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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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mehr selbst mit Hand anlegen müssen, die Kiste in den Wagen der beiden Typen zu verfrachten.
    „Tja“, schloss Regitz und schickte ein rotes Rinnsal aus den Nasenlöchern, „frag mich nicht, was das soll und wie man uns draufgekommen ist, keinen Schimmer hab ich, aber es war nun einmal so und das solltest du wissen.“
    Nun wusste ich’s. „Borsig?“ Das hätte ich nicht fragen sollen. Regitz begann zu schluchzen. „Meldet sich nicht. Hab angerufen, bin hingegangen, seine Tür war aufgebrochen und alles durchwühlt. Keine Spur von ihm.“ „Hm“, machte ich, mir fiel nichts anderes ein. Das Gespräch verflachte abrupt, um aus Mitleidsgründen nicht „schlagartig“ zu schreiben. Ich bot Regitz vorübergehendes Asyl an, wie es gute deutsche Art ist. Der Mann mochte halbtot sein, blöd aber war er nicht. Die Tatsache, dass jene beiden Finstermänner noch nicht bei mir aufgetaucht waren, legte die Vermutung nahe, sie würden es in nächstbester Zeit tun. Und der Alte war nicht gewillt, weitere Teile seines Körpers für eine Verformung zur Verfügung zu stellen. „Ich hab so’n kleines Ferienhaus in der Bretagne, St. Malo die Korsarenstadt, wenn dir das was sagt. Dorthin ziehe ich mich fürn paar Wochen zurück, meine Schnalle war beim Roten Kreuz, freiwilliges soziales Jahr.“
    Ich nickte und sagte „ach so“, Regitz nickte und sagte „genau“.

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    Regitz erhob sich. Bevor er mich verließ, fiel seine matte Rechte auf meine linke Schulter, sein günstiger davongekommenes Auge sah mich lange an und der Mund – die darin befindlichen Zahnreihe oben legte keinen Wert mehr auf Vollständigkeit – sprach: „Pass auf dich auf, mein Sohn. Wenn sie kommen, gib alles zu, der Proletarier weiß, wann er die Schlacht verloren hat, aber den Krieg wird er gewinnen. No pasaran!“
    „Bestimmt“, sagte ich und fragte, einer Eingebung folgend: „Kennst du eigentlich einen Lothar – äh – Schyprishyvitzky?“ Regitz sah mich verwundert an. „Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor. Meinst du den Eventfritzen? Das ist der Bruder von der Im- und Exporttussie, der Gebhardt. Aufpassen, ein ganz linker Vogel. Woher kennst den Arsch?“ „Nur so“, antwortete ich ungenügend. Regitz seufzte und trat ins Treppenhaus. „Na, mir egal. Ich zisch jetzt ab. Rechne die nächsten sechs Wochen nicht mit mir und ruf mal bei Borsig an. Die Nummer kannst dir leicht merken: 040404. Das Arschloch hat nur Schalke im Kopf.“ Es klang zärtlich und eine Welle von Zuneigung für diesen gestürzten Titanen durchströmte mich. Ich rief ihm ein „Adieu!“ nach, er stöhnte ein „Meinetwegen“ zurück und taumelte treppab.
    Ich tat in dieser Nacht kein Auge zu und träumte wild. Ein Humphrey-Bogart-Verschnitt jagte den Malteser Falken, der aber war ein Bangladeschischer Osterhase und ich war selbstverständlich Bogart und beide waren wir Geschöpfe aus dem Hirn des guten alten John Le Carré, der genau wusste, dass man als John Le Carré auch mit dem größten Quatsch noch auf Platz 1 der Krimibestenliste kommt. Der Spion, der durch die Kälte latschte. Ich. Auf einmal nicht mehr Bogey, auf einmal Richard Burton, der war schon tot und Michael Jackson war tot und Elizabeth Taylor lebte noch. Es war ein schrecklicher Film, völlig ohne Sinn und Verstand, und ich also der ideale Hauptdarsteller, ein Film mit schnellen Schnitten  und cool im Gegenlicht gehalten, garantiert bestsellern.
    Karl Marx erklärte mir aus dem übel ruinösen Mund des armen Regitz, er habe sich zu korrigieren. Nicht die Religion sei das Opium des Volkes, die Rolle habe längst der Krimi übernommen, eine gigantische Verdummungsmaschine. Ich nickte bestürzt. Genauso musste es sein. Und aus Karl Marx wurde plötzlich der Plüschosterhase, der mir seinen Schwachsinnssatz ins Gehirn rammelte, so dass ich mir nichts sehnlicher wünschte als schleunigst aufzuwachen, was, da ich ja überhaupt nicht schlief, nach quälenden Stunden endlich gelang.
    Mir war klar, dass ich einen Plan machen musste. Eine Agenda 2010 sozusagen, aber ich hieß nicht Gerhard Schröder und nahm mir deshalb vor, zuerst nachzudenken und erst dann zu entscheiden, was zu tun sei. Mit jener Frau Gebhardt und Lothar lag ein zweites geschwisterliches Verhältnis auf dem Tablett der To Dos. Diese Verbindung erschien mir von höchster Wichtigkeit und machte einen nächtlichen Besuch bei Gebhardt und Lonig dringend erforderlich, war also im Rahmen MEINER Agenda 2010 so

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