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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Reality-Soap? Oder hielt der Bursche den Weltrekord im Dauerbrennen und wurde durch jede Talkshow gejagt? Hm. Doch. Irgendwie bekannt.
    Atze sah mich an. Wischte sich die Hände am T-Shirt ab, was dieses, Beschmutzung gewöhnt, klaglos akzeptierte. Und sagte mit tiefer, bereits etwas feuchter Stimme: „Hallo Moritz. Lange nicht mehr gesehen. Sag bloß, du willst ein Arschgeweih!“
     
     
    313
    Woher ich ihn kannte, diesen ungepflegten, monströs zum Kitschcomic tätowierten Atze alias Ouzo? Ich hätte nachdenken müssen, aber zum Nachdenken blieb keine Zeit. Die Tatsache, dass zumindest er mich kannte, ja, sogar meinen Vornamen wusste, machte meinen schönen Plan zunichte. Denn es war davon auszugehen, dass Atze meine Geschichte vom gehobenen Beamten und seinem verruchten Wunsch nach verzierter Haut nicht glauben würde. Wer mich nämlich kennt, traut mir alles Schlechte dieser Welt zu, nur nicht die Zugehörigkeit zum Beamtentum. Ich musste also improvisieren.
    „Mensch Atze!“ rief ich aus, um Zeit zu gewinnen, „DU hier?“ Atze stutzte. „Äh, Zufall, Alter? Du hast gar nicht gewusst, dass ich es bin? Du willst dir doch nicht wirklich...“ Ich versuchte mich am Versuch eines Lächelns und winkte lachend ab, als habe Atze soeben einen guten Witz zum Besten gegeben. „Nee, wo denkst du hin. Kennst mich doch.“ (Aber woher nur, verdammt!) „Ich bin hier... nun ja, bisschen heikel.“ Kommt immer gut. Mir musste nur noch einfallen, was heikel war. Atze schob den Vorhang zu seinem Arbeitsraum zurück. „Na, wenn’s heikel ist, dann komm mal rein in die gute Stube. Sieht bisschen aus wie beim Zahnarzt, Moment, ich mach noch bisschen Ordnung. Hast ja mitgekriegt, wie ich eben die Alte gestochen hab.“
    Es sah wirklich aus wie beim Zahnarzt, wenn der Zahnarzt gleichzeitig Sadist und Messi ist und eine speckige Kunstlederliege statt eines modernen Behandlungsstuhls sein eigen nennt. Auf der Liege glänzte noch der Schweiß der letzten Kundin, eingewoben diverse Körperhaare. Sehr appetitlich. Es roch nach... nein, ich wollte es denn doch nicht wissen und befahl meiner Nase, ihren Dienst vorübergehend einzustellen. Atze wischte mit einem Lappen, der selbst das Objekt einer gründlichen Reinigung hätte sein müssen, über die Liege, legte ihn dann auf das Tischchen mit den Instrumenten. „So. Ordnung muss sein, sag ich immer. Und jetzt sag mal, was du so Heikles auf dem Herzen hast.“
    Wenn es mir nur eingefallen wäre. Ich hielt es also mit den Kriminalschriftstellern, die bis zur letzten Seite ihres Romans auch nicht so genau wissen, wer eigentlich der Mörder ist und warum er gemordet hat. Einfach einen Satz in den Raum stellen und eine Geschichte draus entwickeln, ich wollte schließlich nicht den Literaturnobelpreis gewinnen, ich heiße auch nicht Robert Zimmermann.
    „Es geht“, setzte ich an, „um den Sohn meiner Freundin.“ „Aha“, sagte Atze. „Lass mich mal raten. Der will sich stechen lassen und deine Alte kriegt die Krise und jetzt willst wissen, was Tätowieren eigentlich ist und ob das weh tut oder nicht sauber ist oder überhaupt. Stimmts?“ Ich nickte. „Du kennst dich aus“, lobte ich. „Heikel halt. Meine Freundin hat nix gegen das Tätowieren an sich. Aber der Knabe will sich eine Obenohne-Frau auf die linke Wange stechen lassen. Kommt nicht so gut.“ Ouzo lachte. „Na, wenn das Bürschlein minderjährig ist, kannst deine Frau Fastgemahlin beruhigen. Nur mit Einwilligung. Aber Möpse auf der Backe, das hat schon was. Werde ich mal als Sonderangebot anbieten.“
    Ein Geräusch wie eine Naturkatastrophe unterbrach unsere Unterhaltung. Es war aber nur Atzes Magen, der vernehmlich knurrte. „Oh mei, ich hab heut noch nix gegessen. Wart mal, ich lass mir ne Portion Gyros kommen. Willst auch was?“ Ich lehnte dankend ab. Atze fingerte sein Handy aus dem Hosensack. „Hallo Dimitrios? Atze hier. Schick mal Christina mit ner doppelten Ladung Gyros und Pommes vorbei und vergiss das Tsatsiki nicht. Und schreib ma an, okay?“
    Auch im Arbeitsraum standen zwei Stühle, noch bedenklicher als die im Ladenlokal. Der Anfang war gemacht, doch wie sollte es weitergehen? Und woher, verdammt, kannte ich den Kerl? Der Kerl hatte unterdessen zu paffen begonnen und hörte seinem rebellischen Magen zu. „Dass ich nach der Arbeit aber immer auch so einen Kohldampf hab. Gottseidank is ja das Akropolis gleich um die Ecke und Christina is ne süße Maus, sozusagen die optische Vorspeise. Da brauch

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