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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Jemand schrieb Krimis und wollte lieber zwei Wochen Urlaub auf den Malediven machen. Nun ja, er könnte hinschwimmen.
    Gegen Mittag verließ ich mein Büro, sah mich – inzwischen routinemäßig – nach auflauernden Killern um, erspähte keine – nur eine mittelalte Frau kam mir verdächtig vor – und entschied mich für einen Besuch beim Griechen. In diesen harten Zeiten müssen die Gebeutelten der Erde zusammenhalten, which side are you on, erklang der alte Gassenhauer der Gewerkschaftsbewegung in mir.
    Karneval der Griechen... Karneval der Griechen... so hatte Lydia Gebhardt es genannt und bislang war ich auf der Suche nach dem Sinn dahinter noch nicht fündig geworden. Von Drachmos Europoulos, dem gemütlichen Wirt des Spezialitätenlokals „Antigone“ erhoffte ich mir... ja, was eigentlich? Nicht viel. Im Grunde hatte ich lediglich Appetit auf Gyros mit Tsatsiki und die sehr nette Bedienung der beiden Europoulos-Töchter Skylla und Charybdis, deren Anwesenheit gewiss für die Hälfte des Restaurantumsatzes verantwortlich war.
    Es war um diese Zeit nicht viel los im „Antigone“. Charybdis spülte gelangweilt Biergläser, Skylla glättete die Eselsohren aus den Speisekarten. Eine davon brachte sie mir. Ich zauderte nicht und bestellte Gyros mit Pommes, die große Portion natürlich, dazu einen trockenen Roten. „Eine Minute Zeit?“ fragte ich die Schwarzhaarige, als sie mir den Wein brachte und einschenkte. Sie sah sich um und nickte. „Nur eine Frage“, sagte ich, „was versteht man unter dem Karneval der Griechen?“ Sie schaute verdutzt. „Karneval der Griechen? Also im Moment ist denen wohl nicht nach Karneval zumute. Vielleicht irgend so ein Fest der Griechen, die in Köln oder Düsseldorf oder Mainz leben. Ich kann ja mal meine Schwester fragen. Momentchen bitte.“
    Sie tat es. Ich beobachtete, wie Charybdis interessiert, wenn auch ziemlich ratlos zu mir herüberschaute. Sie wisse es auch nicht, vermeldete Skylla und zuckte bedauernd mit den Schultern. „Ob Sie wohl mal kurz Ihren Vater fragen könnten? Vielleicht ist es ein alter Brauch aus seiner Heimat.“ Sie versprach es und widmete sich zunächst einem neuen Gast, dem sie die Vorspeisenplatte „Special Olympics“ empfahl, eine gute Wahl, wie ich aus eigener Erfahrung hätte bestätigen können.
     
     
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    Ich war pappsatt. Wie immer war mir im „Antigone“ eine Essensportion vorgesetzt worden, die wahlweise einen Zyklopen oder die Besatzung des Trojanischen Pferdes zufriedengestellt hätte. Ein Ouzo zur Verdauung. Skylla zwinkerte mir zu und sagte „Prösterchen“. Ich schloss die Augen und kippte den guten Stoff dem guten Essen nach. Arbeiten? Jetzt arbeiten? Fast unmöglich. Dass ich den „Karneval der Griechen“ nicht hatte entschlüsseln können, war natürlich schade, aber nicht zu ändern. Hatte sich Lydia Gebhardt vielleicht geirrt? Hieß es nicht „Karneval der Griechen“, sondern „Karneval der Kriechtiere“? Unsinn. Ich würde weiter recherchieren müssen.
    Vor dem Restaurant zündete ich mir eine Verdauungszigarette an, auch beim Essen ist die Zigarette danach ein nicht zu unterschätzendes Vergnügen – ein Bekenntnis, das man mir inzwischen wohl aus jedem Roman wegen political incorrectness streichen würde. Auch Drachmos Europoulos schien so zu denken, stand er doch am Heizpilz und schmauchte genüsslich sein Pausenzigarettchen.
    Der Wirt, dessen ausladender Bauch ihn als besten Kunden seines Etablissements auswies, winkte mich zu sich. „Karneval der Griechen?“ fragte er, „Wie kommen Sie denn da drauf?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Hab ich vor kurzem mal irgendwo gehört. Wissen Sie, was das ist?“ Europoulos schaute nicht aus, als würde er mir ein Wort glauben. „Tjaaaa“, zog er sinnierend lang, „Karneval der Griechen! Wie lange ist es her, dass ich davon gehört habe. In meiner Jugend war das anders.“
    „Ahaaaaaa“ zog ich noch länger. „Genau“, bestätigte der Wirt. „Da wo ich herkomme, haben wir jedes Jahr den Karneval der Griechen gefeiert. Sie kennen Homer? Die Odyssee? Das Trojanische Pferd?“ Kannte ich als Literaturkenner natürlich. „Das müssen Sie sich so vorstellen wie den Rosenmontagszug in Köln. Nur ziehen beim Karneval der Griechen keine Wagen mit bonbonswerfenden und besoffenen Faschingsprinzen durch die Straßen, sondern – trojanische Pferde eben.“
    „Ui!“ machte ich verblüfft. „Und wer steckt in den Pferden drin?“ „Na die üblichen

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