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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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ER doch den Fall klären!«, zischte ich. Marxer lächelte. »Ich habe eine bessere Idee. Du versuchst den Fall auf deine Art zu lösen und ich versuche es auf die meine. Bist du damit einverstanden?«
    Ich nickte grimmig und wusste sofort, dass ich im Begriff war, einen schweren Fehler zu begehen.

96
    Wir ließen Sonja Weber in Oxanas Obhut zurück. Morgen sollte sie ihren Job in der Buchhandlung antreten, was aber nicht ratsam schien. Wieder war es Marxer, der die Pluspunkte sammelte: »Ich kenne den Chef von denen, das bieg ich schon hin. Mach ich halt ne Gratislesung bei Schiller Sells.« Man war nun fast geneigt, einen Antrag auf sofortige Heiligsprechung des Dichters beim Vatikan zu stellen.
    Deshalb überraschte es mich, als Hermine auf dem Heimweg ein erfreuliches »Dieser Marxer ist ein arrogantes Arschloch« postulierte. Wir hatten uns von Borsig getrennt, der auf Regitzens Fährte schnüffeln wollte. Und wieder einmal verstand ich das Rätsel Frau nicht. »Ey, vorhin hast du ihn noch bewundert!«, erinnerte ich Hermine, sie zuckte nur leicht mit den Schultern. »Na und? Das war spontan, weibliche Euphorie halt. JETZT aber denke ich. Ist eben anders als bei Männern, die denken zuerst und haben dann nix mehr, an dem sie sich freuen können.«
    Ich brachte Hermine nach Hause und kam in den Genuss einer schnellen Mahlzeit aus tiefgekühlten Buletten, ebenso eisigem Mischgemüse und Kroketten, alles in der Mikrowelle auf Zimmertemperatur erwärmt. Unsere Juniorpartner waren abwesend, was uns zupass kam. Sie wussten noch nichts von Habichts Tod und wir sahen uns nicht in der Verfassung, es ihnen mitzuteilen.
    »Und was passiert jetzt?«, wollte Hermine wissen. »Lydia Gebhardt, wer sonst.« »Aha«, lachte sie, »wie von Marxer vorgeschlagen.« Ich brummte »Stand eh auf meiner Agenda. Es geht um ihren Bruder, der ja etwas mit Sonja Weber hatte, der heute Morgen« – ich wagte es kaum auszusprechen – »äh... nach dem Leben getrachtet wurde.« Schon wollte Hermine ein spöttisches »Aha, auch Marxers These!« herauslassen, als ich, sehr spontan, fast wie eine Frau also, hinzufügte: »Und ich möchte endlich herausfinden, wer sich hinter dem mysteriösen Kompagnon Lonig verbirgt.« »Oh«, machte Hermine, »den hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm.« »Marxer auch nicht«, feixte ich, »er kann halt keine Krimis mit mehreren Unbekannten, wie damals im Matheunterricht."
    Dennoch nahm ich die neue Konkurrenz ernst und so sehr ich Sonja Weber an einem sicheren Ort wünschte, so wenig traute ich Marxer über den Weg. Saß er doch praktisch an der Quelle und konnte aus Sonja Informationen herausschleimen, die mir dann fehlten. Und was war von seinem Vorschlag zu halten, uns bei Facebook zu vernetzen? »Soziale Netzwerke sind das große Ding, schnelle Information und Kommunikation, effiziente Öffentlichkeitsarbeit. Seit ich meinen Account dort habe, kaufen selbst Menschen meine Bücher, die noch nie eins gelesen haben.« Wieder eine Gelegenheit, solche Menschen zu bewundern.
    Mir hatte sich der Magen bei dem Gedanken zusammengezogen, wildfremde Gestalten, die mir irgendetwas andrehen wollten, als »Freunde zu adden«. Was war überhaupt aus der deutschen Sprache geworden? Adden? Hallo? Und warum erfand nicht endlich jemand »Gesichtsbuch« und wieso hieß das Inter net Internet und nicht Allverbindnetz? Hermine jedenfalls hatte schon den Rechner hochgefahren, um sich bei Facebook anzumelden. In einem letzten verzweifelten Versuch, sie von sozialen Netzwerken fernzuhalten, fasste ich ihr von hinten an die Brüste, kassierte ein kategorisches »Lass das, Schwein« und ergab mich seufzend in mein Schicksal.

97
    Es war schon Nachmittag, als ich endlich die Tür meiner Wohnung hinter mir schloss, durchatmete und beinahe im selben Moment der Tasche gewahr wurde, die an meiner Rechten hing. Wir hatten sie über die Turbulenzen des Tages einfach vergessen, was mich ein wenig tröstete, so geldgierig waren wir also doch noch nicht, dass uns ein Batzen Bares mehr interessierte als ein Menschenleben und das Schicksal einer traumatisierten Frau. Dennoch wurde es Zeit nachzuschauen, ob Habicht sein letztes Versprechen gehalten und tatsächlich 10.000 Euro zwischen Borsigs und meine Klamotten gesteckt hatte.
    Er hatte. Einhundert 100-Euro-Scheine im Briefumschlag, doch das stattliche Bündel ließ mich merkwürdig kalt. Einer plötzlichen Eingebung folgend, zählte ich 50 Lappen ab, steckte sie zurück in den Umschlag und

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