Die Eiskrieger
Königstochter? Eine Romanze, die so glücklich begann…«
»Pah!« machte Lamir. »Du hast mich in diese Sache hineingeritten, nun sieh zu, wie du mich da wieder herausholst!«
Buruna ließ sich auf das Lager zurücksinken. Aus ihrem Antlitz sprach der Schelm. Selten hatte sie den Barden derart aufgeregt gesehen. »Der Liebeszauber sollte längst abgeklungen sein«, stellte sie fest.
»Das ist es ja«, trumpfte Lamir auf. »Ich kann Viliala nicht mehr ausstehen, aber sie stellt mir nach. Wo immer ich hingehe, sie ist schon vor mir dort; was ich auch tue, sie zwängt sich neben mich und beißt mich ins Ohr.«
»Tragisch!« Buruna nickte und musste die Arme auf ihren Leib pressen, um nicht lauthals herauszuplatzen. Genau das hatte sie nämlich vorausgesehen, und seit mindestens zehn Tagen fiel ihr auf, dass die Königstochter mit aller weiblichen Raffinesse dem Barden nachstellte.
»Fürwahr«, sagte er. »Mir deucht, Viliala hat sich in mich verliebt.«
»… und sie beißt. Noch dazu ins Ohr. Bald wirst du deinen Gesang nicht mehr hören können.«
Lamir stutzte, winkte jedoch gleich darauf ab. Es war ihm bitterernst. »Gewähre mir Obdach!« verlangte er. »Zumindest das bist du mir schuldig.«
»Du willst also mit mir in dieser engen Kammer bleiben, womöglich gar das Bett teilen?«
»Hm«, machte der Barde. »Das wird wohl nicht gehen.«
»Mitnichten«, pflichtete Buruna bei. »Wie würdest du singen:
Im Rausch der Sinne war ich gefangen,
drum mitgegangen, mitgehangen.«
Lamir ließ sich neben ihr auf das Lager sinken. Er sah aus, als wolle er jeden Moment in Tränen ausbrechen.
Die Liebessklavin schwieg ebenfalls. Sie ahnte, dass schon ein Wort mehr zu viel gewesen wäre.
Nach einer Weile erklang von draußen lautes Rufen. Es waren mehrere Stimmen, die sich gegenseitig zu übertreffen suchten.
Der Barde zuckte zusammen. »Das ist sie«, stammelte er. »Sie wird mich finden und mit Liebkosungen überhäufen!«
Schritte kamen näher. Lamir stimmte eine Ballade an, deren trauriger Inhalt bereits nach den ersten Sätzen offenbar wurde.
»Still!« mahnte Buruna. Aber er achtete nicht auf sie.
»Nun ist alles aus,
oh Jammer, oh Graus…«
Die Frau huschte zur Tür, presste ein Ohr gegen das Holz. »Hörst du, was sie rufen? Es ist ein Name.«
»Meiner sicherlich.«
»Nein.« Buruna zögerte. »Lerreigen – König Lerreigen ist zurückgekehrt.« Vor Erregung stammelte sie. »Das… das kann bedeuten, dass auch Mythor wieder in Leone weilt. Das muss ganz einfach so sein, er… Mythor!«
»Bleib!« schrie Lamir, doch sie hörte nicht auf ihn, riss den Riegel zurück und verließ die Kammer, bevor der Barde bei ihr war und sie daran hindern konnte.
Im selben Augenblick bemerkte er das Mädchen, das soeben im Begriff gewesen war, anzuklopfen. Ihre Augen weiteten sich in jähem Erstaunen, als sie gleichfalls seiner ansichtig wurde. »Lamir, Liebster«, hauchte sie. Aber dann schoss ihr die Zornesröte ins Gesicht, als sie der noch immer nur dürftig bekleideten Buruna hinterherblickte. »Du Schuft«, kreischte sie. »Du hinterhältiger Schwindler. Meine Liebe, meine Zärtlichkeit fliehst du, und bei ihr, diesem Weib, dieser Dirne… Ich werde dir zeigen, dass auch ich feurig zu küssen verstehe.«
Es war für Lamir zu spät, die Tür zuzuschlagen. Mit wehenden Haaren eilte Viliala auf ihn zu. Da half es ihm auch nicht, dass er ein altes Kampflied anstimmte. Das Mädchen ließ sich selbst dadurch nicht abschrecken. Ihre heißen Lippen erstickten seinen Gesang.
*
Der Totgeglaubte war zurückgekehrt.
Er, von dem es hieß, er sei im Hochmoor von Dhuannin den Spiegeltod gestorben, ritt in Leone ein, als kehre er lediglich von einem Jagdausflug zurück. Der Rote Löwe hatte es verstanden, den Dämonenpriestern zu trotzen.
Das Tier, das ihn über die Stadtgrenze trug, war kein anderes als Mythors Einhorn Pandor. Und Bitterwolf und Schneefalke begleiteten ihn. Selbst das äußere Zeichen von Lerreigens Würde, der Königssattel, fehlte nicht.
Buruna erstarrte. Ein großer, muskelbepackter Mann ritt durch die Menge, dessen Haupt eine wahre Löwenmähne zierte und dessen Gesicht fast zur Gänze hinter einem dichten roten Vollbart verschwand. Sie glaubte, das Herz müsse ihr stehenbleiben, als sie Mythors Tiere diesem ihr völlig Fremden willig folgen sah.
»Hark!« rief sie. »Komm her!«
Der Bitterwolf verharrte, zog die Lefzen hoch und ließ ein drohendes Knurren vernehmen. Aber
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