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Die Eishölle

Die Eishölle

Titel: Die Eishölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basil Copper
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wir für Schnee noch nicht hoch genug. Scarsdale blieb weiterhin geheimnisvoll und unergründlich. Obwohl sich seine Karten, Logbücher und Tabellen voller seltsamer Hieroglyphen über Nacht vervielfachten, gab er keine genaueren Hinweise auf das, was uns bald erwarten würde.
    Nach einigen Tagen unserer Reise zum Plateau schnitt ich das Thema eines Abends an. Er schüttelte mit einem rätselhaften Lächeln den Kopf.
    »Wir sind noch nicht nahe genug dran«, war alles was er sagte.
    »Dafür ist Zeit genug, wenn wir in den Stollen sind.«
    Er hatte eine Übersetzung des blasphemischen Buches Die Ethik von Ygor dabei, die auf gewöhnliches Kanzleipapier getippt war, und verlor sich an den meisten Abenden in stundenlanger Lektüre; der Rauch seiner Pfeife ringelte sich in der stehenden Luft des Traktors empor. Während unserer Zeit in der Wüste waren wir bei jedem Halt in den Fahrzeugen geblieben. Dafür hatten wir natürlich gute Gründe gehabt. Die Traktoren hatten eine Klimaanlage und der Sand und Splitt, der ständig umherwehte, machte das Essen und jegliche Unterhaltung zur Qual.
    Hier aber herrschte die gegenteilige Regel. Obwohl die Luft kalt und der Wind frostig war, versammelten wir uns, wann immer Scarsdale über Funkverbindung eine Pause anordnete, bildeten mit den drei Wagen ein ungefähres Lager unter freiem Himmel, zündeten Feuer an und kochten unsere Mahlzeiten, ohne dass dies jemals großer Worte bedurft hätte. In unsere Schafsfellmäntel gehüllt horteten wir unsere wertvollen Holzvorräte und tranken unsere nächtliche Teeration. Von den Bergen hallte das Echo unserer angeregten Unterhaltung wider.
    Besonders Van Damm hielt mit seiner Einstellung nicht hinterm Berg. Ich konnte sie bestens an seinem Gesicht ablesen, obwohl er seine Gefühle niemals in Worte fasste. ›Wir pfeifen im Walde‹, sagten mir seine straffen Züge allnächtlich, wenn er sorgenvoll auf das schwarze Gestein blickte, dessen unregelmäßige Oberfläche von den flackernden Flammen unseres notgedrungen schwachen Feuers beleuchtet wurde.
    Wir alle spürten das jetzt. Die Berge umzingelten uns, und im Inneren der Traktoren verstärkte sich dieses Gefühl noch.
    Wenn wir schliefen, spielte das keine Rolle, aber bis dahin zogen wir es vor, miteinander zu plaudern, dem Wind die Stirn zu bieten und im Freien herumzusitzen. Während wir den süßen heißen Tee in durstigen Schlucken hinunterstürzten, behielten wir ständig unsere direkte Umgebung im Auge, soweit wir sie sehen konnten. Aber ich stellte fest, dass keiner von uns das Dreieck der Traktoren verließ, in dem das Feuer den heiteren Brennpunkt bildete. So weit uns bekannt war, gab es in den Bergen keine gefährlichen Tiere und keine Spalten, in die man fallen konnte, aber dennoch spazierten wir nicht umher.
    Tagsüber war das eine andere Sache, aber selbst dann wagten meine Kollegen nicht, sich mehr als hundert Meter von unserem Lager zu entfernen. Scarsdale war die einzige Ausnahme, der, wie ich wusste, keine Furcht kannte.
    Manchmal verschwand er nachts eine halbe Stunde lang auf eine seiner geheimnisvollen einsamen Expeditionen. Beim ersten Mal, als dies geschah, verzehrte ich mich in Sorge und stand kurz davor, meine Begleiter zu alarmieren, als er aus der Finsternis auftauchte. Der runde Schein seiner Pfeife beleuchtete seine bärtigen Züge, er hielt sein Notizbuch in der Hand und sah mich begeistert an, aber ich hatte mittlerweile meine Lektion gelernt und wagte es nicht, ihn auszufragen.
    Noch einmal machte ich mir bewusst, dass er diesen Weg schon alleine bestritten hatte, ohne die Annehmlichkeiten, die wir fünf gegenwärtig genossen, und einmal mehr bewunderte ich die Beharrlichkeit und das Durchhaltevermögen dieses Mannes. Er verfügte sowohl über moralische Integrität als auch über große Ausdauer, und es gab Momente im Verlauf der langen Wochen, in denen ich kurz davor stand, unseren Anführer zu verherrlichen. Die Große Nordexpedition war sicher der Höhepunkt meiner Fahrten in einem Leben, das durchaus nicht nur gewöhnlichen Dingen gewidmet war, und obwohl sich der Professor weiterhin hinter Andeutungen verbarg, spürte ich, dass ich ihm folgen würde, egal wohin er uns führte.
    Die Durchquerung der Schlucht dauerte vier Tage. Geröll und zerschmetterte Felsbrocken, die wirkten wie große, vom Mond herabgefallene Gesteinssplitter, behinderten gegen Ende unser Fortkommen. Aber die Traktoren hielten sich außerordentlich gut. Unterschwellig hegte

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