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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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„Nee, Abendessen“ eine längliche Fresse, die ihn beinahe sympathisch machte. Ich überreichte ihm Marxers Essensreste, was er freudig begrüßte. Sogleich begann er zu mampfen, die Sahnetorte zuerst.
    Hermine erwartete mich am sorgfältig gedeckten Tisch. Ihre Augen glänzten paarungsbereit, sie trug ein enges hellgraues Kostüm, in dem ihr Leib zu einer Art Cello oder besser Bratsche geformt ächzte. Auf dem Tisch harrten zwei Milchshakes mit langen und dicken Strohhalmen des Vorspiels.
    Hermine streichelte den Strohhalm, führte ihn langsam zum Mund und blies hinein. Ich senkte den meinen noch langsamer in den Milchshake und blies ebenfalls hinein. An der Oberfläche des trüben Gewässers begannen Blasen ekstatisch zu tanzen, ich zutzelte ein wenig von dem Getränk in mich hinein, während Hermine immer erregter an ihrem Strohhalm kaute und, als ich abermals Blasen machte, mir ein halblautes, nur schlecht kontrolliertes „wow“ entgegen stöhnte.
    Jonas streckte den Kopf ins Zimmer und betrachtete uns so interessiert wie misstrauisch. Irgendetwas Merkwürdiges ging hier vor, ein perfider Akt der Täuschung, schnöder Betrug. Er wischte sich Fleischreste von der Lippe und zog sich, erkennbar in düsteren Gedanken, zurück.
    Und das war gut so. Denn als ich mich an das Ausschlürfen der Muscheln machte – lasches und klebriges Zeug, das nicht nach Meer schmeckte, sondern nach holländischen Gewächshäusern, also nach gar nichts  - rutschte Hermine unruhig auf ihrem Stuhl herum und artikulierte eindeutige Geräusche. „Oh Moritz, jaaaaaa. Du machst mich ganz...“ Ich schloss die Augen und tat meinen Job. Hermines Kostüm knisterte lasziv, das von ihm mit letzter Kraft vor der völligen Hingabe bewahrte Fleisch köchelte vor Wollust, wie es immer in Romanen heißt, und von der Tür rief der abermals alarmierte Jonas ein ängstliches „Is was, Mum?“, wurde indes umgehend mit einem „Hau ab an deine Playstation“ mütterlicherseits auf sein angestammtes Terrain zurückbeordert.
    Spargel und Pommes. Ich bespritzte letztere mit Mayo, von Hermines „Drück auf die Tube, Liebster!“ angefeuert, beugte mich, den Hintern gemächlich in erotischer Zeitverzögerung lupfend, über den Tisch, um die zitternde Geliebte mit dem Gemüse und der Beilage zu füttern. Jeder abgebissene Spargelkopf tat mir weh, jede abgeleckte Fritte steigerte Hermines Lust. Ich ahnte, dass Jonas wieder in der Tür stand und sich vornahm, die seltsamen Sitten und Gebräuche der Erwachsenenwelt alsbald mit jugendlicher Akkuratesse zu ergründen. „Zisch ab, Jonas“, zischte ich und bekam ein altersgemäßes „Fick dich, Opa“ zurück. Irgendetwas interpretierte er hier falsch.
    Hermine vibrierte. Ich beeilte mich, das Eis am Stiel aus dem Gefrierschrank zu holen, Erdbeergeschmack mit Schokoüberzug. Ich entfernte das Papier, als wäre es die Seidenwäsche am Körper einer betörenden Frau. Leckte die Schokolade sturmreif, bis sie mir wie geschmolzenes Gold in den Rachen floss. Beugte mich wieder über den Tisch und gönnte Hermine den Erdbeergeschmack. Das Stöhnen war inzwischen so laut, dass Jonas den Fernseher auf volle Lautstärke gedreht hatte.
    „Und jetzt den Schaumwein!“ schrie Hermine und biss herzhaft ins Eis. Ich taumelte abermals in die Küche und ließ kurz darauf den Korken knallen.
     
     
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    Der Schaumwein schmeckte miserabel, aber die Zigarette danach war wie immer unverächtlich. Wir kühlten uns auf dem Balkon die erhitzten Körperteile und Hermine fragte, ob es mir auch ein bisschen „was gebracht“ habe, sie jedenfalls... Für jedes Pünktchen bohrte sie ihren rechten Zeigefinger durch das Hemd in meinen Nabel. „Ja“, sagte ich, „bloß die Muscheln haben mich temporär abgetörnt. Ich bevorzuge Austern.“ „Stimmt“, gab Hermine zu, „aber die hat Aldi nicht in der Truhe. Nur die Muscheln. 2,99.“
    Drinnen schenkte ich ihr feierlich das signierte Exemplar von „Tote zahlen keine Kontoführungsgebühr“. „Woher kennst du die Tussie und wieso unterschreibt sie mit Konstantin Marxer?“ Ich erklärte es ihr und sie erklärte daraufhin Krimiautoren zu neurotischen Spinnern, worauf mir kein Gegenargument einfiel. Jonas, der weiterhin auf vorweihnachtliche zwanzig Euro hoffte, saß mit uns am Tisch, griff sich das Buch und versprach es zu lesen. Die Information, dieses kindgewordene Beispiel für die Dringlichkeit einer Präimplantationsdiagnostik könne lesen, überraschte mich sehr.
    „Für

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