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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Winzigkeit, ging dann wieder zu.
     
    *
     
    Wo war ich hier? Auf irgendeinem Hinterhof, klar, aber auf welchem? Eine Mauer vor mir, eine zur Linken, eine zur Rechten. Soll ich jetzt würfeln oder was? Ich wählte die Mauer direkt vor mir, sie schien mir nicht so hoch wie die beiden anderen, was aber wohl eine optische Täuschung war. Gottlob gab es hier Mülltonnen, eine stand sogar unter einem Vordach, ihr Deckel war nass, aber nicht von Schnee und Eis überzogen. Draufstellen, hochziehen, das alte Problem: Irgendwie auf der anderen Seite runterkommen. Inzwischen hatte ich Erfahrung und schaffte es, ohne auf dem Hintern zu landen. Mein rechter Knöchel schmerzte noch von der letzten Mauer.
    Wenn ich mich nicht verlaufen hatte, stand ich nun im Hof der „Bauernschenke“. Es war sehr still, viel zu still. Ich humpelte zur Tür, drückte die Klinke, drückte die Tür auf, geriet in einen willkommenen Schwall Warmluft, hörte Stimmen, wohlvertraute Stimmen. „Also ich bin dafür, wir frieren das jetzt alles ein“, sagte Hermine und die Monikastimme protestierte nur schwach dagegen. „Na, die alten Biester sollen sich hier noch einmal blicken lassen!“ Die Rentner taten mir leid, sie konnten nun wahrlich nichts dafür. „Merkwürdig“, sagte Mohamad, „warum kommt nicht mal EINER? Und warum gehen eure Handys nicht mehr?“ Ich würde alle diese Fragen beantworten können, aber ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper war vereist, verrenkt, schmerzte, die unerwartete Warmluft hatte meine Willenskraft gebrochen. „Und wo, zum Teufel, bleibt dieser Moritz?“ Hermines Stimme vibrierte bedrohlich und das riss mich aus meiner Lethargie. Ich begann zu hüsteln und mich in Bewegung zu setzen. Genau in diesem Augenblick gab es einen fürchterlichen Lärm im Gastraum.
     
     
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     „Wach doch wieder auf, Schätzchen“. Vika tätschelte die Wangen der Ohnmächtigen, aber die rührte sich nicht. Eine Wunde war nicht zu erkennen, kein Blut, keine Delle am Kopf. Gestürzt und mit dem Hinterkopf aufgeschlagen, so würde es wohl gewesen sein. Und was machte die hier? Falsche Frage, Vika. Was machst DU eigentlich noch hier? Bei der Kleinen handelte es sich, keine Frage, um eine Komplizin der Feinde, du hilfst also gerade denen, die dich am liebsten verhungern und verdursten lassen wollten. Und was war mit Lydia Gebhardt? Verschleppt worden? Vika musste wissen, ob sie gerade selbst wieder eine Gefangene war oder nicht. Also raus und zur Eingangstür. Die gab nach, die Luft der Freiheit wehte kalt in den Gang. Immerhin. Wieder zurück zur Ohnmächtigen, sich neben sie knien, die Wangen tätscheln, „komm schon, Darling“, sagen. Denn ein Darling war sie schon. Hübsch, sehr hübsch sogar.
    Sie steckte in einer schneeweißen wattierten Jacke und robusten schwarzen Jeans. Zeit, sie zu durchsuchen, nach irgendwelchen Papieren, einer Waffe, was auch immer. Doch außer zwei zerknüllten und benutzten Papiertaschentüchern trug die Unbekannte nichts bei sich, auch ihre unvermeidliche Handtasche – Frauen gehen lieber nackt auf die Straße als ohne Handtasche – war nirgendwo zu sehen. Vika tätschelte weiter. Die Augenlider der Ohnmächtigen flackerten, ihre Lippen bewegten sich. „Komm schon, ja gut so“, ermunterte Vika. Jetzt bräuchte man kaltes Wasser, um es ihr ins Gesicht zu schütten.
     
    *
     
    Pfusch. Das hier war erbärmlicher Pfusch. Übliches Versagen der Sesselfurzer auf Kosten einer Halbhundertschaft frierender Ordnungskräfte, die endlich auf eine klare Entscheidung warteten. Die Leute in der Kneipe einfach isolieren, als seien sie ein Stamm gefährlicher Grippeerreger? Ganz dezent umzingeln, sobald jemand die Wirtschaft verlassen will, ihn noch dezenter daran hindern? Oder doch die brachiale Methode: Knarren ziehen und auf sie mit Gebrüll. Egal. Irgendetwas halt. Aber nicht nichts wie üblich. Der Einsatzleiter seufzte. Er hatte die Politik gründlich satt.
    Hm. Also keine gezogenen Knarren. Immerhin. Reingehen? Ein wenig martialisch Show machen mit rußgeschwärzten Visagen? Aber ohne Waffen? Nicht mal Schreckschusspistolen? Nicht mal die. So unauffällig wie möglich. Der Einsatzleiter rief drei seiner Leute zu sich und erklärte ihnen die Lage. Mal aufmerken. In der Kneipe befindet sich eine nicht genau bekannte Anzahl gefährlicher Subjekte. „War jetzt klar“, murmelte einer und der Einsatzleiter verstand ihn. Waren halt alle gereizt. Mitten in der Nacht, die Kälte, die Ungewissheit. Er winkte

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