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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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ich nicht.“ Blickte wieder ins Papier.
     
     
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    Annamarie Kainfeld kniete auf dem Boden und stöhnte. Ihr Businesskostüm (Businessrock, Businessbluse, darunter ein Business-Bra und darüber ein Businessjäckchen) war in seinen Bestandteilen leicht verrutscht. „Geht's Ihnen gut?“ fragte ich besorgt. Meine Sekretärin wandte mir ihr Gesicht zu und antwortete: „Wenn ich diesen verkackten Stecker in die verkackte Buchse gekriegt hab, dann ja.“
    Die Computer waren geliefert worden, sie anzuschließen natürlich Frauenarbeit. Ich murmelte ein arbeitgeberisches „Jo“ und schlenderte gravitätisch in die Küche, wo frischer Kaffee auf mich wartete. Ich schenkte mir ein und schlenderte – noch immer gravitätisch – in mein Büro, wo ein Schreibtisch auf mich wartete, auf dem ein (angeschlossener!) Computer und ein Hügel fein sauber auf Kante gestapelter Briefe auf mich warteten. Ich setzte mich, nippte vom Kaffee und hätte gerne eine dazu geraucht, ahnte jedoch, dass dann ein Anschiss Annamarie Kainfelds auf mich warten würde. Also zog ich den ersten Brief vom Stapel und begann zu lesen.
    „Sehr geehrter Herr Bundesbeauftragter! Als ich gestern fernguckte, also diese Castingshow, da hab ich mich gefragt, also ist das jetzt Glück, dass diese Negerin gewonnen hat oder hat sie nur gewonnen, weil sie Migrationshintergrund hat? Ich meine, da sollten doch Deutsche gewinnen, das ist doch der Sinn der Sendung, oder? Und mir doch egal, ob die hier geboren ist und Abitur gemacht hat, ich bin auch hier geboren und hab noch nicht mal Abitur machen müssen, ich bin auch so Deutscher. Wenn ein Dackel hundert Jahre unter Schäferhunden gelebt hat, bleibt er doch Dackel, ja? Was ist daran Rassismus, das frage ich Sie! Und das wird man doch noch sagen dürfen, auch wenn man als Deutscher im eigenen Land in der Minderheit ist und mich würde sowieso interessieren, ob Sie auch Migrationshintergrund haben, dann wäre mir nämlich wieder mal alles klar, oder wie kommt man sonst an so einen Posten (bin zur Zeit arbeitslos) und nein, ich bin nicht rechtsradikal, ich bin nur ein Deutscher und ich hab nichts gegen Neger, aber müssen die immer gewinnen? Außerdem hat sie kleine Brüste, die Negerin, das ist also gar keine richtige Negerin. Freundlichst Ihr Thorsten P.“
    Ich trank meinen Kaffee aus, schaltete den Rechner ein, startete WORD und schrieb: „Lieber Thorsten P.! Ich verstehe Sie gut! Das hat mit Glück nichts mehr zu tun! Neger haben einfach das Sangesgen, so wie Deutsche das Schäferhundegen haben! Ich werde auch sofort ein Aktbild der Dame besorgen, um Ihren berechtigten Einwand, diese habe für ihre Rasse zu kleine Brüste, zu evaluieren. Solle sich Ihre Vermutung bewahrheiten – ich zweifele daran nicht -, werde ich sofortigste Konsequenzen umgehendst veranlassen. Entweder Silikontitten oder zurück in den Urwald! Bei dieser Gelegenheit freue ich mich, Sie auf unser aktuelles Angebot „1 Million Deutsche für die Glücksinsel“ aufmerksam machen zu dürfen. Wir beabsichtigen die baldige Umsiedlung von einer Million echter Deutscher (bitte Stammbaum bis 1750 mitbringen!) auf eine noch nicht näher spezifizierte tropische Insel mit großem und lebenslangem Unterhaltungsprogramm: Schäferhundezucht, Wettsaufen, Rassediskussion und Möpsevergleich, also das volle deutsche Kulturangebot. Interessiert? Sichern Sie sich noch heute Ihren Platz, bevor wieder die Neger zuschlagen! Mit freundlichen Grüßen, Ihr Moritz Klein (ohne Migrationshintergrund), Bundesbeauftragter.“
    „Aha“, sagte Annamarie Kainfeld, als sie mein Büro betrat, „Sie sind schon mächtig bei der Arbeit.“ Ich nickte düster. „Haben Sie mir diesen Wisch da mit Absicht ganz oben auf den Stapel gelegt? Ich sagte alphabetisch.“ Fräulein Kainfeld (Fräulein?) erlaubte sich die Andeutung eines verschmitzten Lächelns. „Schocktherapie“, sagte sie dann und begann unter meinen Schreibtisch zu kriechen. „Ich schließe nur das Internet an, also wenn Sie auf den Gedanken verfallen sein sollten, ich würde jetzt unter dem Schreibtisch das machen, was so die Chefphantasie ist, also Sie wissen schon, dann verdrängen Sie die bitte sofort und erfolgreich, ich hab einen spitzen Schraubenzieher dabei.“ Ich verdrängte sofort und erfolgreich.
     
     
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    Es ging gegen Mittag. Ich hatte über all der Korrespondenz die Zeit vergessen, als meine Sekretärin das Büro betrat, ihr Businessmäntelchen über dem Businesskostüm, mich

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