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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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PROLOG
     
    Tausend Jahre zuvor …
    Tryan musterte die klägliche Reihe der Gefangenen am Rande der Klippe und fragte sich müßig, wie viel Wind er wohl machen musste, um sie hinunterzublasen, einen nach dem anderen, hinab auf die Felsen, die wie Pockennarben das Tal tief unter ihnen sprenkelten.
    Natürlich würde das gar nicht nötig sein, wenn sie ihm einfach sagten, was er wissen wollte. Das Leben war für alle Sterblichen auf Amyrantha erheblich leichter, wenn sie taten, was Tryan wollte.
    Er drehte sich um und gab Elyssa das Zeichen zum Weitermachen. Ihr leichtes Zögern, bevor sie gehorchte, entging ihm nicht. Ihr Interesse an diesem kleinen Abenteuer begann deutlich nachzulassen, und zwar schon seit geraumer Weile – seit ihrem letzten Zusammentreffen mit Cayal.
    Nichtsdestoweniger war sie immer noch seine Schwester und bereit, ihre Rolle zu spielen – auch wenn sie nicht mit dem Herzen dabei war.
    »Welchen töten wir zuerst?«, fragte er laut genug, dass die Gefangenen ihn hören konnten. Keiner wagte mehr als ein paar ängstliche Wimmertöne von sich zu geben, aber seine Drohung hatte mit Sicherheit den gewünschten Effekt. Schließlich waren die rund zwanzig Gefangenen aneinandergekettet, also brauchte er nur ein paar von ihnen über den Klippenrand zu stoßen, um sie allesamt zu vernichten.
    » Wir?«, entgegnete Elyssa in einer Tonlage, die nur für seine Ohren bestimmt war. »Doch wohl eher du. Das hier ist deine Idee, nicht meine. Ich will damit nichts zu tun haben, Tryan.«
    »Einer von ihnen hat den Kristall des Chaos.«
    »Wenn einer dieser jämmerlichen kleinen Sterblichen den Kristall des Chaos besäße, wüsstest du das längst.« Elyssa ließ ihren desinteressierten Blick über die Reihe nackter Männer, Frauen und Kinder schweifen, die am Klippenrand in ihren Ketten zitterten. »Gezeiten, es ist ja wohl kaum anzunehmen, dass ihn einer von denen in der Hosentasche versteckt!«
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete Tryan den Haufen persönlicher Habseligkeiten, die er der kleinen Flüchtlingsgruppe abgenommen hatte. Außer ihren Kleidern, ein paar Werkzeugen und Waffen und einem Deck zerfledderter, aber sichtlich geliebter Tarotkarten in einer angesengten Lederhülle war da nichts zu finden. Keine Landkarten, kein einziger Hinweis …
    Folglich mussten sie das Versteck des Kristalls in ihrem Gedächtnis hüten. Sie waren allesamt Mitglieder der geheimen Bruderschaft des Tarot, mindestens einer von ihnen musste es kennen. Womöglich wussten sie es alle. Tryan war durchaus bereit, jeden Mann, jede Frau und jedes Kind einzeln zu ermorden, bis einer auspackte.
    »Einer von euch hat etwas, was ich haben will«, verkündete er der Gruppe und musterte dabei scharf ihre Gesichter, lauerte auf ein ertapptes Flackern im Blick oder ein verräterisches Flüstern; auf irgendein Anzeichen, dass einer dieser jämmerlichen Menschen wusste, wonach er suchte. Dummerweise sahen sie alle gleichermaßen verängstigt aus, sodass es schwierig war, ihren Mienen etwas anderes zu entnehmen. »Wenn ihr mir sagt, was ich wissen will, lasse ich euch am Leben. Wenn nicht …«
    Er ließ den Satz unvollendet. Es war nicht nötig, das Offensichtliche weiter auszuführen, immerhin standen sie buchstäblich mit dem Rücken am Abgrund.
    Doch seine Gefangenen schwiegen verstockt.
    Allmählich verlor Tryan die Geduld mit ihnen. Und Geduld war noch nie seine Stärke gewesen.
    »Einer von euch … vielleicht sogar jeder von euch elenden Krüppeln … weiß, wo sich der Kristall des Chaos befindet. Ihr sagt mir das jetzt sofort, oder …« Er starrte die Gefangenen nacheinander an, bis sein Blick an einem Jungen von etwa vierzehn Jahren hängen blieb, dünn, blass und zitternd, die Hände schamhaft vor seiner geschrumpften Männlichkeit verschränkt. Er war der Zweite von rechts, an eine mollige und gleichermaßen verängstigte blonde Mittdreißigerin gefesselt. So, wie sie versuchte, ihn mit ihrem Körper abzuschirmen, musste sie seine Mutter sein. »Oder sie stirbt als Erste«, beendete er den Satz und deutete auf die Frau, ohne den Jungen aus den Augen zu lassen.
    Tryan wartete. Der Junge sagte nichts.
    »Wie du willst.«
    Tryan machte eine schnelle Bewegung mit dem Handgelenk und bedachte die Reihe der Gefangenen mit einem gewaltigen Windstoß. Die Frau schrie erschrocken auf und schwankte unter dem Ansturm, unter ihr kollerten lose Steine vom Klippenrand, sie schaffte es kaum, auf den Füßen zu bleiben. Auch einige der anderen

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