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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Günther? Habt ihr ihn gekannt?“ Claudia sah uns misstrauisch an, mich mehr als Oxana, die auch sogleich ihre Rechte auf die Claudias legte und „komplizierte Geschichte“ sagte. „Na, bravo“, stöhnte Claudia, „verpeilte Typen und komplizierte Geschichten, fehlen nur noch die Hühneraugen, dann sind die drei Plagen meines Lebens wieder fröhlich zusammen.“
    Sie bekam den gequälten Blick der gepeinigten Kreatur, eine Frau mit der Berufskrankheit Plattfüße, ich schätzte sie auf Mitte Dreißig (die Füße dürften älter ausgesehen haben), das Blond war echt, die Fältchen am Mund ebenso. Eine hübsche Frau, doch. Irgendwie. Sie tat mir auch nicht leid, aber ich hätte ihr ein anderes Leben gewünscht, nur: Wem wünschte man das nicht.
    Der Günther, ja. „Hat halt nebenan gearbeitet und immer seinen Kaffee bei mir getrunken. Lange gedauert, bis mir gedämmert hat, hey, warum trinkt der hier seinen Kaffee, der kann doch bei sich selber am Brotstand Kaffee trinken, umsonst, die schenken doch auch welchen aus. Er ist aber lieber zu mir gekommen."
    "Aha“, sagte Oxana, „genau“, bestätigte Claudia, ich verstand wieder einmal gar nichts. „Na“, klärte mich die Kasachin auf, „er hat sich in Claudia verguckt. Manchen Männern ist das sogar ein paar Euro für Kaffee wert, ob du das glaubst oder nicht.“
    Das Kerlebashing ging also weiter. „Na und?“ fragte ich, „hat er sich offenbart, wie man das in verliebten Kreisen so nennt?“ Claudia sah mich böse an. „Natürlich nicht. Der war halt ein ganz Schüchterner.“ Neuerliche Überflutung der Augenebenen. „Und wenn doch?“ Ich ließ nicht locker. „Was wenn doch? Na – ich weiß nicht.“ Oxana brachte mich mit einem resoluten Blick zum Schweigen. Die Inquisition ist Frauensache, das hätten sich mal die alten Spanier hinter die Ohren schreiben sollen.
    „Immer nur bei dir? Nicht mal die kleinste Einladung? Essengehen, so was? Und wo er gewohnt hat, weißt du auch nicht?“ Claudia dachte nach. „Du weißt ja nicht, wie viele Einladungen unsereins so die Woche kriegt. Man ist ja Freiwild, ne? Ich müsste keinen Supermarkt von innen sehen, ich könnt mich auf Kosten der Notgeilen durchfuttern. Aber lieber kauf ich mir ne Fertigpizza als mit jedem Arschloch essen zu gehen, von dem anderen gar nicht zu reden, da muss ich auch nicht unbedingt bedient werden, kann ich zur Not selber.“ Komplizenhaftes Zuzwinkern.
    Wieder auf die Kerle. Es wurde argumentativ langsam öde. „Wo er gewohnt hat, weiß ich aber zufällig. Bin ihm mal quasi über den Weg gelaufen, das heißt in der Bühlaustraße, er steht grad vor einer Haustür und steckt den Schlüssel ins Schloss, also wird er da wohl wohnen. Nur kurz zugenickt, bisschen zugelächelt. Nee, Hausnummer weiß ich nicht. Schräg gegenüber von Atzes Tattoostudio.“
    „Bist du?“ fragte Oxana schelmisch und Claudia grinste ein „joar“. Erklärte: „Also dort, wo man es normalerweise nicht sieht, ne rote Nelke. Ich zeig's dir mal bei Gelegenheit.“ Ein Blick zu mir, der klar zu verstehen gab: DIR nicht! Na prima, die große Lesbenshow ging weiter. Ich beschloss, das Leben als eine große unangenehme Überraschung zu akzeptieren, man selber, ein ganz normaler Mann in den besten Jahren, das unfreiwillige Überraschungsei, das nach Belieben abgekocht, geköpft, gefressen werden durfte. Frau Schwarzer? Sie sind seit Jahrzehnten in einem fatalen Irrtum befangen!
    „Aber ich war gar nicht bei Atze im Studio, nee, war Zufall, ich weiß gar nicht mehr, was ich in der Bühlaustraße gemacht hab. Beim Atze würd ich mir sowieso nix stechen lassen, der säuft und duscht selten, also ganz schmierig alles. Na, wenn einer schon Ouzo als Spitznamen hat, das ist dann klar, ne?“
     
     
    307
    Es war eine jener Informationen, die jeder normale Vierzehnjährige ohne zu Zögern als „hammer!“ bezeichnet hätte. Herr Ouzo war identifiziert, ein versoffener Nadelstecher, auch im Wortsinne der schräge Nachbar des verblichenen Günther Rath. „Keine Ahnung, ob die sich gekannt haben. Ist das irgendwie wichtig jetzt?“ Wieder schaute sie zu Oxana, die aber seufzte und sagte „Vielleicht“. Claudia winkte nur ab. „Ich wills gar nicht wissen. Immer wenn ich was erfahre, endet es für mich scheiße. Is doch so. Schon in der Schule, deshalb hab ich die auch nicht fertig gemacht.“
    Unsere Claudia war eine Philosophin, eine kluge Frau voller Lebenserfahrung. „Das heißt jetzt nicht, dass ich unter nem

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