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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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würde. Honig, der Stecher der Königin? Sein mysteriöser, weil anscheinend nicht existierender Fastnamensvetter Lonig? Gar der schlitzohrige Regitz, dem man das sofortige Flüchten einfach nicht abnahm? Wie erwartet gewann ich die Wette. Honig erschien an der Tür zu Lydia Gebhardts Büro, räusperte sich, doch bevor er etwas sagen konnte, peitschte ihm ein gutturales „Volltrottel“ entgegen.
    Honig ging in den Raum und setzte sich auf die Schreibtischkante. „Wieso hier?“ fragte er. Lydia lachte. „Ach Leo, du bist ja noch dümmer als du blendend aussiehst. Sollen wir telefonieren? Oder uns bei mir treffen? Und mein Mann serviert uns Drinks und hockt still in der Ecke? Oder bei dir und Lonig erwischt uns?“
    Darauf fiel Honig nichts ein. Er beugte sich vor und berührte Lydias Wange, Lydia nahm es hin wie eine Polioschutzimpfung, biss die Zähne aufeinander und verzog das Gesicht. „Lass das. Mir ist nicht danach. Hast du das Ding?“
    Erst jetzt sah ich die Tragetasche an Honigs rechtem Arm. Sie kam mir bekannt vor. Es stand „Tragetasche“ darauf und war meine. „Gar nicht schwer“, sagte Honig. „Der wird vielleicht merken, dass ihm jemand das Ding geklaut hat, aber nicht wie. Alles unversehrt, scheiß Schloss, da hätte auch eine Büroklammer gereicht. Mein Gott, du hättest die Wohnung sehen sollen. Dass Menschen so leben können!“
    Ich schämte mich und war wütend. Der Kerl sprach von mir. „Gut“, sagte Lydia und zündete sich die nächste an, „und wenn er den Satz gehört hat?“ „Glaub ich nicht“, sagte Honig, „der war von den Dreien der mit Abstand Blödeste. Und wenn schon. Wenn der 1 und 1 zusammenzählen soll, muss er nach dem Ergebnis googeln und merkt erst nach ner Stunde, dass er gar keinen Internetzugang hat.“
    Eine hübsche Situation, mein privates Wikileaks sozusagen, und ich wartete auf weitere geheime Wahrheiten. Wahrscheinlich gesellte sich gleich Hermine zur munteren Runde und gab preis, Moritz Klein sei eine Niete im Bett und habe Schweißfüße, Jonas in ihrem Schlepptau könnte aussagen, dieser Moritz sei ihm schon immer verdächtig vorgekommen, weil er kleinen Schulmädchen nachschaute, und dann erschienen Sonja Weber ("Moritz Klein popelt in der Nase."), der Dichter Marxer ("Moritz Klein ist Analphabet."), als Krönung schließlich ich, Moritz Klein selbst mit dem Bekenntnis: „Als Einzeller ist es mir bisher erstaunlich gut gelungen, mich in der Gesellschaft intelligenter Lebewesen zu behaupten.“ Dann wüsste ich endlich über mich Bescheid und könnte getrost den Löffel abgeben.
    Lydia Gebhardt schien sich etwas beruhigt zu haben. „Dennoch, das darf nicht noch einmal passieren. Pass in Zukunft besser auf und such dir deine Leute sorgfältiger aus. Notfalls zahl ihnen 10 Euro die Stunde.“
    Honig seufzte empört und erhob sich von der Schreibtischkante, brauchte Auslauf, zwei Schritte zur Tür, zwei zurück, warum sah mich der nicht? „Als ob das meine Schuld wäre! Die drei Hasen sollten mit der nächsten Lieferung kommen und die hätten dann ganz andere Leute bearbeitet! Woher soll ich denn wissen, dass die schon...“
    Er brachte den Satz nicht zu Ende, denn abermals waren die Geräusche eines nahenden Autos zu hören, wurde ein Motor abgestellt. „Mach das Licht aus!“ zischte Lydia Gebhardt und eine Sekunde später saßen wir im Dunkeln und warteten.
     
     
    60
    Eine Zeitlang war es sehr still in den Büroräumen von Gebhardt und Lonig, Im- und Export. Wobei eine Steigerung von „still“ komplettes Dummdeutsch ist, doch sollten meine detektivischen Abenteuer jemals in Buchform erscheinen, wird es sich um Trivialliteratur handeln und etwaiger sprachlicher Dünnpfiff eh keinen Menschen interessieren.
    So dachte ich vor mich hin, denn es geschah ja sonst nichts. Ich hoffte, auch Lydia Gebhardt und ihr männliches Lustobjekt würden es sich unter dem Schreibtisch unbequem machen, ein Szenario von erheblichem Humorpotential, beinahe dadaistisch oder so was. Den Gefallen taten sie mir nicht. Lydia saß unbeweglich, Honig stand unbeweglich, ich krümmte mich unbeweglich, und wir warteten auf den oder die unbekannten Gäste, deren Wagen vor nun mehr als fünf Minuten vor dem Haus abgestellt worden war.
    Honig flüsterte der Gebhardt leise etwas zu, so leise, dass ich es nicht verstand, Lydia sehr wohl, sie zischte es auch sehr leise aus wie die letzte Kerze auf der allerletzten Geburtstagstorte. Weitere fünf Minuten vergingen. Ich wusste endlich,

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