltes – sie hatten Breschnew noch nicht sprechen können, dafür aber einen Empfang in der Amerikanischen Botschaft hinter sich und einen Ausflug zum Kloster Sagorsk, was zu jedem Besucherprogramm gehört – rief zuerst Hunters an. Seine Stimme klang belegt, als läge dick Staub auf seinen Stimmbändern.
»Komm sofort zurück, Jérome!« sagte er. »Hier ist ein tolles Ding passiert! Nimm die nächste Maschine.«
»Was ist denn los?« Ballister sah erstaunt Felicitas an, die ihr Ohr auf der anderen Seite gegen den Hörer drückte. Sie war schon ausgezogen und trug nur einen winzigen Slip. »Sind wir pleite?«
»Komm sofort!« stöhnte Hunters. »Am Telefon kein Kommentar! Felicitas soll in Moskau bleiben und das Interview machen. Aber du mußt sofort kommen!«
»Bist du betrunken?« fragte Ballister.
»Verdammt! Flieg los!« schrie Hunters. »Das ist jetzt dienstlich! Ich will, daß du sofort zurückkommst!« Mit einem Ächzen warf Hunters den Hörer hin.
Zehn Minuten später – Ballister erklärte Felicitas gerade, Hunters müsse total übergeschnappt sein, vielleicht sei ihm sein neues Püppchen weggelaufen, rief Dr. Meyer an. Seine Stimme war nicht erregt, sie war eher kühl und abweisend.
»Ballister, es ist notwendig, daß Sie kommen!« sagte er. »Vor zwei Stunden wurde ich zu Ihnen gerufen, von ihrem Hausmädchen. Mit Lora stimme etwas nicht. Ich komme hin, und sie liegt im Bett. Neben ihr liegt ein Foto, eine Vergrößerung. Der Brief wurde, wie man mir sagte, vor einer Stunde von einem kleinen Jungen abgegeben. Soll ich Ihnen sagen, was das Foto darstellt?«
»Nein!« sagte Ballister tonlos. »O dieses Schwein!«
»Ich habe das Foto sofort an mich genommen, ehe andere es sehen.«
»Danke, Doktor.« Ballister schluckte mehrmals. »Was sagt Lora dazu?«
»Nichts.« Dr. Meyer machte eine kurze Pause. »Man hat es geschafft. Lora ist tot.«
XII
Ballister nahm das nächste Flugzeug nach New York und ließ Felicitas mit dem Kamerateam allein in Moskau. Am übernächsten Tag sollte im Kreml das Interview mit Breschnew stattfinden. Eine Verschiebung oder gar Absage war unmöglich, man hätte nie wieder die Erlaubnis bekommen, ein neues Gespräch zu vereinbaren. Felicitas sah das ein, aber sie war durch Loras Tod geschockt.
»Es ist meine Schuld«, sagte sie immer wieder. »Irgend etwas muß mit der letzten Überweisung passiert sein! Aber ich schwöre dir, Jérome, ich schwöre es dir:
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