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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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es ist mein Hauswein und sein Geld wert. Allein die Flasche! Welch ungewöhnliche Form! Kurz und bauchig, lief sie am Hals konisch zu und hatte in Bauchhöhe einen Griff aus Glas. Die Tatsache, dass ich nur eine einzige Flasche mitgebracht hatte, eingebettet in Holzwolle in einer kleinen Kiste aus Walnussholz, ließ den Wein noch kostbarer erscheinen. Die Etiketten der Vorder- und Rückseite hatte ich unter fließend warmem Wasser gelöst, auch vom Korken hatte ich die dunkelrote Metallkappe sorgsam entfernt. Der Wein sollte nicht den Eindruck von Massenware erwecken.
    Der Diener hatte die Flasche bereits entkorkt, eine weiße Serviette um ihren Hals geschlungen und schenkte auf Geheiß Leusters Kristallglas halbvoll, während der Wein im Glas der Gräfin gerade den Boden bedeckte. Das dunkle Rot leuchtete satt und leicht lilafarben.
    Leuster hob sein Glas, ließ es mit gekonntem Schwung kreisen, dass der Wein fast über den Goldrand schwappte. Die Gräfin verfuhr ebenso.
    »Was ist das für ein Wein, Erlinger?«, fragte er und betrachtete das Glas von allen Seiten, hielt es mal gegen das Kerzenlicht, mal gegen den Kristall-Lüster, der von der hohen Stuckdecke hing. Die Gräfin verfuhr ebenso.
    »Finden Sie es heraus!«, forderte ich ihn auf.
    Leuster hielt seine Nase über den Rand des Glases, ließ seine Nasenflügel flattern und inhalierte mit geschlossenen Augen und hochgezogenen Augenbrauen. Er spitzte die Lippen und benetzte sie ansatzweise mit der kostbaren Flüssigkeit. Endlich ließ er sich einen Schluck auf der Zunge zergehen. Die Gräfin verfuhr ebenso.
    Ich wartete auf das Urteil.
    Eine Welle des Entzückens glitt über das Gesicht meiner Gastgeber. Zungen fuhren synchron und genießerisch über Lippen, mit deutlichem Schnalzen wurde nachgeschmeckt. Man probierte ein weiteres Mal. Man nickte sich zu.
    Endlich räusperte sich Leuster: »Es ist kein Spätburgunder, kein Dornfelder, kein St. Laurent, mit anderen Worten, er ist nicht von hier, Erlinger, so viel steht fest.«
    »Richtig«, lobte ich den Kenner.
    »Er ist nicht mehr jung«, fuhr Leuster fort und zog alsdann das komplette Register der Weinsprache: »Er ist … sehr harmonisch … ruht in sich … körperreich. Eine aromatische Dichte … ein feiner Duft nach Holz … Wildkräuter klingen an … diskreter Charakter … tinten- bis purpurfarben … die Tanninstruktur wird diskret untermalt vom Geschmack der Himbeere … große Nachhaltigkeit … beeindruckende Komplexität … das Gefüge der Struktur … exzellente Länge … Syrah- und Grenache-Trauben von tonhaltigen Böden … gelagert in Zedernfässern …
    Ich war beeindruckt. So hatte ich meinen Hauswein noch nie gesehen.
    »Verehrtester«, begann die Gräfin und tupfte sich die Lippen ab. Ich war damit gemeint. »Es ist auf jeden Fall ein wunderbarer Wein.«
    »Der aber zwei entscheidende Nachteile hat«, meinte Leuster ungehalten und stellte das Glas ab. »Er stammt nicht von den wunderbaren Weingärten der Hessischen Bergstraße. Und wir haben ihn nicht in unserem Weinkeller«.
    Ich war erleichtert. Es hätte schlimmer kommen können.
    »Sicher sagt uns Erlinger gleich, wie er heißt«, forderte mein Chef mich auf.
    »Nennen wir ihn ... Château Soundso?«, schlug ich vor.
    »Château Soundso? Dass ich nicht lache. Woher haben Sie ihn?«
    Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Das war naiv, mögen Sie denken. Aber ich schließe immer von mir auf andere, ich an seiner Stelle hätte das nicht getan. Um Zeit zu gewinnen, bat ich meine Gastgeber das Ratespiel fortzusetzen.
    »Was glauben Sie denn, woher er kommt?«
    »Er ist ein Franzose!«, rief Leuster voller Überzeugung.
    Ich nickte wohlwollend, obwohl es sich um einen Italiener handelte.
    »Ein Bordeaux!«
    »Richtig«, lobte ich Leuster, der über einen Montepulciano sprach.
    »Aus dem Jahr 2005!«
    »Korrekt!« Dieses Mal lag er wirklich richtig.
    Wir prosteten uns zu.
    »Nun?« Leuster ließ nicht locker. »Wo haben Sie ihn denn nun her, Erlinger?«
    Ich wand mich.
    »Nun lass ihn doch, mein Lieber«, mischte sich die Gräfin ein, »du siehst doch, dass er sein Geheimnis hüten will.«
    Ich lächelte ihr dankbar zu. »Ich kann Ihnen gern eine weitere Flasche zukommen lassen«, bot ich an und zog verlegen an meinem Hemdkragen, der mir plötzlich viel zu eng vorkam.
    »Eine?«, brüllte Leuster mich an. »Hunderte, wenn ich bitten darf. Ich kann ohne diesen Wein nicht mehr leben.«
    »Hunderte wird schwierig sein«, gab ich zu

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