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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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möglich war, wird jeder verstehen. Annamarie Kainfeld hatte sich den Vormittag frei genommen – ich wollte gar nicht erst wissen, wofür, sie sagte es mir auch nicht. Also saß ich alleine in unseren Büroräumen, braute einen miserablen Kaffee und frönte noch miserableren Gedanken. Der Anteil von Berufskillern an der deutschen Population stieg bedrohlich an. Früher lernten die Jungs Automechaniker, heutzutage verlegten sie sich auf Finanzmakler oder, wenn sie nicht ganz so gewissenlos waren, aufs Berufskillen eben. Gott sei Dank wurden Mädchen noch mit Vorliebe Friseuse, Topmodel oder Gymnasiallehrerin. Nicht auszudenken wenn sie einmal auf die Idee kämen, es sei besser, einen Idioten um die Ecke zu bringen als ihm die Haare zu föhnen.
    Als ich gerade überlegte, welches Frühstück ich mir aus der Bäckerei besorgen sollte – ich tendierte zu Kaffeestückchen, hatte aber noch ein Salamibrötchen alternativ in der engeren Auswahl – klingelte das Telefon. Ich betete inständig, es sei kein erneuter Mordversuch auf ein Mitglied meiner Gruppe verübt worden und nahm den Hörer ab. „Bundesbeauftragter für das Bürgerglück, Moritz Klein, guten Morgen, was kann ich für Sie tun, wenn Sie kein Killer sind?“
    Am anderen Ende der Leitung räusperte es sich. „Äh...ja. Ich meine: nein. Mein Name ist Hubertus von Wollzogen-Dünnbier und ich bin...“ “...Finanzmakler“, unterbrach ich ihn finster. Er lachte auf. „Nein, nein, nehmen Sie doch bitte nicht das Schlimmste von mir an. Ich bin Butler und will Ihnen nichts verkaufen.“ „Danke. Aber ich brauche auch keinen Butler.“ Er lacht wieder auf. „War mir jetzt schon klar. Ich möchte Ihnen auch nicht meine Dienste offerieren. Sondern nur höflich nachfragen, ob ich Sie in etwa einer halben Stunde in Ihrem werten Büro aufsuchen darf. Es handelt sich um etwas Persönliches.“
    Hm. Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass die Glückssuchenden jetzt schon in Persona hier zu erscheinen gedachten, um mir ihr Anliegen vorzubringen. Ein adliger Butler, der das Glück suchte, das hatte allerdings etwas. Da ich mich zu langweilen drohte, sagte ich von Wollzogen-Dünnbier, ich erwarte seinen Besuch. Er räusperte sich dezent. „Vielen Dank. Und gehen Sie bitte vorher nicht in die Bäckerei, um sich ein Kaffeestückchen oder alternativ ein Salamibrötchen zu kaufen. Überlassen Sie das ruhig mir. Bis gleich.“
    Ich verbrachte die nächsten 30 Minuten damit, angestrengt zu überlegen, wieso ein Butler in der Lage war, meine Gedanken zu lesen. Hatte er nur geraten und – nun ja – einfach Glück gehabt? Dann wäre die Frage relevant, was ich für einen Menschen würde tun können, der so viel Glück besaß. Oder hatte ich meine Frühstückswünsche eben vor mich hin gemurmelt und man hörte mein Büro ab? Schon wahrscheinlicher. Am wahrscheinlichsten aber war, dass dieser adlige Lakai schlicht und ergreifend über parapsychologische Fähigkeiten verfügte. Diese Einsicht beruhigte mich.
    Von Wollzogen-Dünnbier war pünktlich. Er sah so aus, wie man sich einen Butler vorstellt, wenn man zwanzig Jahre lang im Fernsehen nur Agatha-Christie-Verfilmungen geguckt hat. Sehr aufrechter, dezenter Gang, hagere Statur, leicht ausgedünntes, aber sehr gepflegtes Haar und einen dito Nagelstreifenanzug sowie blinkende Halbschuhe, die ein unsichtbarer Schuhputzer 24 Stunden am Tag zu wienern schien. Mein Gast gab mir die Hand – angenehmer Händedruck, nicht zu lasch, nicht zu fest – und machte einen angedeuteten Diener.
    „Vielen Dank, dass Sie Ihre wertvolle Zeit für mich opfern. Ich habe mir erlaubt, Ihnen sowohl ein Kaffeestückchen als auch ein Salamibrötchen mitzubringen. Aber lassen Sie mich vorher Kaffee kochen. Das von Ihnen hergestellte Gebräu ist, wie Sie vor einer Stunde zu Recht dachten -. Zitat: der abgetörnteste Muckefuck des Jahrhunderts.“ Dann drehte er sich um und steuerte zielstrebig die Küche an.
     
     
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    Von Wollzogen-Dünnbier verstand einen Kaffee zu brauen, der einem den Glauben an den Adel wiederzugeben vermochte, auch wenn dieser inzwischen ziemlich auf den Hund gekommen war. „Für wen arbeiten Sie eigentlich?“ wollte ich wissen, eine Frage, die der Butler mit einer formvollendet versteiften Oberlippe beantwortete. „Ein Geheimnis?“ fragte ich weiter und von Wollzogen-Dünnbier nickte nachdenklich. „Könnte man so sagen, aber bitte nehmen Sie das nicht als persönlichen Affront oder gar ein Zeichen des Misstrauens. Es

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