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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Gestalt aus der Wunde, ein muskulöser, behaarter Dämon in einem billigen Anzug, mit wölfischer Schnauze und ebensolchem Gebaren. Ich hatte ihn schon mal gesehen, wenn ich auch nicht drauf kam wo – ein unangenehmer Kerl namens Howlingfell. Normalerweise tauchten bei dieser Art Routinearbeit auf neutralem Terrain keine Leibwächter auf. Ich fragte mich, warumAnkläger Grasswax Schutz zu benötigen glaubte. So wie Howlingfell nach allen Seiten witterte, schien er im Dienst. Komisch. Sein Chef schien ihn gar nicht zu beachten.
    Von weitem sah der Ankläger Grasswax ziemlich menschlich aus, doch aus der Nähe erkannte man, dass die Schatten unter seinen Wangenknochen in Wirklichkeit kiemenartige Schlitze waren, durch die man die darunter liegenden Muskeln arbeiten sah, und dass sein kurzgeschnittenes Haar eher etwas von Borsten oder gar Fischschuppen hatte. Und diese Schlangenaugen hätte auch niemand für menschlich gehalten. Wie ich dem Jungen schon erklärt hatte: Unsere Gegner treten gern einschüchternd auf.
    »Guten Abend, die Herren«, sagte Grasswax und zeigte seine ausnehmend langen, regelmäßigen Zähne. »Wer steht gegen mich? Doloriel?« Sein Lächeln verzog sich am einen Ende ein wenig nach oben. »Das wird ja ein besonderer Leckerbissen …«
    »Ich«, sagte Sam.
    »Ah, Sammariel.« Er nickte. »Habe Sie seit Thanksgiving nicht mehr gesehen. Das waren doch Sie, oder? Bei dem Mann mit dem Messer?«
    »Elektrotranchiermesser«, erklärte Sam mir und dem Jungen, der herübergekommen war, um seine ersten echten Dämonen zu sehen, jedenfalls ließ sein großäugiges Starren darauf schließen. »Hat seine ganze Familie erledigt.«
    »Überaus gründlich.« Grasswax rieb sich die Hände. »Fangen wir an?«
    »Sind Sie schon informiert?«, fragte ich.
    »O ja, umfassend.« Der Ankläger griff in die Tasche, zog etwas heraus, das so groß war wie eine fette Spinne, aber längst nicht so ansprechend, und hielt es an einem beschuppten Bein hoch – die Höllenversion eines Schutzengels. »Mrs. Martinos Kontobetreuer hat mich über sämtliche Details unterrichtet.«
    Während Sam und der Ankläger einen Richter riefen, zog ichden Jungen beiseite, um ihm noch mal die Regeln zu verklickern (hauptsächlich, damit er nichts Dummes machte). »Okay, du bleibst hier stehen und hörst genau zu. Es geht hier um die Seele der Lady, und das ist unser wichtigster Job, klar? Wenn du irgendwas tust, was unserer Sache schadet, reiße ich dir deinen Heiligenschein runter und schlage dich damit grün und blau. Verstanden?«
    Clarence nickte, noch immer mit weit aufgerissenen Augen.
    »Weil wir hier nämlich gegen die Hölle antreten und weil dieser Gegner lügt und betrügt und jede Tatsache bis zum Gehtnichtmehr verdreht. Deshalb haben wir genau festgelegte Vorgehensweisen. Wir können es uns nicht leisten, wütend zu werden. Kapiert?«
    Wieder ein Nicken, mit einer Spur von Ungeduld. Ich hasse Neulinge.
    »Aber das Allerwichtigste, Junge, trau nie der Gegenseite.«
    »Denen trauen? Soll das ein Witz sein …?«
    »Es ist nicht alles so leicht zu durchschauen. Denk einfach dran, was Onkel Bobby gesagt hat, dann bist du auf der sicheren Seite.« Ich hatte nämlich, was ich ihm nicht sagte, selbst jeden nur denkbaren Fehler gemacht. Und ich hatte diese Fehler nur mit viel Glück überlebt. »Wenn ein Dämon den Mund aufmacht, lügt er. Punkt. Wenn du irgendwas anderes glaubst, werden sie deinen letzten Gehaltsscheck auf Asbest drucken müssen, weil es nämlich da, wo du dann bist, sehr heiß ist …«
    In dem Moment erschien Richter Xathanatron wie Wetterleuchten.
    Es ist ein bisschen sehr intensiv, erstmals mit anzusehen, wie sich ein Fürstentum manifestiert, was einer der Gründe war, warum ich den Jungen beiseite genommen hatte. Nach meiner ersten Begegnung mit einem Richter klangen mir wochenlang die Ohren, von den tanzenden Lichtflecken ganz zu schweigen. Die wichtigen Engel sind … hell. Überwältigend. Schön. Aberauch ganz schön beängstigend. So beängstigend, dass selbst der Frömmste noch mal drüber nachdenkt, ob er wirklich eines Tages den Höchsten sehen will.
    Man konnte in diesem Gleißen nicht wirklich ein Gesicht oder auch nur eine klare Gestalt ausmachen, es war, als hätte jemand einen Christbaumengel aus brennendem Magnesiumdraht gebastelt, aber ich wusste, dass es Xathanatron war, weil … na ja, ich wusste es eben. In Gegenwart der Fürstentümer nimmt man das wahr, was sie von sich wahrgenommen haben

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