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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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herrschte ein ziemliches Durcheinander, ordentlich waren nur die fertigen Kopfbedeckungen.
    Doch weil in Amerika fast alles anders war, unterschied sich auch dieser Laden in vielem von dem Geschäft der Putzmacherin in Honors Heimat, wo immer alles sehr sorgfältig und akkurat arrangiert gewesen war. Die Ordnung hier hingegen wirkte eher zufällig und beliebig. Manche Regale waren mit Hüten vollgestopft, andere wiederum standen völlig leer. Der Raum war zwar hell, doch über die Fensterscheiben zog sich eine dicke Staubschicht. Obwohl der Fußboden sauber gefegt zu sein schien, vermutete Honor in den Zimmerecken Wollmäuse. Der Laden vermittelte den Eindruck, als sei er gerade erst eröffnet worden, während bei der Putzmacherin in Bridport schon Honors Urgroßmutter ihre Bänder gekauft hatte.
    Auch die Hüte und Hauben wirkten ungewöhnlich. Da Honor selbst nur schlichte Hauben ohne jeden Schmuck trug, staunte sie über einige der Kopfbedeckungen, die in diesem Laden verkauft wurden. An einem flachen Strohhut prangte ein großer Rosenstrauß aus kariertem Stoff. Vom schmalen Rand eines anderen Huts ergoss sich eine Kaskade bunter Bänder, die mit einer Spitzenborte zusammengehalten wurden. Eine einfache Haube mit hohem Kopf, die Honors eigener sehr ähnlich sah, war nicht wie üblich am Krempenrand mit weißen Rüschen eingefasst, sondern mit weißen Federn. Honor hätte keines der im Laden ausgestellten Modelle tragen können, da die Quäker sich sowohl in ihrer Kleidung als auch im Verhalten an das Gebot der Schlichtheit hielten. Sie war sich noch nicht einmal sicher, ob sie so eine Haube aufgesetzt hätte, wenn es ihr erlaubt wäre.
    Trotzdem schienen die Hüte begehrt zu sein, denn im Laden hielten sich mehrere Frauen und Mädchen auf. Sie standen um die Tische herum, probierten Rüschenschuten und Sonnenhauben auf und wühlten lachend und plaudernd durch Körbe voller Bänder und Stoffblumen.
    Nach einer Weile machte Honor zwischen den Kundinnen eine Frau hinter einer Verkaufstheke aus, es war die Ladeninhaberin, die sie am Vorabend kennengelernt hatte. Sie hatte den Raum fest im Blick, und als sie Honor bemerkte, nickte sie ihr kurz zu. Für eine Putzmacherin trug sie eine überraschend einfache weiße Haube, unter der ihr blonde Ponyfransen in die Stirn fielen. Sie war hager, hochgewachsen und blickte skeptisch im Laden umher. Das Weiße in ihren leicht vorgewölbten, haselnussbraunen Augen hatte einen gelben Stich. Das hellbraune Kleid hing ihr wie ein Sack von den Schultern und ließ im Ausschnitt die Kante des Schlüsselbeins erkennen. Die Frau erinnerte Honor an die Vogelscheuchen in den Gärten Dorsets, und der Kontrast zwischen der kantigen Schlichtheit der Ladeninhaberin und ihrer Putzware entlockte ihr ein Lächeln.
    Â»Was gibt’s zu lachen, Honor Bright?«
    Honor fuhr zusammen. Donovan, ihr Verfolger vom Vortag, polterte mit schweren Schritten in den Laden. Die Kundinnen verstummten und wichen erschrocken zurück.
    Honor rührte sich nicht von der Stelle. »Ich wünsche einen guten Tag, Mr Donovan«, grüßte sie ihn schlicht, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen.
    Donovans Blick ruhte auf ihr. »Ich kam gerade vorbei und hab dich hier drinnen gesehen. ›Warum, zum Teufel, setzt der alte Thomas ein Quäkermädchen bei Belle Mills ab?‹, hab ich mich da gefragt. ›Die dürfen doch gar keine Hüte tragen?‹«
    Â»Donovan, sei nicht so grob zu unserem Gast, sonst reist sie gleich wieder zurück nach England und erzählt den Leuten dort, dass die Männer in Amerika keine Manieren haben.« Belle Mills kam hinter der Theke hervor und richtete ihre Aufmerksamkeit ganz auf Honor. »Sie sind Engländerin, nicht wahr, Miss Bright? Ich habe es an der Ausschnittnaht Ihres Kleides erkannt. Sehr gute Arbeit, einfach und effektvoll. Auf so etwas kommen nur Engländerinnen. Ich habe noch nie so feine Details gesehen, schon gar nicht am Kleid einer Quäkerin. Wirklich bemerkenswert. Haben Sie das selbst entworfen oder es kopiert?«
    Â»Es war meine Idee.« Honor blickte auf die weiße Borte hinab, mit der sie den Ausschnitt ihres dunkelgrünen Kleides umsäumt hatte. Sie war nicht mehr so blütenweiß wie bei ihrer Abreise aus England, aber in Amerika war ohnehin nichts so sauber wie zu Hause.
    Â»Hey, haben Sie englische Zeitschriften

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