Die Durchschnittsfalle (German Edition)
eines Problems ist per se die größtmögliche Belohnung, die es gibt. Und der Weg dorthin ist die intrinsische Motivation. Beim Wissenschaftler habe ich davon gesprochen: Man beschäftigt sich mit einer Frage einfach nur, weil man die Antwort wissen will. Das Ziel ist Sinnerfüllung, Perfektion und Selbstbestimmtheit. Das sind die größten Belohnungen, die dem Menschen zuteilwerden können.
Es muss wieder „in“, „cool“, „erstrebenswert“ werden, anders zu sein und hart und viel an der Perfektionierung einer Sache zu arbeiten. Dadurch kann ein kumulativer Flow-Zustand in unserer Gesellschaft entstehen, der uns zukunftsfähig macht.
Vertrauen ist nicht teuer
Wenn ich zehn Naturwissenschaftler oder etwa zehn Musiker vor mir habe, alle zu jung und noch zu unerfahren, um schon die Leistung bringen zu können, die den vielleicht bei Ihnen vorhandenen Leistungsvoraussetzungen entsprechen würde – wen soll ich fördern? Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze. Der eine viel zu häufig vorzufindende Ansatz: Ich fördere sicherheitshalber keinen. Schließlich kann es ja sein, dass es nur ein Einziger wirklich zum heiß ersehnten Erfolg, zur Spitzenleistung bringt. Und was, wenn es keiner schafft? All das kostet zu viel Geld in Relation zum erzielten Resultat? Gerade bei Wissenschaftlern führte diese Einstellung noch vor kurzer Zeit sehr häufig dazu, dass sie ins Ausland gegangen sind, wo ihre Unterstützung vielleicht besser war. Dort, wie etwa in den USA, galt einmal die Regel, man sollte am besten zumindest am Anfang viele fördern. Natürlich muss man schnell feststellen, wer davon bereit ist, viel dafür zu geben. Selbstverständlich braucht es klare fachspezifische Bewertungen der Leistungsvoraussetzungen und der Bereitschaft, wirklich alles dafür zu tun. Das ist überall so. Der Unterschied bei diesem zweiten Ansatz ist eigentlich nur der Beginn. Hier hört man aber oft das Argument, dass man es sich nicht leisten kann, mit vielen, mit allen zu starten. Das sei zu teuer.
Ich glaube, es wird uns viel teurer zu stehen kommen, wenn wir durch diese Vorgehensweise eine Vielzahl von Talenten verlieren, die einfach nie die Chance erhalten haben, sich zu beweisen, sich selbst zu überprüfen. Bei aller intrinsischen Motivation: Ein Pianist braucht ein Klavier und ein Molekularbiologe ein Labor. Vielleicht nicht gleich morgen, aber mit Sicherheit übermorgen würden wir den dann viel höheren Preis der Verschwendung beziehungsweise Nichtentdeckung unserer Talente bezahlen.
Die Motivation, aus der Reihe zu tanzen
Der eben gefährliche Durchschnitt
Das Streben nach dem bequemen Durchschnitt, das Kategorisieren und das ewige Vergleichen großer Vergleichsgruppen muss bereits im Kindergarten, in der Schule, an den Universitäten, in der Wirtschaft, in allen Berufszweigen bekämpft werden. Eine Jugend, die sich vor dem Anderssein und vor harter Arbeit fürchtet, wird wenige Antworten auf die Fragen der Zukunft entwickeln können. Hat sich diese Angst einmal beim Kleinstkind festgesetzt, ist es sehr schwer, sie wieder loszuwerden. Unsere Kinder haben diese Angst sicher nicht in ihren Genen! Wir als Gesellschaft haben vielleicht versagt, indem wir ihnen Anpassung, Mitläufertum, ja den Durchschnitt viel zu oft vorgelebt haben. Es sind nicht unsere Gene, es sind unsere Meme, die unseren Kindern die Verherrlichung des Einer-von-vielen-zu-Sein in die Wiege gelegt haben. Ein bequemes Leben, ein ruhiges Leben, ein unauffälliges Leben ist doch auch für den Einzelnen nicht wirklich erfüllend, so es da nicht noch mehr gibt. Aber Eltern, Schulen, Betriebe lieben viel zu oft unauffällige Kinder, Schüler, Mitarbeiter. So wenig es für den Einzelnen doch eigentlich erstrebenswert sein kann, so gefährlich ist es für uns alle, weil es keine Spitzenleistungen fördert oder fordert und daher keine Antworten für die Zukunft parat hält.
Der österreichische Physiker von Weltruf Prof. Anton Zeilinger hat einmal bei einem gemeinsamen Kongress, wo es auch um Zukunftsfragen gegangen ist, zu mir gesagt: „Die bestbezahlte Berufsgruppe eines Landes sollten seine Pädagogen sein.“ Und er hat recht. Eltern und Lehrer, schon ab dem Kindergarten, müssen den nächsten Generationen die Angst vor dem Anderssein und davor, durch vollen Einsatz Perfektionierung in einer bestimmten Sache zu erzielen, nehmen. Sie müssen (neben anderen) außerdem ihren Beitrag dazu leisten, das Werkzeug zur erforschen, das wir brauchen werden, um in
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