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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Monschau. Man studierte zusammen die Straßenkarte. Gregor überlegte nicht lange. Er war dabei. Sie tauschten ihre Handynummern aus und verabredeten: Bikertreff Schwingsborn, auf der B 258 kurz nach Höfen, kurz vor Monschau. Gregor fuhr als Letzter. Das tat er auch in seiner alten Truppe immer.
    Das Mittagessen im Schwingsborn war deftig, die Gespräche wurden es auch. Nicht ganz Gregors Kragenweite, jedenfalls nicht auf Dauer. Beim Kaffee kreiste wieder die Straßenkarte. Als Gregor hörte, wie die Jungs aus Ahrweiler nach einer schönen Strecke für die Heimfahrt suchten, sagte er, er wolle über die Venn- und Seenroute nach Eupen. Das Hohe Venn und der Hertogenwald reize ihn. Das hörte sich gut an und auch so, als kenne er sich in Belgien aus, aber er hatte die Namen gerade erst auf der Karte gelesen.
    Sie rieten ihm von der Route ab. Die Gegend sei nicht schlecht, Moorlandschaft so weit das Auge reiche, aber die Wegstrecke unerträglich, besonders für einen Biker. 20 Kilometer alte, holperige Betonplatten, aufgeworfene Teerverbindungen, wie eine Panzerstraße, noch dazu eine fast schnurgerade Ebene, keine Kurve und keine Kneipe mehr vor Eupen.
    »Umso besser! Ich liebe Abenteuer«, sagte Gregor, als er aufstand und einen Geldschein auf den Tisch warf. Er ließ sie kopfschüttelnd zurück, als er seine Lederjacke anzog und auf sein Motorrad stieg.
    »Steig unterwegs bloß nicht ab!«
    »Wen das Moor einmal hat, den gibt es nicht mehr her!«
    »Ruf an, wenn du heil angekommen bist!«
    »Ist dein Tank auch voll?«
    »Ja! Ja!« Gregor setzte lachend seinen Helm auf. Bevor er die Handschuhe überstreifte, blickte er auf die Uhr, schon 14 Uhr. Kein Problem, im Mai war es lange hell, zur Not konnte er in Eupen übernachten. Zuhause wartete niemand auf ihn. Er schob die Maschine an die Straße, drehte den Zündschlüssel und zog davon. Er hob den Arm. Ein letzter Gruß.
    Rechts im Tal lag die Stadt Monschau, und Gregor folgte dem gelben Hinweisschild über die Umgehungsstraße in Richtung Westen nach Mützenich. Kurz darauf verließ er die Bundesrepublik Deutschland und fuhr durch ein Niemandsland, ehe das Königreich Belgien begann. Ein Landstrich, der zu einer unspektakulären Grünen Grenze geworden war.
    Früher, dachte er wehmütig, da stand hier der Zoll bis an die Zähne bewaffnet, da wurde hier jeder streng kontrolliert, der aus Belgien kam. Belgien war ein Schmuggler-Eldorado. Belgien, das war das Kaffeeland für die Deutschen. Jeder wusste das. Heute lohnte sich das nicht mehr. Ein Abenteuer weniger, bedauerte Gregor.
    Nach fünf Kilometern wusste er, wie recht die Ahrweiler Leute hatten. Die Straße war nichts für Biker. Sie zwang ihn, die Geschwindigkeit zu drosseln. Sie bot nichts außer Dellen.
    Aber das Moor war etwas für Gregor. Trotz des prallen Sonnenscheins schien ein graubrauner Schleier über der völlig stillen, bewegungslosen, menschenleeren Landschaft zu liegen. Kein Lüftchen wehte, kein Vogel weit und breit, niemand kam ihm entgegen, niemand folgte ihm.
    Gregor hatte Zeit, nach rechts und links zu sehen. Holzstege verliefen teils schnurgerade, aber auch in unergründlichen Mustern, durch das hohe Moorgras. Birken und einzelne Fichten säumten ihren Weg, und andere ausladende Bäume, deren Namen Gregor nicht kannte. Ab und zu zweigte eine Fahrspur für forstwirtschaftliche Fahrzeuge ab.
    Es war schon ein bisschen gespenstisch, so allein hier zu fahren, da war er geradezu erleichtert, als er auf einem dieser Nebenwege endlich ein menschliches Wesen auf einem Baumstamm sitzen sah. Gregor zögerte nicht lange und bog kurzerhand ab.
    Es war eine Frau, und neben ihr lag ein Fahrrad. Gregor ließ seine Maschine ausrollen, ehe er vor ihr bremste. Er stellte die Füße auf den Boden, schaltete den Motor ab und zog den Helm vom Kopf.
    Sie sprang auf. Sie war noch jung, vielleicht Anfang zwanzig. Sie war ein bisschen blass und mager für seinen Geschmack. Ihre Wangen fast hohl. Ihre Kleidung war ungewöhnlich und elegant, nicht nur für eine Fahrradfahrerin. Sie trug eine kleine schwarze Samtkappe, deren schwarzer Schleier ihr Gesicht halb verdeckte. Ihre dunklen Haare waren hochgesteckt. Sie trug ein enges schwarzes Kostüm und schwarze Seidenstrümpfe. Ihre Füße steckten in schwarzen Pumps. An ihrem Arm hing eine kleine schwarze Handtasche. Alles nicht mehr neu, sondern leicht angestaubt. Die geflickten Netzhandschuhe erstaunten Gregor am meisten. Er wusste nicht genau, woran es lag, aber die

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