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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wollen, und mehr auch nicht. Aus eigener Erfahrung konnte ich sagen, dass Xathanatron auf altmodische Art streng, aber unerschütterlich gerecht war. Sam würde nicht beschissen werden, aber ihm würde auch nichts in den Schoß fallen.
    Ich postierte mich zwischen Clarence und Howlingfell – der Junge sah aus, als würde er sich in die Hosen machen, wenn er neben dem Dämon stehen musste. Mrs. Martino trat zu uns, sodass wir ein vierköpfiges Publikum bildeten. Ihre Augen waren jetzt trocken, ihr Gesicht feierlich ernst, aber ich merkte, dass sie schwer darum rang, Fassung zu bewahren. Wieder konnte ich ihr meine Bewunderung nicht versagen. Ich hoffte, dass wir ihr helfen konnten.
    »Warum sind hier so viele von euch Flattermännern?«, knurrte mir Howlingfell ins Ohr. »Das ist nicht normal.«
    »Ich habe läuten hören, Sie würden das ›Ave Maria‹ singen.«
    »Ich würde Ihnen den Arsch abfressen, meinen Sie wohl.« Normalerweise hat die Hölle ja die besten Comedians, aber offensichtlich nicht immer.
    »Was passiert jetzt?«, flüsterte unser Neuling in mein anderes Ohr.
    »Was schon? Ankläger Grasswax wird versuchen, den Richter davon zu überzeugen, dass Mrs. Martino direkt in die Hölle zu wandern hat – gehe nicht über Los, ziehe keine zweihundert Dollar ein. Unser Mann Sam wird dafür plädieren, dass ihr Platzim Gegenteil am Busen des Höchsten ist.« Ich sah verstohlen zu der verängstigten, stummen Seele hinüber, von der die Rede war. »So läuft das. Haben sie dir denn gar keine Einführung gegeben?«
    »Ich hatte wenig Vorlauf.« In Clarences Gesicht stand jene Mischung aus Abscheu und Faszination, mit der heimliche Christen zugesehen haben mögen, wie ihre bekennenden Glaubensbrüder von den Löwen der Römer gefressen wurden. »Sie haben mich einfach … hergeschickt.«
    Ihn hergeschickt, um das zu tun, was doch angeblich der wichtigste Himmelsjob war, nämlich Menschenseelen vor der Gegenseite zu erretten – ohne irgendeine Ausbildung? Komisch, oder? Äußerst. Ich schob diese merkwürdigen Gedanken erst mal beiseite, um mich später damit zu befassen.
    Grasswax war schon voll in Aktion, stolzierte vor dem gleißenden Richter auf und ab wie ein Kobold, der vor einem Feuer tanzt, und stach mit seinen langen, spitzen Zeigefingern in die Luft, während er in allen dramatischen Details jeden kleinlichen Gedanken, jedes unfreundliche Wort und jedes soziale Fehlverhalten schilderte, deren sich die arme alte Mrs. Martino jemals schuldig gemacht hatte. Viel Munition schien der Ankläger nicht zu haben, aber immerhin erwähnte er, dass sie einmal wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen worden war.
    »Ihr Mann hat sie auf einer Party sitzenlassen und ist woanders hingegangen, Euer Ehren«, sagte Sam. »Wahrscheinlich mit einer anderen Frau, Euer Ehren. Ihr Alkoholkonsum war doch eindeutig nur ein Irrtum.«
    »Ach ja, ein Irrtum.« Grasswax warf dem nahezu gesichtslosen Leuchten des Richters einen bedeutsamen Blick zu. »Von dieser Art Irrtum werden wir noch etliche erörtern.«
    »Das kann stundenlang so weitergehen«, sagte ich leise zu Clarence. »Bist du sicher, dass du dabei sein willst? Wir könnten einen Kaffee trinken gehen.« Ich sah ihn zu Mrs. Martino hinüberschauen.»Sie nicht, dummer Junge. Sie ist tot. Sie kann nicht mit uns Kaffee trinken.«
    Er schüttelte störrisch den Kopf. »Ich will zuschauen.«
    Ich zuckte die Achseln. »Bitte.«
    Es ging tatsächlich stundenlang weiter. So würden Sie’s ja auch wollen, wenn es Ihre Gerichtsverhandlung wäre, oder? Wenn Ihr ganzes Leben saldiert, Ihr Schicksal für die Ewigkeit durch ein unumstößliches »Schuldig« oder »Nicht schuldig« entschieden würde?
    »Scheint ein ziemlich … schlichtes Verfahren …«, sagte der Junge, während er Sam bei der Arbeit beobachtete. Grasswax war jetzt zu großkalibrigerer Munition übergegangen: verbale Grausamkeit, religiöse Heuchelei, ja sogar Bagatelldiebstahl (sie hatte mal bei einem Wohltätigkeitsevent ihrer Kirche zwanzig Dollar mitgehen lassen, weil sie sonst nicht das Geld gehabt hätte, nach Hause zu kommen). Dann schloss Grasswax noch eine Kette minderer Sünden an, die bis in Mrs. Martinos Kindheit zurückreichte. Sam nahm die Anschuldigungen, wie sie kamen, und machte jeweils durch ein Kopfschütteln oder ein verächtliches Schnauben deutlich, was er von solchem Kleinkram hielt. Mein Kumpel war immer schon der Typ solider ländlicher Anwalt, gemächlich und bedächtig. Ich halte das auch

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