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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Angoraunterhosen das ewig lockende Weib, die personifizierte Sünde. „Okay“, sagte Irmi und stand auf, „wir sollten uns so langsam fertig machen für heute Abend. Wer will von den Damen als erste ins Bad?“ Marxers Zeigefinger schnellte spontan hoch.
    Noch den Kajalstift. Emily Pluster würde sich aufbrezeln wie noch keine weibliche Romanfigur vor ihr. In all den Jahren seiner Tätigkeit als gehobener Unterhaltungsschriftsteller mit leisem Sehnen nach dem Büchner- und dem Nobelpreis hatte Marxer schmerzlich lernen müssen, dass nichts so sehr zog wie Erotik, selbst, ja vor allem in den sogenannten gebildeten Kreisen, den Geografieprofessoren, evangelischen Pfarrern und katholischen Oberstudienräten, die einen Krimi nur unter der Bettdecke lasen, als wären sie noch kleine Kinder. Der Mensch hat ein Bedürfnis nach knallhartem Eros, nach quietschebunter Action sowieso. Emily Pluster würde diese Bedürfnisse in literarisch ansprechender, aber nicht zu anspruchsvoller Form befriedigen, das war jetzt klar wie die sprichwörtliche Kloßbrühe.
    Endlich fertig. Jetzt hieß es warten, denn der Rest der anwesenden Damen enterte nacheinander das Bad und arbeitete an den Fassaden. Irmi brauchte am kürzesten, „ich wasch mir das Gesicht mit Kernseife, das reicht schon“. Gelegenheit, sie auszufragen. Wie war das denn so 1968? Hatte die Alte Kontakt zu echten Terroristen gehabt? Irmi lächelte. „Na ja, eigentlich nicht direkt, aber eine adelige Linke habe ich tatsächlich mal gekannt. Im Schloss aufgewachsen, später einen Kinderladen gegründet, antiautoritäre Erziehung und so. Heute lebt sie, glaube ich, als Millionärsgattin in einem umgebauten Hamburger Loft und wehrt sich dagegen, dass ihre Plagen auf die gleiche Schule wie die Kinder von Hartz-IV-Empfängern müssen.“
    Prima, dachte Marxer, das bau ich auch noch ein. Ich decke alle Zielgruppen ab, mir entgeht kein Schwein.
     
     
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    Sigurd Winter brachte es nicht übers Herz. Aber es musste sein, das war ihm klar, man hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, was ihn erwartete, würde er es nicht durchziehen. Langsamer, schmerzhafter Tod. Dennoch: Es war weit brutaler, als ein unschuldiges Rehkitz zu erwürgen, das einen mit seinen großen Kinderaugen ansah. Okay, dachte er jedenfalls, hatte er noch nicht gemacht. Aber es gab keine Alternative, es war ein Job, so musste man das sehen. Winter baute seinen Stand auf, mitten in der Fußgängerzone, schon schauten einige Passanten. Die ersten blieben stehen, als er das Transparent aufspannte: „Ich verbrenne gleich hier Geld, zuschauen kostenlos“.
    Melanie Groß freute sich. Endlich einmal Geld verbrennen! Das machten doch all diese coolen Banker, die zündeten sich sogar ihre Zigarren mit Tausend-Euro-Scheinen an. Sie hatte irgendwie ja nie genug Geld gehabt, immer nur das Notwendigste in allem. Die Mindestgrundausstattung. Auch ihr Mann, von dem sie Gott sei Dank inzwischen geschieden war: Mindestgrundausstattung – und selbst die ziemlich störungsanfällig. Nein, Melanie Groß freute sich. Es machte ihr auch nichts aus, bei diesem Scheißwetter im Bikini am Eingang des Kaufhauses zu stehen. So zog man nun mal die Leute an, animierte sie dazu stehenzubleiben. Und ihre Bikinifigur war, na ja, etwas besser als die Mindestgrundausstattung. Außerdem würde ihr gleich warm werden, wenn sie das Feuerzeug an den Fünfziger hielt. War ja für eine gute Sache, hatte man ihr erklärt.
     
    *
     
    Halbe Stunde noch, dann waren sie am Ziel. Keine Ahnung, was sie dort erwartete. Doppelgänger! Sie sollten so tun, als seien sie ihre eigenen Doppelgänger! Was für eine Erniedrigung! Wenigstens hatten sie einen Fernseher im Bus, CNN war eingeschaltet. In ganz Deutschland, so wurde berichtet, waren am Nachmittag und späten Abend auf öffentlichen Plätzen Geldscheine verbrannt worden. Es hatte Ausschreitungen gegeben, empörte Passanten als Lynchmobs, die Polizei war nur mit Mühe in der Lage gewesen, das Schlimmste zu verhindern. In der Stadt, in die sie gerade unterwegs waren, hatte man eine Frau im Bikini beinahe geteert und gefedert, als sie einen Fünfzigeuroschein in Brand steckte. Ah, diese Germanen! Taten so, als seien sie die Geldgeilheit in Person und dann hauten sie dermaßen auf die Kacke!
    Dem kleinen Deutschen war angesichts der Bilder schlecht geworden. Er stolperte zur Toilette, um sich zu übergeben. Geld verbrennen, das hatte er seinerzeit höchstselbst und nur im großen Stil gemacht und

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