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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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ab. „Wir stecken in einem Dilemma. Wenn wir die Leute am Weggehen hindern, gibt es Aufsehen. Ebenso, wenn wir sie einfach nur einkesseln. Wir können schließlich nicht das ganze Gebiet hier evakuieren.“ Dreimal bedächtiges Nicken. Waren alles Profis hier, der Einsatzleiter liebte seine Leute. „Und wenn wir sie einfach abtransportieren? In einen Bus und an einen unbekannten Ort?“ Guter Vorschlag. Hätte er ja auch so gemacht, von Anfang an. Aber die hohen Herrschaften in der Kommandozentrale, die Sesselfurzer halt, konnten sich nicht dazu entschließen.
    „Wir gehen rein“, entschied der Einsatzleiter. „Ihr drei. Bisschen bös gucken, bisschen rumschreien, die volle Kampfmontur, aber keine Knarren.“ „Hä?“ machte einer und auch ihn verstand der Einsatzleiter. „Ohne Knarren“, wiederholte er seufzend. „Ich kanns nicht ändern, Jungs. Ist nun mal so. Haut die Tür auf, stürmt rein, einer schreit 'Keine Bewegung, Polizei' oder irgendso einen Scheiß, das werden die aus dem Fernsehen kennen und sich in die Höschen machen. Dann kurze Ansage: Niemand verlässt den Raum etc. Also auf. Wird schon.“
     
     
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    In den Zockerbuden dieser Welt würden die Banker jetzt wetten, was die Bewusstlose, wenn sie gleich aufwacht, als erstes sagen würde. „Wo bin ich? Was ist los?“ Vika, über das Mädchen gebeugt, dessen Augen sich soeben geöffnet hatten, wettete mit sich selbst. „Wo bin ich?“ wird sie fragen. Ihre Lippen bewegten sich, brachten keinen Ton hervor, der Kopf hob sich schwer, Vika legte eine Handfläche darunter, stützte ihn ab, schenkte dem Mädchen ein aufmunterndes Lächeln. „Wer sind Sie?“ fragte das Mädchen und Vika hatte die Wette gegen sich verloren und gewonnen.
    Gute Frage, dachte Vika, müsste ich jetzt auch stellen. Sie schwieg aber noch. Lächelte die Frau weiter an, die versuchte sich aufzurichten, noch zu schwach war. „Bleib liegen“, riet Vika. Und sagte: „Die Fragen stelle übrigens ich.“ Schau an, jetzt lächelte die Liegende ebenfalls. Gut so.
     
    *
     
    Das Schiebetürchen der Durchreiche stand einen Spalt offen. Ich stand in der Küche, linste vorsichtig durch die Öffnung in den Gastraum, sah drei ulkig verkleidete Typen, dimensioniert wie Kleiderschränke, die Arme nach vorne gestreckt, imaginäre Pistolen mit beiden Händen umklammernd. Einer sagte sein Sprüchlein auf, von wegen Ruhe bewahren und nichts Unüberlegtes unternehmen. Dann trat Stille ein. Bis sich Irmi, die freundliche ältere Dame, erhob, auf den Typen zuging, ihm mit einer schnellen Bewegung das Tuch vom Gesicht zog und mit strenger Stimme sagte: „Hab ich's doch geahnt! So redet nur einer! Matze Wölk aus der 8c, ich hab schon immer gewusst, dass es kein gutes Ende nimmt mit dir! Bist bei den Bullen gelandet? Na, das ist noch schlimmer als ich befürchtet hab.“
    Der so Gescholtene starrte mit offenem Mund auf seine ehemalige Lehrerin, die erst richtig in Fahrt kam und arg wütend wurde. „Meinst du, ich wüsste nicht, wer mir damals das Furzkissen auf den Stuhl gelegt hat? Und in Englisch immer abgeschrieben und das auch noch so falsch, dass es gerade mal für ne knappe Vier reichen konnte? Was ist eigentlich aus Mathilde geworden, auf die du so scharf gewesen bist? Hat die dich in ihrer jugendlichen Dummheit wenigstens mal rangelassen?“
    „Wir sind seit 15 Jahren verheiratet“, murmelte Matze Wölk und wurde rot. „Und das mit dem Furzkissen war ich nicht, das war dieser Idiot von Gerhard Münster.“ Irmi winkte ab. „Einer so schlecht wie der andere! Alle in einen Sack und tüchtig draufschlagen, triffst nie den Falschen! Und was machst jetzt hier? Ehrbare Leute erschrecken? Es deiner alten Lehrerin heimzahlen, dass sie dich in Deutsch hat durchkommen lassen, obwohl du immer gedacht hast, ein dialektischer Aufsatz hätte was mit Elektrizität zu tun?“ „Ich...“, setzte Matze an, doch Irmi schnitt ihm das Wort ab. „Rede nicht einfach so dazwischen! Heb die Hand und warte, bis ich dich drannehme!“ Matze hob artig die Rechte (seine imaginäre Pistole fiel krachend zu Boden) und greinte: „Ich tue doch nur meine Pflicht, Fräulein Irmi! Und das mit Deutsch war echt toll von Ihnen!“
    „Okay“, antwortete Irmi. „Du warst ja auch kein wirklich schlechter Junge, du hattest nur die falschen Freunde, diesen Gerhard Münster zum Beispiel. Was ist aus dem eigentlich geworden? Weißt du das?“ Wölks Gesicht wurde knallrot. „Der ist hier heute der Einsatzleiter.

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