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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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plötzlich zweifeln, und sie fragte sich, ob ihr Vater nicht doch recht mit seiner Forderung gehabt hatte, daß Jacob nicht studieren und weiterhin schlicht im Herzen bleiben sollte.
    Jacob machte ihr die Autotür auf und stieg dann selbst ein. »Was glaubt Dad, wo du heute bist?«
    An dem Tag, an dem die amische Gemeinde ihn exkommuniziert hatte, war Jacob in den unversöhnlichen Augen seines Vaters gestorben. Aaron Fisher hätte es genauso wenig geduldet, daß Kate Jacob besuchte, wie er es gutgeheißen hätte, daß ihre Mutter Jacob Briefe schrieb, die Katie heimlich zur Post brachte. »Bei Tante Leda.«
    »Sehr clever. Er würde niemals lange genug mit ihr reden, um herauszufinden, daß das eine Lüge ist.« Jacob lächelte gequält. »Wir Geächteten müssen eben zusammenhalten.«
    Katie faltete die Hände im Schoß. »Ist es das wert?« fragte sie leise. »Ist das College alles, was du dir gewünscht hast?«
    Jacob betrachtete sie lange. »Es ist nicht alles, weil ihr nicht hier bei mir seid.«
    »Du könntest zurückkommen, das weißt du. Du könntest jederzeit zurückkommen und ein Bekenntnis ablegen.«
    »Ich könnte, aber das werde ich nicht.« Als Katie die Stirn runzelte, streckte Jacob den Arm aus und zupfte an den langen Bändern ihrer Kapp . »He. Ich bin noch immer derselbe freche Kerl, der dich in den Teich geschubst hat, als wir geangelt haben. Der dir einen Frosch ins Bett gelegt hat.«
    Katie lächelte. »Ich glaub, ich fänd’s doch nicht so schlimm, wenn du dich ein bißchen verändern würdest.«
    »So kenn ich meine Katie«, lachte Jacob. »Ich hab was für dich.« Er griff auf die Rückbank und holte ein Päckchen hervor, das in Wachspapier eingepackt und mit einer roten Schleife verziert war. »Versteh das bitte nicht falsch, aber ich möchte, daß es wie Urlaub für dich ist, wenn du herkommst. Eine Art Flucht. Damit du vielleicht nicht irgendwann mal diese Entscheidung treffen mußt, die ich getroffen habe.« Er sah zu, wie ihre Finger die Schleife lösten und das Päckchen öffneten. Darin waren eine Leggings, ein gelbes T-shirt und ein Pullover, der mit fröhlichen Blumen bestickt war.
    »Oh«, sagte Katie begeistert. Ihre Finger glitten über die Maschen am Kragen des Pullovers. »Aber ich –«
    »Du bist eine Weile hier. Wenn du in deinen Sachen herumläufst, macht das die Sache für dich nur noch schwerer. Wenn du das da anziehst – ich meine, es wird niemand erfahren, Katie. Ich dachte, vielleicht könntest du mal eine Weile so tun als ob, wenn du zu Besuch bist. So sein wie ich. Hier.« Er klappte vor Katie die Sonnenblende herunter, hinter der sich ein kleiner Spiegel verbarg, und hielt den Pullover hoch, damit Katie sich sehen konnte.
    Sie wurde rot. »Jacob, das sieht wunderschön aus.«
    Selbst Jacob war erstaunt, wie sehr dieses eine furchtsame Zugeständnis seine Schwester veränderte. Sie sah plötzlich wie die Menschen aus, von denen er sich seine gesamte Kindheit und Jugend hindurch hatte fernhalten müssen. »Ja«, sagte er. »Du bist wunderschön.«
    Auf dem Weg zum Krankenhaus rief Lizzie von ihrem Wagen aus im Büro der Bezirksstaatsanwaltschaft an. »George Callahan«, meldete sich eine schroffe Stimme am anderen Ende.
    »Nicht zu fassen. Der Oberboß persönlich. Wo steckt denn deine Sekretärin?«
    George lachte, als er ihre Stimme erkannte. »Keine Ahnung, Lizzie. Wahrscheinlich getürmt. Interesse an ihrem Job?«
    »Geht nicht. Ich muß Leute verhaften, damit der Staatsanwalt gegen sie Anklage erheben kann.«
    »Ach ja, dafür bin ich dir wirklich dankbar. Was wäre ich ohne meine Nachschublieferantin, die mir den Job sichert?«
    »Also, dein Job ist dir sicher: Wir haben hier in einem Stall der Amischen ein totes Baby gefunden, und alles ist reichlich ungereimt. Ich bin auf dem Weg zum Krankenhaus, um mit einer möglichen Verdächtigen zu sprechen – aber ich wollte nur Bescheid geben, daß dir demnächst vielleicht eine Anklageeröffnung ins Haus steht.«
    »Wie alt, und wo wurde es gefunden?« fragte George, jetzt ganz sachlich.
    »Ein paar Stunden alt. Es lag unter einem Stapel Decken«, sagte Lizzie. »Und alle, die wir am Fundort befragt haben, sagen, daß niemand, den sie kennen, kürzlich ein Kind zur Welt gebracht hat.«
    »War das Baby eine Totgeburt?«
    »Der Gerichtsmediziner meint nein.«
    »Dann vermute ich, die Mutter hat das Kind einfach liegengelassen«, folgerte George. »Du hast eine Spur?«
    Lizzie stockte. »Das klingt jetzt vielleicht

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