Die Ehre der Slawen
kindlich das klang!
Paddie träumte davon, wie er der hübschen Kosi das selbst gegerbte Luchsfell um die Schultern legte. Wie sie ihn staunend bewunderte und endlich die gebührende Aufmerksamkeit schenken würde. Er wäre dann endlich nicht mehr Paddie das Fröschlein, nein, er würde als ein begehrenswerter, tapferer, junger Mann dastehen, fast ein großer Held sozusagen, der nur mit einem kleinen Messerchen bewaffnet auf Raubtierjagd ging. Paddies Brust schwoll im Halbschlaf an vor Stolz. Vielleicht nannte man ihn eines Tages sogar »Byk«, den Stier, oder »Barik«, den Bären. Ach ja, seine angebetete Kosi, die kleine Amsel. Warum nur blickte sie immer so stolzen Hauptes über ihn hinweg? Warum tat sie immer so, als wenn er wirklich nur ein kleiner, unbedeutender Hüpffrosch wäre?
»Oh, Große Jägerin, erhöre mein Flehen und lasse meine Träume Wirklichkeit werden«, murmelte Paddie mit geschlossenen Augen vor sich hin, »ich würde dir mit Freuden auch das Herz des Luchses opfern.«
Ein kurzer Blick in Richtung der Schafe, die faul vor sich hindösten, und Paddie schloss erneut die Augen. Abermals fiel er in einen dämmrigen Halbschlaf und gab sich seinem Lieblingstraum hin: Kosi stand vor ihm, auf ihren fein geschwungenen Lippen das schönste Lächeln gezaubert, was man sich nur vorstellen konnte. Ihre langen, vollen Haare glänzten in der Sonne wie das frisch geputzte Gefieder einer Amsel. Anmutig strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, streckte die Hand aus und streichelte ganz sacht über Paddies Wange. Das Streicheln im Traume wirkte so echt, als wenn es in der Wirklichkeit geschähe.
Paddie seufzte leise im Halbschlaf: »Ach, du meine allerliebste Kosi!«
Kosis Berührungen wurden immer deutlicher, während der wunderschöne Traum langsam zu verblassen begann. Paddie wollte seine Arme ausstrecken, um seine entschwindende Angebetete festzuhalten, jedoch sie wogen schwer wie Blei. Kosis Umrisse rückten in immer weitere Ferne und lösten sich ganz auf, ohne dass Paddie etwas dagegen tun konnte. Alles nur ein Traum, aus und vorbei, aber warum spürte er das zärtliche Streicheln ihrer schlanken Finger immer noch so deutlich? Irritiert und noch leicht benommen erwachte Paddie und schlug die Augen auf.
Nicht Kosis zarte Hände berührten ihn liebkosend, sondern etwas Raues, Haariges. Ein Ding mit schwarzen Krallen lag auf Paddies Schulter und streifte erneut über seine Wange. Innerhalb eines halben Atemzuges sprang der dermaßen erschreckte Junge steil in die Höhe, als er erkannt hatte, was ihn da berührte: der Vorderlauf eines riesigen Wolfes!
Mit rasendem Herzen, die Arme schützend vor Brust und Kopf haltend, drehte sich Paddie blitzartig um, immer auf das Schlimmste gefasst. Vor Schreck bemerkte er nicht einmal, dass sein viel geliebtes Messer ins Gras gefallen war und er mit bloßen Händen gegen einen starken Wolf wirklich keine gute Figur gemacht hätte.
Statt eines zähnefletschenden Ungeheuers erblickte er jedoch seine Freunde Rapak und Bikus, die sich vor Lachen verkrümmt zu Boden warfen. Sie hatten sich heimlich von hinten an den träumenden Paddie angeschlichen, um ihm einen Schrecken einzujagen. Die Freude über ihren gelungenen Spaß war so groß, dass sie sich mit beiden Händen den Bauch hielten und mühsam nach Luft schnappten. Rapaks alte Wolfspfote lag achtlos im Gras und schien Paddie jetzt höhnisch zuzuwinken.
»Oh, ihr Nichtsnutze«, schimpfte Paddie erbost, als er seinen ersten Schreck überwunden hatte.
»Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen, mich so arg zu erschrecken? Stellt euch einmal vor, ich hätte mein Messer noch in der Hand gehabt und damit um mich gestochen!«
Der kleine, untersetzte Bikus sah seinen Freund für einen kurzen Moment entgeistert an, winkte dann aber locker mit der Hand ab und prustete erneut los. Rapak schüttelte seine langen schwarzen Haare und fiel ebenfalls sofort wieder mit ein. Ihr unbeschwertes Lachen schallte weit über die Wiese. Paddies anfänglicher Ärger verflog schließlich wie im Winde und bald darauf wälzten sich alle drei Freunde balgend durch das hohe Gras. Letztlich dauerte es eine ganze Weile, bis sie endlich wieder beruhigt hatten.
»Was ist«, fragte Bikus, dessen nimmersatter Appetit im ganzen Dorfe gefürchtet war und dessen Name »Dickerchen« bedeutete, »hast du Lust mitzukommen, um ein wenig zu fischen? Vielleicht fangen wir ja den großen Wels, der oft bei der
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