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Die Ehre der Am'churi (German Edition)

Die Ehre der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Ehre der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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streichelte über seinen Kopf, wiederholte diese Worte wieder und wieder, bis Ni’yo es wagte, sie zu glauben. Zu hoffen, so weit war er noch nicht. Er klammerte sich an diesen Moment und schob die Zukunft von sich.
    „Lass uns diese Fessel loswerden, ich will dich halten, ohne dass es uns beiden weh tut“, flüsterte Jivvin. „Ich schwöre, ich finde heraus, warum uns das angetan wurde, und dann ich reiße den Verantwortlichen lebendig in Stücke!“
    Lächelnd studierte Ni’yo den Zorn in Jivvins Gesicht. Er hatte nicht gewusst, dass auch Zorn ein Gefühl sein konnte, das sich teilen ließ, obwohl er selbst diese Wut nicht empfand. Es war so gut zu wissen, er war nicht das Ziel … diesmal nicht.
    „Ein Schritt nach dem anderen“, sagte er begütigend. Er wollte die Hoffnung nicht zerstören, die Jivvin zu hegen schien. All dies war so neu für ihn, dass es ihn verängstigte, darüber nachzudenken. Wenn er nun einen Fehler beging? Etwas sagte, das Jivvin beleidigte? Sich zu sehr an ihn klammerte und dadurch erstickte, was zwischen ihnen zu wachsen begann? Was war richtig und falsch, wie sollte er das wissen?
    „Du hast Recht. Wir müssen jetzt erst einmal nach Kauro und diese Kette loswerden“, stimmte Jivvin ihm zu. „Bist du stark genug zu laufen? Was ist mit der Kopfwunde?“
    „Sie heilt“, brummte Ni’yo nachlässig. Er hatte sie völlig vergessen, aber nun meldete sich tatsächlich der Schmerz wieder. Leicht zu ertragen, und es würde ihn nicht mehr behindern.
    Sie zogen sich lachend gegenseitig an, suchten dann die letzten Vorräte zusammen.
    „Teilen wir sie auf, oder gönnen wir uns noch einmal ein gutes Essen?“, fragte Jivvin.
    „Wie weit ist es denn von hier bis nach Kauro?“
    „Rund fünfzehn Meilen, schätze ich. Zwar in erster Linie bergab, aber das Gelände ist schwierig, alles ist nass geregnet, und wenn ich mir die Wolken ansehe, wird es heute noch mehr Wasser von oben geben.“
    „Wahrscheinlich wird es kommende Nacht richtig frieren, vielleicht sogar schneien, nicht wahr?“, fragte Ni’yo nachdenklich. „Also sollten wir laufen, so lange wir nur können, bis wir angekommen sind, was möglichst noch vor dem Sturm geschehen sollte.“
    „Du hast Recht. Also, lass uns alles aufessen und dann rennen, soweit die Füße uns tragen wollen.“
    Sie zogen dennoch das Frühstück in die Länge, mehr, als sie selbst für statthaft hielten. Ni’yo lag gegen Jivvins Brust gelehnt, ließ sich füttern und mit Essensbissen necken, die ihm immer wieder vor die Lippen gehalten, dann aber im letzten Moment fortgezogen wurden. Er selbst hielt es ähnlich mit Jivvin. Ein solches Spiel war ihm fremd. Lachen war fremd. Beides war so gut, dass es ihn innerlich fast zerriss vor Angst, es vielleicht nie wieder erleben zu dürfen. Lieber aber dieses Glück erfahren und den Rest seines sinnlosen Lebens darum trauern, als niemals glücklich zu sein … Daran glaubte er, mit seiner ganzen Kraft.
    Irgendwann trennten sich sie bedauernd, sie wussten, jede Minute, die sie selbstvergessen verstreichen ließen, würden sie bitter bereuen, wenn der Sturm sie einholen sollte.
    „Ich bin ausgeruht genug. Lauf, Jivvin, du kennst dich in dieser Ecke aus. Ich folge dir.“
    Jivvin nickte, musterte ihn noch einmal besorgt, sagte aber nichts. Er wusste nur zu gut, dass Ni’yo sich nicht schonen würde.

„Siehst du etwas?“, wisperte Jivvin ihm zu. Es war tief in der Nacht, sie kauerten halb erfroren auf einem Hügel, der das Dorf Kauro überblickte. Den ganzen Tag waren sie gerannt, vor dem Schneesturm geflohen, der sich von Mittag an vorangekündigt und sie vor Stunden eingeholt hatte. Es war Jivvins Richtungssinn zu verdanken, dass sie überhaupt noch das Dorf gefunden hatten. Nun mussten sie sich nur noch vergewissern, dass sie die einzigen Verrückten waren, die hier draußen im knöcheltiefen Schnee feststeckten und wirklich keine Feinde auf sie lauerten.
    „Ja. Ich sehe hell erleuchtete Häuser, ich sehe dunkle Häuser, ich sehe Ställe. Und vor allem sehe ich jede Menge Schnee“, knurrte Ni’yo erschöpft. „Das da vorne dürfte die Schmiede sein, und wenn nicht, ist es mir auch egal. Ich spüre meine Füße nicht mehr.“
    „Schon gut, lass uns gehen. Wenn es eine Falle sein sollte, merken wir es noch früh genug.“
    „Im Augenblick würde ich mich gerne gefangen nehmen lassen, wenn man uns an einem warmen Ort einsperrt!“
    Sie schlichen in das Dorf, hielten sich im Schatten der niedrigen

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