Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
wollen. Aber sie hatten sich nicht zurückweisen lassen. Er war überrascht gewesen, wie beliebt seine dickköpfige, junge Königin war. Sie alle hatten sich freiwillig gemeldet. Und die meisten von ihnen wussten genau, was es bedeutete, ins Land der Trolle vorzustoßen. Einige Dutzend Veteranen des letzten Feldzugs ihres Königs Alfadas waren unter den Freiwilligen.
Lambi stützte sich schwer auf den Stab. Heftig atmend sammelte er seine Kräfte. Er war dumm wie Kentaurenschiss. In seinem Alter hatte er hier nichts mehr verloren. Schon gar nicht mit Kettenhemd, Schild und seinem ebenso hübschen wie schweren Helm. Ein Helm, dessen bronzene Augenringe mit dem davon herabhängenden Kettengeflecht nicht nur sein ganzes Gesicht schützten, sondern auch seine verstümmelte Nase versteckten.
Zischend fuhr sein Atem durch die Kettenringe. Jetzt zogen auch noch die letzten der Truppe grinsend an ihm vorbei. »Wartet, bis ihr in meinem Alter seid, Dreckspack! Ich wette, die Hälfte von euch hat dann nicht mal mehr die Kraft, mit eigener Hand den Löffel mit Hirsebrei zum Maul zu führen. Und ich wünsche euch Schwiegertöchter, die euch, wenn sie euch hastig füttern, unablässig verfluchen. Was ihr euch, verdammt nochmal, auch allesamt verdient habt!«
Lambi setzte sich schnaufend in Bewegung. Er würde nicht mehr lange durchhalten und war doch zu stolz, um die anderen zu bitten, für ihn eine Pause einzulegen. Er nahm seinen Helm ab und band ihn sich mit dem Kinnriemen an den Gürtel. Sein Atem hatte sich als Eis auf den Kettenringen niedergeschlagen. Dennoch konnte man die ersten Vorboten des Frühlings in der Luft spüren. Noch zwei oder drei Wochen, und der Winter wäre vorüber. Ein schlimmer Winter, der die Königsfamilie fast ausgelöscht hatte. Erst Alfadas, dann Ulric und dessen Weib Halgard und jetzt Kadlin. Er hätte sie in ihrer verdammten Hütte einsperren sollen. Aber sie war die Königin. Wie hätte er ihr befehlen können? Man sollte sich dieses dumme Gör übers Knie legen und ihm eine verdammte Tracht Prügel versetzen. Weiber taugten nicht für den Thron. Er blickte auf zu seinen Gefährten, die nun schon ein ganzes Stück vor ihm gingen. Ihr Weg führte sie eine steile Hügelflanke hinauf. Bis oben würde er es schaffen, dann musste er seinen Stolz aufgeben und um eine Rast bitten. So viele Freiwillige für einen Todesmarsch … Sein Volk war eine Ansammlung von Irren, da konnte es wohl keinen Zweifel geben. Und wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass Kadlin doch keine schlechte Königin war. Jeder einzelne der Männer war allein um ihretwillen hier. Sie war beliebt! Er lächelte. Und sicher hoffte manch einer, ihr aufzufallen und womöglich ihr Gemahl zu werden. Ein hübsches Weib und ein Thron waren es schon wert, ein paar Unannehmlichkeiten und Gefahren auf sich zu nehmen. Wäre er ein paar Jahre jünger und hätte seine Nase noch, dann würde er genauso denken! Plötzlich war Lärm über ihm. Aufgeregte Rufe beflügelten seine Schritte. Als er den Kamm erreichte, sah er in der Senke einen Troll durch den tiefen Schnee flüchten.
Vielleicht ein Jäger, den sie aufgeschreckt hatten. Vielleicht auch ein Späher, der die Grenze zum Königreich der Menschen beobachten sollte. Ganz gleich, wer er war, wenn er entkam, dann war es um sie geschehen. Sie waren anderthalb Tagesmärsche tief ins Land der Trolle vorgedrungen. Sie könnten die Grenze nicht mehr erreichen, bevor sie der Ärger in Form von Heerscharen von Trollen einholen würde.
»Worauf wartet ihr? Schießt ihn nieder! Er darf nicht entkommen. Zielt auf die Kniekehlen oder den Nacken. Ein Pfeil in den Rücken wird ihn bei seiner Flucht nicht aufhalten. Sie dringen nicht tief genug ein, um ihn schwer zu verletzen.«
Sie hatten nur wenige Bogenschützen. Jeder wusste, wie wenig Pfeile gegen Trolle auszurichten vermochten. Besonders wenn sie bei einem Kriegszug mit ihren türgroßen Schilden anrückten.
Schon flogen erste Pfeile. Sie waren schlecht gezielt. Nur ein einziger traf. Er schlug in die linke Schulter des Trolls. Der Aufschlag ließ den Krieger kurz straucheln. Doch dann lief er weiter.
Lambi blickte zu Ansgar. So wie er war der alte Jäger ein Überlebender des Feldzugs, den Alfadas in die Snaiwamark unternommen hatte. Er kannte sie. Ihm musste man nicht sagen, wohin er zielen sollte. Die Jahre hatten den Bart des Jägers ergrauen lassen. An seiner rechten Hand fehlten zwei Finger, die er im Kampf gegen einen
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