Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Bob Dylan.
Zettel 15378: Bob Dylan gehört. Verstehe kein Wort.
Zettel 15399: Mittagessen mit meinen Damen. Fertiggericht, aber ich nörgele nicht, schaufele den Fraß in mich hinein. Ob bei Sonja Weber etwas ginge? Ist die wirklich so katholisch überzeugt lesbisch? Nein! Ihr Blicke zuwerfen, darauf warten, dass einer zurückkommt. Kommt keiner. Also nur noch Gedichte, asketisches Leben, mönchische Denkweise. Ich trauere.
Zettel 15412: Anruf aus Jersey für Oxana. Die ganz blass geworden ist, immer nur „meine Fresse“, „Scheiße“, „ach Gott!“ ausruft. Was ist passiert? Oxana erzählt es uns in Stichworten. Meine Fresse! Scheiße! Ach Gott! Aber Ende gut, alles Gut. Sage ich. Oxana schaut mich nur mitleidig an. Ja, ja, hast ja Recht. Noch ist gar nichts am Ende, noch ist gar nichts gut. Scheiß auf die Lyrik.
Zettel 15487: Nach dem Essen. Im Schreibzimmer. Blockade. Abschweifende Gedanken. Wie werde ich mein Buch nennen? „Der Autor und die Weltverschwörung“? Schlecht. Nicht einmal ein guter Arbeitstitel. „Der Mann mit der Frau mit dem Plüschtier“. Schon eher. Sexuell konnotiert, wie wir das im Proseminar Literaturwissenschaft gelernt haben. Aber für den normalen Krimileser viel zu hoch. Na ja. Wird heut eh nix mehr.
Zettel 15506: Oxana und Sonja verlassen das Haus, ohne mir zu sagen, wohin sie gehen. Sind einfach nicht mehr da, als ich in die Küche komme, um mir einen Kaffee zu kochen. Nur ein Zettel auf dem Tisch. „Sind gleich wieder da. Dringend.“ Ouzo? Braucht Klein Hilfe? Hat ihm dieser Kerl auf die Schnauze gehauen? Wäre immerhin ein kleiner Trost. Diese Hermine. Auch nicht verkehrt. Man unterschätze das Proletariat nicht. Gesund und kräftig und direkt. So liebe ich den Sex.
Zettel 15500: Ich muss endlich aufhören, ständig an Sex zu denken. Reicht schon, wenn man drüber schreibt.
310
Bevor ich mich aufmachte, Günther Raths Wohnung wenigstens von außen, Herrn Ouzos Tattoostudio aber ganz bestimmt von innen in Augenschein zu nehmen, begab ich mich zur Wohnung meiner geliebten Hermine (müsste man „geliebten“ jetzt nicht eigentlich groß schreiben?). Nicht um, wie in besonders abartigen LeserInnenkreisen sofort gemutmaßt, von Hermines Gesicht eine imaginäre „302“ abzulesen und den dahinter steckenden Wunsch auf der Stelle zu erfüllen. Hermine war auch gar nicht da, sie kaufte ein und musste dann sowieso in die „Bauernschenke“. Aber Jonas und seine beiden Damen hockten am Frühstückstisch, der reich gedeckt war. Hier spachtelten Jugendliche im Wachstum und ich gönnte es ihnen von Herzen.
„Kennt ihr eigentlich Ouzos Tattoostudio?“ Wegen dieser Frage hatte ich den Weg gemacht. Es war mir klar, dass ich bei diesem Typen nicht aufkreuzen konnte, um eine Befragung durchzuführen. Eine Undercoveraktion musste minutiös geplant und mit großer Professionalität realisiert werden. Und was war der natürliche Grund für einen Besuch bei einem Bildchenstecher? Eben. Sich ein Bildchen in die Haut stechen zu lassen. Etwas, zu das ich keine Lust hatte, ganz im Gegenteil. Ich hasse Tattoos. Ich möchte keine Frau nackt sehen, die eins hat, Frauenkörper sind keine Museumswände, an denen Kitschzeichnungen herumhängen sollten. Ja, das war furchtbar altmodisch und verkniffen, dennoch unter dem Gesichtspunkt einer gewissen Ästhetik unanfechtbar. Willkommen in der Welt der Arschgeweihe, höhnte eine Stimme in mir. Willkommen auch in der Welt der roten Rosen über dem G-Punkt, der Rosetten um die Brustwarze.
Zu meiner, allerdings nicht sehr großen, Überraschung waren Ouzo und sein Handwerk in Jugendkreisen bekannt. Wenn auch nicht geschätzt. Katharina rollte das linke Bein ihrer Jeans hoch und zeigte ein dort eingebranntes „Love You Desaster“, „das hat Wolli aus der Meineckestraße gemacht, guck dir ma an, is doch hammer. Der Ouzo kann doch gar nicht mehr richtig stechen, der zittert doch nur noch wenn er auf dem Trocknen is und wenn er gesoffen hat sowieso."
Ich wagte nun die nächste konsequent logische Frage gar nicht mehr zu stellen. Ob sich wohl jemand bereitfinde, sich von Ouzo auf meine Kosten etwas stechen zu lassen? Ich musste die Frage auch nicht stellen, sie schien mir – man denke an „302“ - irgendwie im Gesicht zu stehen, als sei das eine Schiefertafel. „Vergiss es“, winkte Jonas mit empörter Coolness ab, „ich hab nur LAURA überm Schambein stehen – und von diesem Ouzo...also nee, vergiss es einfach.“
Laura war
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