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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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1
    Mein Finger lag auf dem Kippschalter der Nachttischlampe und weil es draußen dunkel war, dachte ich an Gott. Natürlich hatte die Sache einen Haken und draußen war es längst hell. Die Welt rumorte vor meinem Rollladen, ich hörte sie hupen und husten, es musste schon nach zehn sein, denn die Abgase der Autos kamen durch die Ritzen gekrochen, ich rümpfte die Nase und nahm den Finger vom Kippschalter.
    Es war Samstag und daran konnte auch der liebe Gott nichts ändern. Es war der Tag nach Freitag und an Freitagabenden begab ich mich in die Kneipe »Herkules«, um mein Bier mit den Honoratioren des Viertels zu trinken, dem Metzger, dem Bäcker, dem Fliesenleger, dem Inhaber einer »Beschriftungen aller Art« verheißenden Existenzgründerklitsche, und warum die Kneipe »Herkules« heißt, ist schnell erklärt. Der sie betreibt, heißt Herkel. Man hätte die Kneipe also entweder »Ferkel« oder »Herkules« nennen können, beides hat irgendwie mit griechischer Mythologie zu tun. Oder »Heike«, was wenigstens griechisch klingt, finde ich. Doch wer sagt schon »Heike« zu seiner Kneipe? Na, ich hätte es vielleicht getan, denn eine Heike liebte ich einst. Schwamm drüber. Schwamm über alles.
    Übers Gesicht. Später unter der Dusche, noch immer hielt meine Wohnung die Illusion von »Nacht« oder »früher Morgen« aufrecht, dabei war es früher Morgen gewesen, als ich heimgekehrt war, nach gewissen nicht mehr zu ermittelnden Ereignissen, die mir nicht einfallen würden, ich konnte denken was ich wollte, ich wollte aber überhaupt nicht denken. Ich erinnerte mich an des Bäckers herausgeprustete Mutmaßung, da neben der Laterne stehe ein herrenloser Koffer, das sei sofort dem Innenminister zu melden, der schicke dann die Bundespolizei. Es war kein herrenloser Koffer, es war nur ein Betrunkener. Das merkte man, wenn man dagegentrat, denn Koffer fluchen nicht, sie explodieren höchstens. Es klang wie »Leck mich am Arsch« und war, wenn der wirklich »Leck mich am Arsch« gesagt hatte, das rhetorische Highlight einer stundenlangen Konversation, deren kulinarischer Höhepunkt wie immer die frische und noch dampfende Fleischwurst des Metzgers gewesen war, von diesem aus der nahen Wurstküche geholt, wo der faule Geselle sie kochte – es musste halb vier gewesen sein – und ohne Brot verzehrt, denn der Bäcker war schon gegen Zwei gegangen, sein Handwerk wollte es so und niemand hatte Lust, die drei Straßen zur Bäckerei zu gehen, um warme Wecken für die Wurst zu erbitten. Lothar, der Wirt, kokettierte mit altbackenem Brot, wir lehnten dankend ab.
    Über was wir sprachen? Über alles. Wir sprachen über »die Lage«, selbstverständlich sprachen wir über sie und hatten uns, auch normal, wieder gestritten. »Die Lage« sei wie immer (darin waren wir uns einig), also zufriedenstellend oder katastrophal oder undurchschaubar oder »doch wohl klar«. Darin unterschieden sich die Meinungen, aber das war, noch einmal, normal gewesen. Gegen zwölf hatten wir, auch wie immer, sowieso alles wie immer, unsere Weltvernichtungsphantasien, aushungern müsse man das Pack, nein, endlich mal die Atombomben einer nützlichen Verwendung zuführen, schade ums Viehzeug, schade um den schönen Planeten. Wir sind Humanisten und plädierten für schmerzfreie Selbstausrottung, einfach mal überall den Strom abschalten, dann erfrieren sie, geht schnell und macht keine Unordnung, eh keiner mehr da, der den Dreck weg kehrt . Gegen Eins hatten wir auch diesen Punkt abgehakt und besprachen die käuflichen Frauen unseres Viertels, ein paar Thais und ein paar aus dem Osten, aber nein, wir blieben sitzen und sparten unser Geld, Kopfkino hatte einfach ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.
    Es war Viertel vor zwölf, keine vier Stunden Schlaf lagen hinter mir, aber ich schlafe nie lange, wenn ich betrunken bin. Ich begab

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