Die Ehre des Ritters (German Edition)
seiner Scheide an der Wand lehnte. »Ich will endlich die Wahrheit von dir hören«, sagte er und warf ihm die Waffe zu. »Wenn du dazu nicht bereit bist, will ich deinen Tod.«
Dom fing das Schwert mit beiden Händen auf. Seine Handflächen klatschten über dem harten Leder zusammen, das es einhüllte. Erschauernd hielt er die Waffe fest und bewegte tonlos die Lippen, während Griff gelassen sein Schwert aus der Scheide zog. Vor den klappernden Fensterläden zuckte ein Blitz; das gleißende Licht erhellte die Kammer und ließ die lange, glänzende Stahlklinge in Griffs ausgestreckter Hand silbrig und tödlich aufleuchten. In der darauffolgenden Dunkelheit murmelte Dom ein unzusammenhängendes Gebet.
»Zieh deine Waffe«, befahl Griffin.
»B … bitte, Griffin. Ich flehe dich an …«
Mit einem Knurren schwang Griff das Schwert durch die Luft und setzte die Spitze fein säuberlich unter das bebende Kinn seines Stiefbruders. »Eure Waffe, Sir.«
Mit gerecktem Kopf bemühte sich Dom, das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Griff senkte die Hand und schlug gegen die Klinge, die sein Gegner schlaff in der Hand hielt, während er zurücktrat, um ihm Platz zum Kämpfen zu geben. Ein Donnergrollen ließ den Turm erbeben, heftig prasselte der Regen hernieder, peitschte ins Zimmer und nässte die Binsen zu Doms Füßen.
»Wie lange weißt du schon, wer ich bin?«, fragte Griffin leise. Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme kalt und bedrohlich. »Wusstest du, dass ich ein geborener Montborne bin, als du mich Sebastians Braut hast entführen lassen?«
Dom täuschte Überraschung vor. »Was? Du bist ein Montborne? Ich hatte ja keine Ahnung …«
Griff legte all seine Wut in einen heftigen Schlag, der Dom beinahe die Waffe aus der Hand gerissen hätte. »Die Wahrheit, verdammt, oder es ist aus mit dir.«
Doms Adamsapfel hüpfte krampfhaft auf und ab. »Ich hatte vielleicht einen Verdacht, aber ich …«
Diesmal erwischte Griffin mit seinem Hieb Dominics Oberarm.
»In Ordnung«, lenkte er ein und hechtete mit einem Blick auf den zerrissenen Ärmel und den Fleck, der das weiße Leinen dunkel färbte, aus Griffs Reichweite. »Na schön, ich hab es gewusst.«
»Wie lange schon?«
Dom schnaubte und hob hochmütig das Kinn. »Seit Alys’ Tod. Sie besaß einige … Briefe. Sie stammten von ihrer adeligen Cousine – Joanna of Montborne. Eine meiner Mägde fand den Kasten, in dem Alys sie aufbewahrte. Ich habe die Briefe gelesen«, sagte er ruhig, »und danach verbrannt.«
»Bastard«, knurrte Griffin. Er holte mit dem Schwert aus, doch in seiner Wut verfehlte er sein Ziel. Dom sprang zur Seite und Griffin schlug ins Leere. »Du hast mir mein Leben gestohlen, Dom. Du hast mich in Unkenntnis über meine Geburt gelassen, und dann hast du versucht, dieses Wissen gegen mich zu verwenden, indem du mich die Braut meines Bruders hast rauben lassen. Hättest du mir je davon erzählt?«
»Oh, ja«, antwortete Dom. »Ich hatte durchaus die Absicht, dir davon zu erzählen …«
»Nachdem du Isabel an John ausgeliefert und deinen Lohn bekommen hättest«, beendete Griffin den Satz für ihn. Das Schweigen seines Stiefbruders war ihm Bestätigung genug. »Jesus, Dom. Hasst du mich wirklich so sehr?«
»Du willst die Wahrheit wissen?«, fragte er und bleckte die Zähne zu einem falschen Lächeln. »Ja. Ich hasse dich so sehr.«
Fassungslos blickte Griff auf den höhnenden Fremden, der vor ihm stand, das seelenlose Tier, für das er all die Jahre gekämpft und das er wie sein eigen Fleisch und Blut beschützt hatte. »Du hasst mich, und deshalb war es dir auch egal, ob eine unschuldige Frau wegen deiner Ränke gegen mich die Hölle auf Erden erleiden musste. Sie wäre wegen deiner verfluchten Befehle fast gestorben.«
»Das Gänschen war lediglich Mittel zum Zweck.« Dominic lachte. »Dir wollte ich die Hölle auf Erden bereiten, Bruder.« Verstohlen tastete er sich rückwärts durch den Raum. Seine kaum wahrnehmbaren Schritte brachten ihn der angelehnten Tür immer näher. »Du behauptest, ich hätte dir dein Leben gestohlen? Dass ich nicht lache. In Wahrheit bist du der Dieb – du und Alys, ihr beide! Ihr habt Euch gegen mich verschworen und mir die Zuneigung meines Vaters geraubt. Zweifellos hättest du mir auch Droghallow gestohlen, wäre mein alter Herr nicht an seinem schwachen Herzen gestorben, bevor du ihm die Burg abschmeicheln konntest.«
»Ich habe dir nie etwas stehlen wollen«, erwiderte Griffin und bewegte sich,
Weitere Kostenlose Bücher