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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Idiot! Wissen Sie das eigentlich? Wissen Sie überhaupt was? Sie haben mir echt kein Glück gebracht!“
    Ha ha, das fand ich jetzt witzig! Der erste Bürger, mit dem ich über Glück parlierte (na ja, es war bisher nur ein Monolog), warf mir vor, ein Unglücksbringer zu sein. Würde das rauskommen, wäre das direkt geschäftsschädigend, ein gefundenes Fressen für die Bildzeitung, nachdem die Wulffweide abgegrast war.
    Nicht reden zu können hieß nicht, auch das Denken einzustellen. Ich dachte also. Man könnte einen Ohnmachtsanfall simulieren, was durch die Malträtierung meines Kehlkopfes logisch zu begründen war und selbst Georg Weber einleuchten musste. Einfach zusammensacken, aber dann ganz plötzlich den Ellenbogen nach hinten stoßen, direkt auf den Solar Plexus meines Malträteurs. Der quatschte sich immer mehr in Rage.
    „Du verficktes Schwein, du verdammtes Stück Scheiße! Du machst alles kaputt, du hirngepoppter Schmierlappen, du!“ Hm, der Bursche wusste zu fluchen, das musste man ihm lassen. Hirngepoppter Schmierlappen war nicht schlecht. Ich versuchte mich an einem Stöhnen und Zittern, ließ meine Beine ein wenig weich werden. „Mach mir jetzt nicht schlapp, du ausgelutschtes Hustenbonbon“ – hm, nee, Georg, das enttäuscht mich jetzt. „Ausgelutschtes Hustenbonbon“? Das könnte von meiner Oma stammen – „sei endlich mal ein Mann und sieh dem Tod ins Auge!“ Boah, was für ein Sprachkitsch! Und so eine Lusche wollte mich abmurksen? Hatte ich das verdient? Nein, dachte ich. Es war an der Zeit, etwas zu unternehmen.
     
     
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    Er hielt mir noch immer das Messer an den Hals, der Unterarmschraubstock allerdings hatte sich ein wenig gelockert; wahrscheinlich war auch Georg Weber nur ein Mensch, den allzu große Kraftanstrengungen erschöpften. „Man hätte dich gleich kaltmachen sollen, du Dreckschwein, mein Gott, war denn keine Sau in diesem Universum fähig, dein nichtswürdiges Leben zu beenden?“ Herr Weber hatte es mit dem Borstenvieh. Die Messerspitze lockte einen ersten Blutstropfen aus meinem Körper.
    Wir standen in diesem dunklen Hauseingang einer Nebenstraße. So gut ich konnte suchte ich mit den Augen die Fassade ab, sah aber kein Licht. Hätte auch nichts geholfen. Was tun? Weber fluchte weiter und weiter, müßig es für die Nachwelt festzuhalten. Es fielen die üblichen Schimpfwörter, ich kannte sie alle aus eigenem Gebrauch, originell und für den Schimpfwörter-Duden geeignet war höchstens „Du aufgemerkelter Chansonsängerinnen-Besamer!“, aber mon Dieu, ich kannte überhaupt keine Chansonsängerin, nicht mal irgendeine Tussie, die an einer Castingshow teilgenommen hätte. Was also tun? Ganz einfach. Ich trat Georg Weber mit Volley auf den Fuß.
    War mir gerade so eingefallen. Wenn du ihm den Ellenbogen in die Magengegend rammst, erschrickt sich vielleicht das Messerchen und penetriert deinen Hals. Wenn du ihm vollstoff auf den Fuß trittst... hm, mal sehen.
    Georg Weber schrie auf, die Messerspitze löste sich für einen Moment von meinem Hals, der Griff um meine Kehle wurde locker. Jetzt. Ausholen, den Ellenbogen in Webers Bauch rammen. Ein zweiter Schrei, Weber torkelte, Weber fiel, Weber lag, Klein drehte sich um, Klein guckte, Weber krümmte sich am Boden, aber das Messer hielt er immer noch in der Hand, es blitzte gefährlich.
    Aber war dieses fluchende, schmerzschreiende, völlig vermummte menschliche Wesen dort auf der Erde in diesem noch immer dunklen Hauseingang tatsächlich Georg Weber? Ich stieß mit dem Fuß an einen Gegenstand, ein Geräusch, das mich daran zweifeln ließ, der dort am Boden halte das Messer noch in der Hand. Was dort blitzte, musste etwas anderes sein, im schlimmsten Fall eine Schusswaffe. „Ich hätt dich gleich niederschießen sollen, du Hund!“ Das stützte meine Hypothese nun vollends. Die Frage, mit wem ich es da zu tun hatte, interessierte mich ganz plötzlich nicht mehr, die Frage, wie ich Fersengeld geben und mich von diesem Mann entfernen konnte, stand im Vordergrund.
    Ich rannte, ich keuchte, ich rannte, ich keuchte, ich sah mich um, ohne anzuhalten, ich musste in die Nähe von Menschen, was um diese späte Zeit schwierig war, ich musste nach Hause, mich verrammeln. Ich kam nach Hause. Ich schloss die Tür hinter mir zu, was die höchste Form des Verrammelns ist, die meine Wohnung zulässt. Ich sagte einmal kräftig „puh!“ und ging ins Bad, betrachtete meinen Kehlkopf, betrachtete meinen Hals. Ein breiter Gürtel

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