Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
bekannten Kriminalschriftsteller Konstantin Marxer.“
    „DEM Marxer? Der jetzt diese Talkshow moderiert? 'Von Frau zu Frau – Männer talken über Frauen.'?
    „Genau der. Er behauptet, seine Füße hätten die Dinger nicht mehr ertragen. Sein Make Up war dilettantisch."
    "Interessant. Moment, ich gehe mal rüber zu Klein.“
    „Nein, warten Sie. Er hat Besuch. Seine Lebensgefährtinnen.“
    „-INNEN?“
    „Ja. So hässlich dieser Klein auch sein mag, Frauen fliegen auf ihn. Ständig sitzen mindestens zwei an seinem Bett und lesen ihm aus der Zeitung vor oder rauchen Zigaretten für ihn.“
    „Sie rauchen... wird ja immer verrückter. Scheint ja einen Schlag bei alten Mädchen zu haben.“
    „ALTE Mädchen? Gucken Sie mal unverbindlich ins Zimmer. Von wegen alte Mädchen... So was finden Sie heute nicht mal mehr im Nachtprogramm von RTL." "Sie machen mich neugierig. Wann ist Visite?“
    „Um 10."
    "Okay. Ich bin dabei.“
    „Gut. Ich trink noch einen Kaffee vorher.“
     
     
    552
    Was war passiert? Ich musste träumen. An meinem Bett saßen schöne Frauen und lasen mir aus der Zeitung vor. Ich sah sie nicht, aber ich erkenne schöne Frauen an ihren schönen Stimmen. Was sie lasen, war weniger schön. Deutschland war Fußball-Europameister geworden, weil die Italiener und Spanier dafür in Brüssel an die Fleischtöpfe gedurft hatten. Die Engländer hatten uns ihre Olympischen Spiele plus sämtliche Goldmedaillen angeboten, auch sie brauchten dringend frisches Geld. Die Welt war verrückt geworden.
    Nein, Korrektur: Sie war verrückt geblieben. Wie lange lag ich schon hier? Eine Woche, einen Monat? Die Frauen lasen mir das Datum der Zeitung vor. Sechster Juli im Jahr der Herrin 2012. Ich hatte das Ende des Winters und den kompletten Frühling verpasst. Ich wusste nicht, wer deutscher Fußballmeister geworden war (wahrscheinlich Bayern München) und ob die FDP noch existierte (wohl nicht mehr).  Eine Kanzlerin hatten wir noch, das wusste ich aus der Zeitung. Sie hieß Ursula von der Leyen und ich verspürte den Wunsch, nicht mehr zu erwachen.
    Dabei war ich durchaus wach, konnte mich aber nicht bewegen. Ich versuchte mich zu erinnern, aber es gelang mir nur bruchstückhaft. Ich war das Opfer eines mörderischen Anschlags geworden, alle anderen waren unbeschadet davongekommen. Nur warum man mich hatte töten wollen, davon hatte ich keine Ahnung. Hatte ich zusammen mit Günter Grass ein erotisches Gedicht geschrieben und war darob vom intellektuellen Mob beinahe gelyncht worden? Konnte sein, musste aber nicht. Viel wahrscheinlicher war, dass ich das Opfer eines unglücklichen Zufalls geworden war. Denn ich war doch nichts weiter als ein ganz normaler, langweiliger Bürger, oder? Darüber grübelte ich nach. Und stellte fest, dass ich nicht wusste, was ich war oder wer ich war. Schlimmer noch: Ich kannte nicht einmal meinen Namen.
    Die schönen Frauen kamen täglich und lasen mir vor. Ich liebte sie alle, obwohl ich es vermied, die Augen zu öffnen. Sie lasen mir die Wettervorhersage vor, was mich brennend interessierte. Sie leierten die Programme sämtlicher Fernsehsender herunter, was mich noch brennender interessierte. Sie lasen auch die Fernsehkritiken, vor allem die der Sendung „Frauen unter sich“, einer Talkshow, in der Männer darüber redeten, was Frauen so redeten, wenn sie unter sich waren. Es musste fürchterlich sein.
    Jeden Tag wurde ich gefüttert. Aber nicht von den schönen Frauen, sondern von furchtbar hässlichen. Das erkannte ich an den Stimmen, die „Noch ein Löffelchen für das kleine Schweinchen“ sagten oder „Und nun noch ein Frittchen für den Erzengel“. Fürchterlich. Liebe wartete ich auf die schönen Frauen und ihre Stimmen. Jetzt war wieder eine da. Sie setzte sich auf die Bettkante, streichelte mir über das Haar und begann zu lesen.
    „Berlin. Der bei einem Attentat schwer verletzte und noch immer komatöse Bundesbeauftragte für das Bürgerglück, Herr Moritz Klein, wird mit dem Großen Verdienstorden am Hosenband ausgezeichnet. Wie der Regierungssprecher erklärte…“
    Wie bitte? Was? Moritz Klein? Der Name kam mir auf einmal so bekannt vor…und plötzlich, ohne Vorwarnung war die Erinnerung wieder da. Ich saß plötzlich kerzengerade im Bett und riss die Augen auf.
     
     
    553
    Ich weigerte mich, mir die Zähne zu putzen. Der Typ, der mir aus dem Spiegel entgegen starrte, war ein völlig Fremder und es gab keinen Grund, Fremden bei der Morgentoilette zur Hand zu

Weitere Kostenlose Bücher