Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Wenn der erfährt....“ Wölk grinste. „Gut so. Dann gehst jetzt fein mit deinen Kumpels hier raus und zu diesem Münster und erzählst ihm, das Fräulein Irmi wird ganz ganz böse, wenn er weiterhin anständige Leute belästigt. Haben wir uns verstanden? Sonst gibt’s einen Eintrag ins Klassenbuch! Und jetzt Sachen packen und gehen! Hast mich verstanden, du Schlingel?“ Sie drehte sich einfach um und ging an ihren Platz zurück. Auch Wölk drehte sich um, gab seinen Begleitern ein Zeichen und sie verließen, sehr ruhig, den Schankraum.
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Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis Belinda – so jedenfalls hatte sie sich Vika vorgestellt – wieder in der Lage war, unfallfrei zu gehen. Vika legte ihr den Arm stützend um die Hüften, die ersten noch unsicheren Schritte über den Gang, durch die Luft. „Geht wieder“, sagte Belinda und Vika: „Auf den Schrecken brauche ich jetzt einen Kaffee. Betrachte dich als eingeladen.“
In der Wärme des Cafés begann Belinda zu erzählen. Sie heiße mit vollem Namen Belinda Le Pernac – Vika merkte überrascht auf – und sei ihrer deutschen Großcousine Sandra gefolgt. „Die war mit dieser dubiosen Tänzerin unterwegs, ich bin ihnen im Auto nachgefahren bis zum Bunker, hab sie reingehen sehen – und dich auch.“ Vika machte eine Handbewegung, die sagte: Erzähl ich dir später alles. Belinda nickte. „Ich hasse Sandra. Sie und ihren schmierigen Alten. Schnüffeln überall rum“ – zum ersten Mal seit ihrem Erwachen lachte sie – „Wollen wie alle anderen an die legendären Papiere unseres Vorfahren – du kennst die Story?“ Jetzt nickte Vika. „Okay, sagst mir bestimmt später. Also die schnüffeln rum und fragen die Leute aus, ätzend das. Aber was sollen wir machen? Ist halt Verwandtschaft. Dann seh ich die Sandra zufällig mit dieser Tänzerin in der Stadt. Und diese Mareike ist hier notorisch bekannt, Drogenaffären und so undurchsichtige Dinge. Heute bin ich ihnen gefolgt, weil ich wissen wollte, was da im Busch ist. Dumme Idee.“
„Hm“, machte Vika, „und dann hast du sie zur Rede gestellt?“ „Ja, ich war einfach wütend! Schleich der nach wie ne doofe Detektivin aus dem Fernsehen!“ Vika räusperte sich und Belinda lies ein verstehendes „Aha“ hören. „War wohl irgendwie der falsche Zeitpunkt am falschen Ort oder andersrum. In diesem Raum waren noch ein komischer Typ und eine hysterische Alte, ein Wort gibt das andere und dann schubst mich diese Tänzerin, ich stürze und knalle mit dem Hinterkopf voll auf den Beton.“ Sie tastete die Stelle ab, kein Blut, aber eine immer monumentaler blühende Beule. „Tja“, schloss Belinda, „that's the story so far. Und nun bist du dran.“
Vika sah keinen Anlass, Belinda etwas vorzumachen. Sie besaß gute Menschenkenntnis – na ja, glaubte sie wenigstens und nahm die unvermeidlichen Ausnahmen von der Regel – Mareike! – als eine Bestätigung ihrer Annahme. Also erzählte sie im Zeitraffer. „Mich würde interessieren, was gerade zwischen denen so abgeht. Die sind sich nicht grün, die wissen nicht, was sie tun sollen.“ „Gruppendynamische Prozesse“, konstatierte Belinda und bekannte: „Ich hab mal Sozialpsychologie studiert.“ „Und was machst du so beruflich?“ Belindas Schultern zuckten. „Grad nicht viel. Hast ja mitgekriegt, dass ich viel Zeit für Dummheiten habe.“
Ja, gewiss, als ein Mitglied der Familie Le Pernac nage man auf Jersey nicht am Hungertuch. Ihr stünden Mieteinnahmen zu, Renditen aus Fonds, der Tod ihrer Großmutter habe sie zudem zu einer kleinen Eigentumswohnung kommen lassen. „Aber auf Dauer natürlich unbefriedigend. Ey, ich bin schon 27!“
Familie und so? Belinda kicherte. „Vergiss es. Meine eigene Familie ist solala, die lassen sich gegenseitig in Ruhe. Die Ableger, Sandra und Company, kennst ja selber zum Teil. Und eine Familie gründen? Kinder in die Welt setzen? Muss nicht sein, oder?“ Was war das für eine Frage? Sie sah Vika an, lächelte. „Ich hab sofort gemerkt, dass du auf Frauen stehst, ich bin schließlich Psychologin.“ Lachte. „Aber sorry, ich mag Männer, und mein Problem ist es, ich mag intelligente Männer. Das ist wie jemand, der nach Malle düst und einsame Strände mag.“ „Gibt’s dort auch“, wandte Vika ein und lachte. „Klar, aber find mal einen.“
Sie gestanden sich ein, Hunger zu haben. „Dann lad ich dich jetzt zum Essen ein“, versprach Belinda. „Ich kenne ein kleines Lokal am Hafen, zwei
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