Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Finger.
Behutsam berührte die Elfe sie mit einem der Karfunkelsteine und sprach leise ein Wort der Macht. Birga konnte es nicht verstehen, sosehr sie sich auch anstrengte. Dieses eine Wort zu beherrschen und einen Karfunkelstein zu besitzen, vermochte sie für immer von ihrem Leiden zu befreien.
Tatsächlich sah es so aus, als trinke der Stein die Tränen aus Fleisch. Zarte, hellgraue Haut blieb zurück, wo Alathaia sie berührt hatte. Es war ein Wunder! Birga standen Tränen in den Augen. Ihr Makel konnte getilgt werden. Sie kannte die Elfe nicht mal einen ganzen Tag, und schon heilte sie sie.
»Zieh dich aus«, sagte Alathaia freundlich. »Ich werde diese Warzen von dir nehmen. Aber sie werden wiederkommen. Ich kann dir nicht sagen, wie schnell es geschehen wird. Vielleicht dauert es nur ein paar Tage. Vielleicht auch viel länger. Aber es wird geschehen.«
»Jede Stunde ohne die Plage ist ein Geschenk«, entgegnete Birga entschieden. Dann entkleidete sie sich.
Während Alathaia sie mit dem Karfunkelstein behandelte, sprachen sie kaum. Birga genoss das Gefühl, wie der Stein über ihre Haut strich. Allein seine Berührung löste wohlige Schauer aus.
Nachdem sie geheilt war, betrachtete sie sich lange im Spiegel vor dem Bett der Elfenkönigin. Seit ihrer Kindheit, als der Makel überraschend ausbrach, war ihre Haut nicht mehr so rein gewesen. Nie zuvor hatte sie ihren Körper so deutlich gesehen. In Trollhöhlen gab es keine Spiegel! Und kein See, und sei sein Wasser auch noch so glatt und ungetrübt, vermochte ihr Spiegelbild so klar und deutlich zu zeigen wie das sorgsam geschliffene Kristallglas. Dass er angeblich ihr Spiegelbild bewahren würde, störte sie nicht. So bliebe ihre Schönheit erhalten, und sei es nur in einem Bild, das ein Zauberspiegel eingefangen hatte.
Alathaia sah ihr schweigend zu. Sie bedrängte sie weder durch Worte noch durch Blicke. Dafür war Birga ihr unendlich dankbar. Schließlich legte die Schamanin wieder ihre groben Gewänder an. Sie wickelte die Stoffstreifen um ihre Hände, setzte die Maske auf ihr Gesicht. Diesmal verbarg sie ihre Makellosigkeit, denn sie hatte beschlossen, Skanga nichts von ihrem Geheimnis zu verraten. »Ich habe eine Bitte an dich«, sagte Alathaia, als sie sich wieder ganz angezogen hatte. Birga war enttäuscht. Sie hatte gehofft, die Heilung sei ein Geschenk. Eine Gabe, die keine Gegenleistung erforderte. »Ja?«
»Bitte verwahre die Karfunkelsteine für mich. Skanga wird fordern, dass sie hierbleiben, bis ich ihr bringe, was ich ihr versprochen habe. Es wäre mir lieber, sie in deiner Obhut zu wissen.«
Die Schamanin war überrascht. Das war keine Forderung, sondern ein Vertrauensbeweis! »Diese Bitte werde ich dir gern erfüllen.« Sie sprach absichtlich ein wenig gestelzt, so wie die Elfen es gerne taten. Sie wollte der Fürstin damit ihre Verbundenheit zeigen.
Alathaia überreichte ihr die kostbaren Steine, und Birga ließ sie in einer Tasche ihres knöchellangen Gewandes verschwinden.
Dann begannen sie den langen Abstieg. Und als sie den Thronsaal erreichten, kam alles genau so, wie Alathaia es erwartet hatte. Skanga hatte eine Wache von fünfzig Trollen aufgeboten. Die Elfenfürstin machte ein paar spitze Bemerkungen. Dann behauptete sie, Birga habe die Steine bereits an sich genommen, da sie offensichtlich um diesen Betrug gewusst habe.
Skanga sah sie überrascht an. Und dann lächelte die alte Schamanin. Es war seit Jahren nicht mehr vorgekommen, dass ihre Herrin ihr so deutlich ihre Zufriedenheit zeigte. Alathaia öffnete erneut ein Tor in das Goldene Netz. Als sie verschwunden war, blieb Birga das vage Gefühl, dass dieser Tag zu gut gewesen war. Doch sie verdrängte diesen Schatten schnell wieder. Die Nacht würde noch besser werden! Sie würde ihre Maske und ihr schäbiges Kleid ablegen und sich einen stattlichen Krieger suchen!
TROLLJAGD
Lambi stützte sich schwer auf einen hölzernen Stab. Er ging nicht an der Spitze des Zuges. Nicht mehr. Seine Kraft reichte nicht, sich einen Weg durch den Schnee zu bahnen. Er folgte in der ausgetretenen Furche weit hinten in der Kolonne. Es war ihm zuwider, sich eingestehen zu müssen, dass er alt geworden war. Sein Sohn hätte hier an seiner Stelle gehen sollen. Doch der war bei den Kämpfen um die Nachtzinne gefallen. Nun galt es, Kadlin zu retten, falls sie noch zu retten war.
Einhundertdreiundsechzig Freiwillige hatte er um sich geschart. Eigentlich hatte er nicht so viele Männer mitnehmen
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