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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Hand auf und erklärt vor der Presse, Griechenland sei eigentlich ein zu vernachlässigendes Randproblem. Der Engländer feixt, weil ihm die ganze Sache am Arsch vorbei geht. Der Italiener denkt eh nur an Minderjährige mit Riesenbrüsten. Der Spanier tut so, als wäre das ganze Leben ein einziger Stierkampf. Der Belgier hat mit sich selbst genug zu tun und vom Polen hören wir gerade nichts, was sehr beunruhigend ist.“
    Die Kanzlerin hatte beim Vortrag des Finanzministers ausdauernd genickt und wandte sich nun dem Außenminister zu. Der erschrak und begann sich ausgiebig zu räuspern, was die Bundeskanzlerin nach fünf quälend langen Minuten mit einem genervten „Jetzt aber mal ein bisschen konzentrieren, Jungchen“ beendete. Der Außenminister konzentrierte sich. „Also äh... In Libyen ist der Zug für uns abgefahren. In Afghanistan gibt es leider keinen Zug, mit dem wir unsere Jungs zurück in die Heimat fahren könnten. In den USA werde ich grundsätzlich nur von der Schreibkraft des fünften Unterstaatssekretärs empfangen. In der Nato nennen sie mich jetzt Guilto und mein Stammbäcker am Potsdamer Platz spuckt in den Teig, bevor er meine Frühstücksbrötchen formt.“
    Auch hier hatte die Kanzlerin nur gelächelt. Sag doch endlich mal was, flehte Kriesling-Schönefärb in sich hinein. Mach das Maul auf, scheiß sie zusammen, erkläre Frankreich meinetwegen den Krieg, aber sag was, tu was! Er spürte, wie sein Gesicht von tiefster Röte überzogen wurde. Er hasste diese Abendkonferenzen. Er musste sich beruhigen. Er hatte Sonja zu erreichen versucht. Kein Netz. Hatte es bei Hermine probiert. Kein Netz. In der Gaststätte, wo sie sich immer trafen. Kein Netz. Er konnte sich einfach nicht beruhigen. Starrte auf die Handtasche der Bundeskanzlerin, die Handtasche mit der Handakte, in der alles geschrieben stand, was sie niemandem verriet, nicht einmal scheibchenweise. Immer nur Beschwichtigungen.
    „Schön“, sagte die Bundeskanzlerin und blickte abermals in die Runde. Diesmal aufmunternd, motivierend. „Und wohin geht unser diesjähriger Osterausflug? Schon irgendwelche Ideen? Aber bitte nicht mehr mit Ostereiersuchen. Lach.“ Das war furchtbar, das war witzig, aber das war so furchtbar witzig, dass die Röte in Kriesling-Schönefärbs Gesicht schockiert Reißaus nahm und einer ungesunden Blässe Platz machte. Die Handtasche. Die Handakte. Ich muss da irgendwie rankommen. So geht das nicht weiter.
     
     
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    Vika war, sobald sie das Geräusch am Eingang gehört hatte, eine Tür weiter gehuscht. Glück gehabt: Sie war nicht abgeschlossen. So leise wie möglich hinein in die perfekte Dunkelheit, das Ohr an den Stahl gepresst, man hörte kaum etwas, ein solider Bunker eben. Lichtschalter? Tasten. Ja, gab es. Nur mal schnell für eine Sekunde ausleuchten – hier sah es aus wie scheinbar in allen anderen Räumen. Nicht ganz. In einer Ecke lag eine bekannte schwarze Handtasche, achtlos hingepfeffert. Alles drin, bis auf den Revolver natürlich. Aber den hatte sie doch im Hotelzimmer zurückgelassen, oder?
    Vika schlich zurück auf den Gang. Durch die Tür, hinter der sich Mareike, Frau Schnüffel, Lydia Gebhardt und Honig sowie wenigstens eine Person X  aufhielten, drangen gedämpfte Sprachfetzen einer erregten Diskussion, nichts zu verstehen. Blödsinn, dass ich hier rumstehe, kam es Vika. Ich muss raus, ich muss schauen, was die tun, wenn sie weggehen, ich muss wissen, wer diese Person X ist. Ein Schrei? Jedenfalls schlagartig Ruhe danach. Ein Instinkt riet Vika zu verschwinden, bis zum Eingang war es zu weit, also zurück in den Nebenraum, die Handtasche fest an den Körper gepresst. Es wurde eng. Als sie vorsichtig die Tür zudrückte, ging die des Nebenraumes auf, schnelle Schritte entfernten sich, ein Gezische, ein einzelnes „Oh mein Gott!“
    Mist. Wenn sie jetzt hinter sich abgeschlossen hatten, würde Vika wieder durch eines dieser Scheißlüftungsrohre ins Freie kriechen müssen. Sie verließ ihr Versteck, machte die paar Schritte zum nun verlassenen Nebenraum, dessen Tür offen stand und der, das sah sie sofort, nicht ganz so verlassen war. Auf dem Boden lag eine Person, eine Frau von geschätzten 25 Jahren, Vika hatte sie noch nie gesehen. Ohnmächtig, tot? Jedenfalls die Person X. Vika ging in die Knie, fühlte den Puls der Leblosen, er schlug schwach, aber er schlug. Auch Mist. Sie gab ihr einen Klaps auf die eine Wange, einen auf die andere, der Mund der Ohnmächtigen öffnete sich eine

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