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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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frösteln.
    Ein einzelner Besucher löste sich aus der Menge. Der Mann zündete sich eine Zigarette an und blieb stehen, nicht weit von Henryk entfernt. Tabakduft streifte Henryks Nase. Erregung glomm in ihm auf. Er erkannte den Mann. Peter Baeskens, Kunstkritiker, Mäzen und Sammler.
    Henryk fragte sich, ob Baeskens es wohl als Zudringlichkeit empfand, wenn er ihn jetzt ansprach. Die Gelegenheit war günstig, der berühmte Mann stand allein. Dann ging ihm auf, wie unsinnig seine Bedenken waren. Er war der Künstler, das war seine Vernissage. Baeskens würde ihn wohl kaum zurückweisen, wenn er ihn persönlich begrüßte. 
    Henryk lächelte in die Dunkelheit. Gerade als er sich in Bewegung setzen wollte, drehte Baeskens sich um und schnippte den Zigarettenrest in den Schnee. Für einen Lidschlag glaubte Henryk sich entdeckt. Er spürte den fremden Blick auf sich ruhen und hielt den Atem an. Aber der Mann wandte sich ab und schlenderte zum Eingang. Henryk sah ihm nach.
    Schließlich, mit einem Ruck, fuhr er herum und eilte auf seinen eigenen Fußspuren zurück ins Gebäude.
    Er drängte sich an einem Kellner vorbei in die Ausstellungsräume. Wärme schlug ihm entgegen und grelles Scheinwerferlicht. Er tauchte in eine Wolke aus Stimmen und Gelächter. Parfüms mischten sich mit den Farbdünsten. Die Beklommenheit war wieder da, das Gefühl, nackt von einer feindseligen Menge umringt zu sein. Er war kein geselliger Mensch. Jemand rief seinen Namen.
    Henryk blieb stehen.
    Er entdeckte den untersetzten Mann, der sich durch die Gäste drängte, ein vertrautes Gesicht, und spürte, wie ein Teil seiner Anspannung nachließ.
    „Professor Lauwaert!“ Er ergriff die Hand, die der Mann ihm entgegenstreckte.
    „Habe ich’s dir nicht gesagt? Habe ich? Wenn einer es schaffen kann, dann du.“ Lauwaert kicherte. „Jede Menge Prominenz hier, was? Ich bin stolz auf dich, so stolz. Wenn du reich und berühmt bist, kannst du ja allen erzählen, dass du mal bei mir studiert hast.“
    Plötzlich verlegen, musterte Henryk die Knöpfe auf Lauwaerts Jacke. „Wie finden Sie die Ausstellung?“
    „Vielversprechend bisher.“ Lauwaert nippte an seinem Glas. „Es ist gut, dass Peter Baeskens gekommen ist. Habt ihr euch schon bekannt gemacht?“
    Gelächter weckte Henryks Aufmerksamkeit. Er drehte den Kopf und erfasste ein paar Gäste, die im Halbkreis vor einem Bild standen.
    „Was ist?“
    Er zuckte zurück. „Nichts. Ich dachte nur ...“
    Lauwaerts Blick glitt über die Gruppe. „Du machst dir zu viele Gedanken. Stellst schon wieder alles in Frage, was?“
    Henryk antwortete nicht.
    „Das ist dein Abend. Verhoeven findet deinen Stil erfrischend. Kein Mainstream jedenfalls. Man kann das lieben oder hassen, aber wenn einer den richtigen Anfang macht, werden sie es lieben.“
    „Wie Peter Baeskens?“
    „Genau.“ Der Professor schlug ihm leicht auf den Rücken.  „Jetzt geh und kümmere dich um deine Gäste.“
    Henryk wollte noch etwas sagen, doch Lauwaert hatte sich bereits abgewandt. Er fühlte die Blicke der umstehenden Besucher auf sich ruhen. Nervös strich er sich eine Haarsträhne aus der Stirn, dann packte er ein Glas, um seine Hände zu beschäftigen. Er steuerte in Richtung Foyer und fing Gesprächsfetzen auf, Gesten, unbekannte Gesichter.
    Er driftete weiter und erspähte Verhoeven mit einem Fotografen.
    „Herr Grigore?“
    Henryk stoppte mitten im Schritt.
    Eine Frau in einem eleganten schwarzen Kostüm lächelte ihn an. Als sie ihm die Hand reichte, bemerkte er das Presseschild an ihrem Revers. „Haben Sie Zeit für ein kurzes Interview?“
    „Ein Interview?“ Er hörte sich selbst wie durch Watte. Der Akzent beeinträchtigte seinen Redefluss, wie immer, wenn er aufgeregt war. „Gleich hier?“
    „Es geht ganz schnell.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Nur ein paar Fragen.“ Sie dirigierte ihn aus der Menge heraus in eine Ecke und schaltete ein kleines Aufnahmegerät ein. „Mein Name ist Isabel Mahieu, ich bin freie Redakteurin. Sollen wir anfangen?“
    Sie trug vier oder fünf Ringe, ihre Fingernägel waren glänzend poliert. Vom Eingang wehte kalte Luft in den Raum.
    „Ihre Ausstellung läuft unter dem Titel Metamorphosen . Was bedeutet das?“
    „Das ist – “ Henryk zögerte. Der Vorschlag stammte von Verhoeven. Er hatte geahnt, dass das keine gute Idee war. Verhoeven sollte jetzt hier stehen, nicht er. Aber Verhoeven war nirgends zu sehen.
    „Es geht um Veränderung.“ Er sprach zu schnell.

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